Bilfinger setzt sich neue Mittelfristziele
Der Industriedienstleister Bilfinger will etwa doppelt so schnell wachsen wie der Markt und seine operative Umsatzrendite von zuletzt etwa 3% auf 6 bis 7% hieven. Das ergibt sich aus dem Strategieprozess, dessen Ergebnisse der seit knapp einem Jahr amtierende CEO Thomas Schulz und der neue CFO Matti Jäkel auf dem Kapitalmarkttag präsentierten. Demnach wollen sich die Mannheimer als Nummer 1 für die Verbesserung von Effizienz und Nachhaltigkeit am Markt etablieren und darüber hinaus die eigene operative Exzellenz voranbringen.
An den Zielmärkten Energie, Chemie und Petrochemie, Pharma und Biopharma sowie Öl und Gas hält Bilfinger fest. „Wir sehen uns als treibende Kraft bei der Transformation der Industrie hin zu mehr Effizienz und Nachhaltigkeit bei bestehenden Anlagen“, sagt Schulz. So rüstet Bilfinger Industrieanlagen zum Abbau von CO2-Emissionen nach.
Dem adressierbaren Markt billigt Schulz 2% Wachstum im Jahr zu. Durch zusätzliche Angebote und neue Regionen will Bilfinger selbst zwei bis drei Prozentpunkte Wachstum draufpacken, was eine Zielrate von 4 bis 5% ergibt. Die Leistungsfähigkeit des Konzerns soll durch Standardisierung und Bündelung von Produkten sowie Innovationen und Digitalisierung steigen. Das Effizienzprogramm mit geplanten Einsparungen von 55 Mill. Euro im Jahr, das vor allem in der Verwaltung ansetzt, läuft seit November 2022.
Der Anteil des über Rahmenverträge abgewickelten Geschäfts soll von 65% im vergangenen Jahr auf 80% klettern und der Anteil des Projektgeschäfts entsprechend sinken. Das ergebe ein besseres Risikoprofil, sagt Schulz.
Die um Sondereinflüsse bereinigte Rendite vor Zinsen, Steuern und Goodwillabschreibungen (Ebita-Marge), die 2022 bei 3,2% lag, soll im kommenden Jahr mindestens 5% erreichen und 2025 bis 2027 zwischen 6 und 7% liegen. Je einen Prozentpunkt Margenausweitung steuern der Planung zufolge das Sparprogramm und die Neupositionierung bei, weitere ein bis zwei Prozentpunkte das Thema operative Exzellenz. Mindestens 80% des Ebita sollen mittelfristig im freien Cashflow ankommen. Die Dividende wird auf 40 bis 60% des bereinigten Nettogewinns zugeschnitten – bei kontinuierlichem Zuwachs.
Ertragspotenzial sieht Bilfinger in der Standardisierung von Angeboten und der Bündelung von Services. So komme es vor, dass man einem Kunden am selben Standort mehrere Leistungen anbiete und entsprechend oft Verträge aufgesetzt würden. „Das kostet alles Geld, das kann man günstiger und effizienter machen“, sagt Schulz.
Im vergangenen Jahr ist der einstige Baukonzern kräftig gewachsen, hat aber weniger verdient. Umsatz und Auftragseingang legten im Vergleich zu 2021 um 15% auf 4,3 bzw. 4,6 Mrd. Euro zu. „Der starke Anstieg hat uns überrascht“, sagt CFO Jäkel. „Von Rezession keine Spur.“ Das Ebita schrumpfte aber um 38% auf 75 Mill. Euro, das Nettoergebnis sogar um 78% auf 28 Mill. Euro. Grund ist vor allem der Aufwand für das Effizienzprogramm, der mit 62 Mill. Euro zu Buche schlägt. In der Verwaltung fallen laut Jäkel 750 Stellen weg. Erste Früchte soll das Effizienzprogramm im Zahlenwerk des zweiten Quartals zeigen.
Den Aktionären will Bilfinger 1,30 Euro Dividende je Aktie zahlen, was deutlich über dem kommunizierten Mindestbetrag von 1 Euro liegt. An der Börse kommt das gut an, ebenso wie die Zahlen des vierten Quartals und der Ausblick für 2023. Die im SDax vertretene Aktie legte am Dienstag im Verlauf um 11% zu. Für 2021 schüttete Bilfinger insgesamt 4,75 Euro je Aktie aus. Neben der Basisdividende von 1 Euro flossen 3,75 Euro Sonderzahlung an die Anteilseigner. Den seit Jahren laufenden Verkauf von Randgeschäften hat Bilfinger bis auf eine Einheit in Südafrika abgeschlossen.
Für dieses Jahr peilt das Management zwischen 4,3 Mrd. und 4,6 Mrd. Euro Umsatz an. Die Ebita-Marge siedelt Bilfinger zwischen 3,8 und 4,1% an. Schwächer fällt die Prognose für den freien Cashflow aus, der auf 50 Mill. bis 80 Mill. Euro schrumpfen dürfte. Grund ist das Sparprogramm, das mit erheblichen Mittelabflüssen im laufenden Jahr einhergeht.