Aus für Verbrennungsmotor

Automobil­industrie reagiert gelassen

Das sich abzeichnende Ende für den Verbrennungsmotor in der EU überrascht die Branche nicht. Zum Teil gibt es sogar Zustimmung zum Beschluss des Europäischen Parlaments.

Automobil­industrie reagiert gelassen

jh München

Die deutschen Autohersteller reagieren gelassen auf den Beschluss des EU-Parlaments. Von 2035 an sollen Pkw mit Verbrennungsmotor in der Europäischen Union nicht mehr verkauft werden dürfen (vgl. BZ vom 9. Juni). Die Gründe für die Reaktion: Zum einen hat die Transformation zu alternativen Antrieben an Tempo gewonnen (siehe Grafik), zum anderen folgte das Parlament einem schon fast ein Jahr alten Vorschlag der Europäischen Kommission als Teil des Programms „Fit for 55“. Die Branche stellt sich schon länger auf ein Verbot ein. Allerdings mahnen Unternehmen und Verbände an die Politik gerichtet abermals einen schnelleren Ausbau der Ladeinfrastruktur an.

Die Seite der Zulieferer schätzt die Aussichten pessimistischer ein. „Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Ziele gefährden eine halbe Million Arbeitsplätze der Automobilzulieferer auf dem Gebiet des Antriebsstrangs bis 2040“, warnt Sigrid de Vries, die Generalsekretärin von Clepa, des europäischen Verbands der Automobilzulieferer. Ein Verbot des Verbrennungsmotors mache Innovationen in einer Technologie zunichte, „die klimaneutral sein kann und für einen machbaren und effizienten Übergang gebraucht wird“. Auch Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), setzt sich für synthetische Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren ein: „E-Fuels reduzieren die CO2-Emissionen der Be­standsflotten, also von den weltweit rund 1,5 Milliarden Fahrzeugen, die auf den Straßen sind.“

Der europäische Herstellerverband Acea hält das Verbot des Verbrennungsmotors, das sich von 2035 an abzeichnet, für verfrüht. Präsident Oliver Zipse, der Vorstandsvorsitzende von BMW, begründet dies mit „der Volatilität und Unsicherheit, die wir weltweit Tag für Tag erleben“. Eine langfristige Regulierung über dieses Jahrzehnt hinaus ist nach seiner Ansicht nicht sinnvoll. „Stattdessen ist eine transparente Überprüfung auf halbem Weg erforderlich, um Ziele für die Zeit nach 2030 zu definieren.“

Ambitioniertere Ziele

Zustimmung zum Beschluss des EU-Parlaments kam am Donnerstag von Mercedes-Benz: „Im Prinzip begrüßen wir die Entscheidung.“ Entscheidend, um den Klimawandel aufzuhalten, sei im Verkehr aber „die Akzeptanz der neuen und nicht das Verbot traditioneller Technologien“.

Mercedes-Benz steckt sich seit dem vergangenen Sommer ambitioniertere Ziele für den Wechsel zur Elektromobilität. Vom Jahr 2030 an sollen in allen Märkten mit geeigneten Bedingungen nur noch vollelek­trische neue Fahrzeuge von Mercedes-Benz verkauft werden.

Nach Ansicht des Analysehauses Bernstein käme ein Verbot von 2035 an Autoherstellern wie Mercedes-Benz, die einen beschleunigten Zeitplan für den Übergang haben, sogar zugute. Premiumhersteller seien besser positioniert, um den Wandel zu bewältigen, meint Bernstein.

BMW fehlt in der Tabelle, da sich der Münchner Konzern nicht auf ein Ausstiegsjahr festgelegt hat. Das Management erwartet, dass 2030 vollelektrische Autos mehr als die Hälfte aller Verkäufe des Unternehmens ausmachen. BMW hält sich zudem für flexibel, um bald danach 100% zu erreichen – je nach Nachfrage und Vorgaben der Politik.

Von Volkswagen heißt es, die Wende zur Elektromobilität sei unumkehrbar. Außer einem „viel schnelleren Ausbau der Ladeinfrastruktur“ mahnt das Unternehmen wie andere „eine ausreichende Versorgung mit Batteriezellen und eine beschleunigte Energiewende“ an.

Dass die Politik die notwendigen Voraussetzungen schaffen müsse, ist auch vom Regensburger Zulieferer Vitesco Technologies zu hören. Die Entscheidung des EU-Parlaments werde unterstützt. Vitesco deutet allerdings an, dass das Wachstum des Geschäfts mit Elektromobilität nicht an allen Standorten das Abschmelzen des Verbrennersegments auffangen könne. Mit Produkten für die E-Mobilität erzielte Vitesco zuletzt knapp 12% des Umsatzes.

Mahle äußert sich kritisch zum Plan der EU. Der Zulieferer stehe hinter den Zielen des Pariser Klimaabkommens, heißt es zwar. Mit dem Verdrängen von Technologien gingen aber Chancen verloren. So werde „der Verlust von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung in Deutschland und Europa“ riskiert. Mit Produkten für den Verbrenner erzielt Mahle noch knapp 40% des Umsatzes. 2030 sollen es weniger als 25% sein.

Ausstiegsjahre der Autohersteller
Angekündigtes Ende der Produktion von Modellen mit Verbrennungsmotor
DS Automobiles2024
Opel Vauxhall 2028
Fiat2030
Mercedes-Benz2030
Volvo2030
Renault2030
Ford (Europa)2030
Audi2033
VW  2033-35
Quelle: Unternehmen, Stifel, Solar Promotion Börsen-Zeitung
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