BMW i Ventures verstärkt Aktivitäten in Europa
SERIE – SO FINANZIERT DEUTSCHLAND WACHSTUM: BMW i Ventures (Teil 6)
Münchner Autobauer lenkt Mittel nach Europa
Mit Beteiligungen an Technologie-Start-ups will BMW im Wettbewerb um Zukunftstechnologien Risiken streuen – Gespräch mit Manager Marcus Behrendt
Von Stefan Kroneck, München
BMW will ihren Schwerpunkt bei Neuengagements im Venture-Capital-Segment verlagern. Die Konzerntochter BMW i Ventures, die bisher sehr auf Technologie-Start-ups in Silicon Valley ausgerichtet ist, zielt verstärkt auf Wachstumsfirmen in Europa inklusive Deutschland ab. Ein Gespräch mit Geschäftsführer Marcus Behrendt.
BMW fährt bei Investments in Wachstumsunternehmen des Technologiesektors zweigleisig. Der weiß-blaue Auto- und Motorradhersteller konzentriert sich auf Start-ups an der Westküste der USA und auf Westeuropa, dabei hat bisher Kalifornien ein Übergewicht. Die vor 13 Jahren an den Start gegangene Tochtergesellschaft BMW i Ventures will bei Neufinanzierungen ihren Schwerpunkt aber künftig auf den Alten Kontinent ausrichten.
„Wir nehmen stärker als bisher die europäische Start-up-Szene ins Visier. Wir möchten gewissermaßen einen Fußabdruck auf beiden Kontinenten aufbauen und in beiden Erdteilen nach innovativen Rohdiamanten schürfen“, sagt Marcus Behrendt im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Er ist einer der beiden Geschäftsführer des 16 Mitarbeiter umfassenden Unternehmens.
Diversifiziertes Konzept
Während der 53-jährige Wirtschaftsingenieur den europäischen Markt von München aus betreut, kümmert sich sein Kollege Kasper Sage in gleicher Managementposition mit einem Büro im Silicon Valley um den dortigen Markt. Beide setzen auf ein diversifizierteres Konzept. „Bedingt durch unsere Historie waren wir in der Vergangenheit mehr auf amerikanische Start-ups fokussiert. Deren Anteil an unserem Portfolio soll mittelfristig sinken. Stattdessen engagieren wir uns stärker in Europa“, erklärt Behrendt die geografische Aufteilung des eigenen Venture-Capital-Portfolios.
Portfolio von über 60 Firmen
Das Portfolios von BMW i Ventures umfasst über 60 Start-ups. Das finanzielle Engagement ist limitiert. BMW i Ventures investiert pro Firma bis zu 10 Mill. Dollar bei einer Beteiligung von maximal 20%. Neben einzelnen Finanzierungen kooperiert die BMW-Tochter auch bei Investitionen mit andere Großkonzernen des Mobilitätssektors. „Wir finanzieren Start-ups auch zusammen mit anderen Unternehmen und auch anderen Autoherstellern“, so Behrendt. Als Beispiel nennt er die kalifornische Firma Cellink, bei der die Münchner zusammen mit Bosch Ventures eingestiegen sind. BMW i Ventures engagiert sich auch mit Bosch und Toyota beim kalifornischen Softwaredienstleister Recogni. Mit Porsche Ventures und Volvo Tech Fund ist BMW an dem Schweizer Naturfaser-Verbundstoffspezialisten Bcomp beteiligt.
Für BMW rechnen sich die Aktivitäten. „Wir sind finanziell erfolgreich“, sagt der Geschäftsführer. Nähere Angaben zur Profitabilität von BMW i Ventures macht er nicht. Der Venture-Capital-Spezialist finanziert seine Investments bislang aus zwei Fonds. Seit 2016/17 ist das Unternehmen über Fonds aktiv. Beim ersten handelt es sich um ein Volumen von 500 Mill. Euro, welches nach Firmenangaben „fast ausfinanziert“ ist. Über dieses macht BMW i Ventures laut Behrendt „noch Follow-on Investments“. Der zweite, 2021 aufgelegte Fonds umfasst ein Volumen von 300 Mill. Dollar. Diesen nutzt BMW i Ventures für Neuinvestments.
Mehrere Motive
Behrendt ist offen für einen weiteren Fonds. „Unser Erfolgsrezept ist stimmig. Wir wollen unseren Investitionsrhythmus und die aktuelle Geschwindigkeit beibehalten. Konsequenterweise müssen wir dann darüber nachdenken, ob und wann wir einen weiteren Fonds brauchen.“ Die Entscheidung darüber liegt beim Mutterkonzern.
Die Venture-Capital-Aktivitäten sind für BMW wichtig, „um Impulse zu gewinnen“, wie das Dax-Mitglied in seinem Geschäftsbericht 2023 formuliert. Behrendt formuliert die Motive wie folgt: „Innovationen sind für die BMW Group ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Deshalb scannen wir die Szene nach schnell wachsenden Technologie-Start-Ups. Wir engagieren uns finanziell bei Firmen, deren Innovationen über den ersten Schritt hinaus sind.“ Die Zusammenarbeit und das Engagement in diesen jungen Firmen helfe BMW, Trends frühzeitig zu erkennen und im Fall von Disruptionen den Anschluss zu behalten. „Diese Vorgehensweise, das frühzeitige Erkennen von – möglicherweise disruptiven – Technologien, ist gewissermaßen eine De-Risking-Strategie für die BMW Group.“
Hohes Arbeitspensum
Das Arbeitspensum von BMW i Ventures ist dabei sehr hoch. „Wir schauen uns pro Jahr rund 1.000 Firmen an. Davon gehen wir acht bis zehn Investments ein“, berichtet Behrendt.
Zuletzt erschienen: Next47 knüpft an Gründungsmythos an (6.8.)