„Notrettung“: UBS übernimmt Credit Suisse
Die schweizerische Großbank Credit Suisse, einer der großen Finanzkonzerne weltweit, ist bald Geschichte. Weil der Entzug von Vertrauen und der Abzug von Geldern in der vergangenen Woche selbst durch unterstützende Maßnahmen der Schweizerischen Nationalbank nicht gestoppt werden konnte, wurde am Wochenende in Krisengesprächen mit Vertretern der beiden Großbanken, der Regierung, der Notenbank und der Bankenaufsicht eine Notübernahme vereinbart.
Die UBS erwirbt in einer Rettungsaktion die schwer angeschlagene Rivalin Credit Suisse für drei Mrd. Franken. Zusätzlich steht sie für Verluste von bis zu 5 Mrd. Franken gerade. Die Schweizerische Nationalbank unterstützt den Deal mit Liquiditätshilfen und gewährt den Banken ein Darlehen von insgesamt bis zu 100 Mrd. Franken. Die Schweizer Regierung sicherte der UBS zudem eine Garantie von 9 Mrd. Franken zu.
„Die Übernahme durch die UBS ist die beste Lösung, um das Vertrauen in die Credit Suisse wiederherzustellen“, sagte der Schweizer Bundespräsident Alain Berset am Sonntag auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Bern. SNB-Chef Thomas Jordan betonte, ein Handeln sei zwingend gewesen. „Ein Konkurs der Credit Suisse hätte schwerwiegende Folgen für die Schweizer und internationale Finanzstabilität gehabt.“
Die Schweizer Finanzaufsicht Finma stimmte der Übernahme zu. „Es bestand die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit der Bank, selbst wenn diese weiterhin solvent war“, begründete die Behörde die Maßnahmen. Durch die Liquiditätshilfe der SNB und die Ausfallgarantie des Bundes werde ausreichende Liquidität für die Umsetzung der Übernahme zur Verfügung gestellt, erläuterte Behördenpräsidentin Marlene Amstad. Beide Banken könnten nun ihre Geschäfte weiterführen. Bankschalter, Geldautomaten, Online-Banking, Debit- und Kreditkarten – alle Dienstleistungen blieben in gewohnter Weise zugänglich.
Die Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter sagte, es sei zu bedauern, dass die Credit Suisse nicht in der Lage gewesen sei, ihre Schwierigkeiten aus eigener Kraft zu meistern. Ein Ausfall der Bank hätte aber gravierende Auswirkungen für die Schweiz und auch international gehabt. „Die Kosten eines Konkurses wären enorm gewesen.“ Eine Staatsbeteiligung hätte hohe Risiken mit sich gebracht. „Das war die einzige mögliche Lösung“, sagte sie zu der UBS-Übernahme.
Sie sei täglich im Austausch mit Finanzministern anderer Länder gewesen, besonders denen von Großbritannien und den USA. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, begrüßte „das rasche Handeln und die Entscheidungen der Schweizer Behörden.“ Auch das geldpolitische Instrumentarium der EZB sei voll ausgestattet, um das Finanzsystem des Euroraums bei Bedarf mit Liquidität zu versorgen. Dieses sei aber widerstandsfähig und gut mit Kapital und Liquidität ausgestattet. Ähnlich äußerten sich die US-Notenbank Fed und die Bank of England.
Den Kaufpreis bezahlt die UBS in eigenen Aktien, er entspricht 0,76 Franken je Credit-Suisse-Anteilsschein. „Diese Akquisition ist attraktiv für UBS-Aktionäre, aber klar ist – was die Credit Suisse betrifft, ist dies eine Notrettung“, erklärte UBS-Verwaltungsratschef Colm Kelleher. „Es ist ein historischer Tag und ein Tag, von dem wir gehofft hatten, dass er nicht kommen würde.“ Er wird Präsident der fusionierten Bank, UBS-Chef Ralph Hamers deren CEO. Durch die Fusion entsteht ein Branchenriese mit einem verwalteten Vermögen von 3,4 Bill. Dollar und rund 120.000 Beschäftigten. Einem Insider zufolge könnten davon aber mindestens 10.000 Stellen abgebaut werden. Die UBS rechnet mit jährlichen Einsparungen von mehr als 8 Mrd. Dollar bis 2027. Die Höhe der Stellenstreichungen könne noch nicht beziffert werden, sagte Kelleher. Das Schweizer Geschäft der Credit Suisse will die UBS trotz des hohen gemeinsamen Marktanteils behalten. Die Credit-Suisse-Investmentbank mit weltweit tausenden Mitarbeitern soll dagegen abgewickelt werden. Angesichts der Kosten der Übernahme will die UBS ihren Aktienrückkauf aussetzen.
Die Investoren in bestimmte eigenkapitalähnliche Anleihen (AT-1) verlieren ihren Einsatz. Die Papiere im Nominalwert von 16 Mrd. Franken werden auf Null abgeschrieben. Die AT-1-Anleihen waren nach der Finanzkrise 2007/08 erfunden worden, um in einer Krise als Puffer zu dienen und zu verhindern, dass Banken schnell in die Knie gehen.