Börsengänge

Bike24 und Cherry setzen IPO-Serie fort

Die Begeisterung der Investoren für Börsengänge hat sich im zweiten Quartal leicht abgekühlt. Dennoch setzt sich die Serie der IPOs fort.

Bike24 und Cherry setzen IPO-Serie fort

cru Frankfurt

Mit dem Online-Fahrrad- und -Zubehörhändler Bike 24 aus Dresden und dem Computerzubehörhersteller Cherry aus München wollen sich jetzt gleich zwei weitere Unternehmen auf den Kurszettel wagen. Der Erlös aus dem Börsengang von Bike24 soll laut Vorstandschef Andres Martin-Birner, einem der drei Gründer neben Falk Herrmann und Lars Witt, der Erhöhung des Wachstumstempos und der internationalen Expansion dienen. Noch vor der Sommerpause ist eine Notierung im Regulierten Markt (Prime Standard) der Frankfurter Börse geplant, teilte das auf Fahrräder, Fahrradzubehör und -bekleidung spezialisierte und 2002 gegründete Unternehmen am Montag mit.

Der Hauptaktionär – der US-Finanzinvestor Riverside, der mit seinem Fonds VI rund 80% hält – will die Hälfte seiner Anteile verkaufen, während die Gründer und das Management mit unverändert 20% an Bord bleiben. Der Streubesitz nach der Notierung soll bei mindestens 40% liegen.

Noch vor dem Listing werde eine Privatplatzierung erfolgen, die sowohl neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung in Höhe von rund 100 Mill. Euro umfasse wie auch Aktien vom Private-Equity-Mehrheitseigentümer Riverside, der auf Mittelstandsunternehmen spezialisiert ist und Anteile im Wert von rund 300 Mill. Euro abgeben will. Mit einem Emissionserlös von addiert 400 Mill. Euro wäre Bike24 sogar der bisher sechstgrößte deutsche Börsengang in diesem Jahr.

Hohe Bankschulden halbieren

Angestrebt wird laut Finanzkreisen eine Marktkapitalisierung für Bike24 von 1 Mrd. Euro. Bestehende Bankverbindlichkeiten des hoch verschuldeten Unternehmens von 88 Mill. Euro sollen laut Finanzvorstand Timm Armbrust mit dem Emissionserlös zur Hälfte abbezahlt werden.

Federführend wird das IPO von den Banken Berenberg und J.P. Morgan begleitet. Als wichtigste Wettbewerber von Bike24 gelten der britische Konkurrent WiggleCRC, der Bike24 im Jahr 2017 für 100 Mill. Pfund von Riverside übernommen und 2019 wieder zurück verkauft hatte, sowie die Webseite Fahrrad.de, die zu der Internetfirmengruppe Signa Sports von Karstadt-Investor René Benko gehört, die kurz vor der Übernahme durch einen US-Spac steht.

In Deutschland sieht sich Bike24 mit 14% Marktanteil als Online-Marktführer. Im Jahr 2020 erzielte Bike24 nach eigenen Angaben mit 700 000 Kunden und 350 Beschäftigten einen Umsatz von 199 Mill. Euro sowie ein bereinigtes operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 27 Mill. Euro – entsprechend einer Ebitda-Marge von 13%. Im ersten Quartal 2021 stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 75% auf fast 58 Mill. Euro, während sich das bereinigte Ebitda im Vergleich zum ersten Quartal 2020 von 3 Mill. Euro auf 7 Mill. Euro im ersten Quartal 2021 mehr als verdoppelte. „Im Gesamtjahr wird der Umsatz nicht so stark wachsen wie im ersten Quartal – aber die Corona-Pandemie hat den Fahrradmarkt auf neues und höheres Wachstumsniveau angehoben“, sagte Finanzvorstand Timm Armbrust der Börsen-Zeitung.

Online-Milliardenmarkt

Den deutschen Fahrradmarkt beziffert Bike24 auf mehr als 6 Mrd. Euro, davon ein Drittel online, den europäischen Markt auf 22 Mrd. Euro. In Europa wachse der Markt um jährlich 9% – in Deutschland deutlich schneller um 16%.

Parallel zu Bike24 plant auch die Cherry AG, ein Hersteller von Computer-Mäusen und Tastaturen sowie Gaming-Geräten für Computerspiele, seine Aktien in Frankfurt zu notieren. Noch vor der Sommerpause soll der Börsengang, der ein Volumen von mindestens 140 Mill. Euro haben werde, abgeschlossen sein. Geplant ist eine Neuemission von Aktien im streng regulierten Segment Prime Standard sowie eine Umplatzierung bestehender Anteilscheine. 2021 will Cherry den Umsatz um 30 bis 40% gegenüber dem Vorjahresniveau von 130 Mill. Euro steigern – im ersten Quartal waren es 38 Mill. Euro. Mittelfristig peile das Management ein starkes zweistelliges organisches Umsatzwachstum pro Jahr an.

Mit dem Erlös aus dem IPO will Vorstandschef Rolf Unterberger das organische Wachstum des Unternehmens vorantreiben. Das Geld könne aber auch für Zukäufe oder zum Schuldenabbau genutzt werden, hieß es. Cherry wurde nach eigenen Angaben 1953 in Highland Park (Illinois) gegründet, verlegte 1967 seinen Sitz nach Deutschland und wurde 2016 an den Hamburger Finanzinvestor Genui verkauft.

Mit den beiden Börsengängen setzt sich die IPO-Serie in Frankfurt fort. Mit schon jetzt einem Dutzend Listings ist 2021 auf dem Weg das beste Jahr für Erstnotierungen seit einem Jahrzehnt zu werden. Die drei bisher größten deutschen Erstnotierungen in diesem Jahr gemessen am Emissionserlös waren die Voda­fone-Funkturmtochter Vantage Towers (2,3 Mrd. Euro), der On­line-Gebrauchtwagenhändler Auto1 (1,8 Mrd. Euro) und der Linux-Softwareanbieter Suse (1,1 Mrd. Euro).

Der nächste Test für die Stimmung der Investoren wird das Bookbuilding von About You. Der Online-Modehändler, der ein ähnliches Geschäftsmodell wie Zalando verfolgt, will noch im Juni 600 Mill. Euro via Privatplatzierung bei institutionellen Anlegern einsammeln.