Milliardeninvestition

Bosch startet Chipfertigung in Dresden

Mit dem neuen Halbleiterwerk in Dresden will Bosch dazu beitragen, die Abhängigkeit von anderen Weltregionen zu verringern. An der Knappheit von Chips für Autos ändert die Fabrik aber nur wenig.

Bosch startet Chipfertigung in Dresden

jh München

Bosch beginnt mit der Chipfertigung in der neuen Fabrik in Dresden einige Monate früher als geplant. Doch Halbleiter für die Autoindustrie bleiben auf der Welt knapp. Mit einer Rückkehr zur Normalität sei erst im nächsten Jahr zu rechnen, sagte Volkmar Denner, der Vorsitzende der Geschäftsführung von Bosch, zur offiziellen Eröffnung des für 1 Mrd. Euro gebauten Werks. In der zweiten Hälfte dieses Jahres werde der Druck nachlassen. Dazu trage auch die neue Fabrik von Bosch in Dresden bei. Die geplante Produktionskapazität, den erwarteten Umsatz und angepeilten Zeitpunkt fürs Erreichen der Gewinnschwelle nennt das Unternehmen nicht.

Denner kündigte an, ein Teil der in Dresden hergestellten Asics (integrierte Schaltkreise) und Leistungshalbleiter werde an Kunden verkauft. „Die meisten sind jedoch für unsere Systeme.“ Im Juli beginne die Produktion von Halbleitern für Elektrowerkzeuge von Bosch, ein halbes Jahr früher als geplant. Die Herstellung von Autochips starte im September. Bosch ist nach Angaben von Marktforschern in diesem Segment der sechstgrößte Hersteller der Welt. Führend sind Infineon und der niederländische Konzern NXP. „Mit dem Werk in Dresden wird unser Marktanteil mindestens stabil bleiben“, sagte Denner. Das Ziel, wie in den anderen Geschäften zu den größten drei zu gehören, gebe es für die Chipsparte nicht.

Das Werk in Dresden mit zunächst 250 und später 700 Beschäftigten ist die bisher größte Einzelinvestition des Stuttgarter Technologie- und Zuliefererkonzerns. Der Bund fördert den Bau mit rund 140 Mill. Euro, wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilt. „In Dresden beginnt heute eine neue Ära der Mikroelek­tronik“, sagte Minister Peter Altmaier (CDU). Von der Investitionssumme von 1 Mrd. Euro seien insgesamt 200 Mill. Euro förderfähig, berichtete Bosch-Chef Denner.

Zu der Eröffnung am Montag schalteten sich EU-Kommissarin Margrethe Vestager und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu, der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nahm teil. Halbleiter trügen dazu bei, „die Wettbewerbsfähigkeit Europas als Wiege für Spitzeninnovationen zu stärken“, sagte Vestager. Gefördert wird die Fabrik von Bosch im Rahmen des Programms Important Project of Common European Interest (IPCEI) Mikroelektronik. Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Großbritannien wollen damit die Branche in Europa erhalten und ausbauen. „Es geht um die Resilienz globaler Lieferketten“, sagte Denner. Das Werk in Dresden leiste einen Beitrag, um die Abhängigkeit von Halbleitern aus anderen Weltregionen zu verringern. Nach Ansicht der Bundeskanzlerin verdeutlicht die Fabrik: „Wir können Hightech, wir können Innovation.“

Denner betonte, das Werk verbinde das Internet der Dinge mit künstlicher Intelligenz, und fügte hinzu: „Aus Daten entsteht Wissen.“ Jede Sekunde würden in der Fabrik umgerechnet 500 Textseiten Daten gesammelt und in Echtzeit ausgewertet. so ließen sich Störungen in der Fertigung schnell erkennen und beheben. Zudem verbessere sich die Produktion kontinuierlich. Eine hohe Prozessstabilität erspare Kunden aufwendige Tests, verkürze Erprobungen und beschleunige Freigaben. „So produzieren wir nicht nur früher, wir liefern auch früher zuverlässig aus“, versprach Denner.

Eigene Produktion seit 1958

Der Chef des Stiftungskonzerns erinnerte daran, dass sich Bosch seit den 1950er-Jahren als einziger Autozulieferer mit Mikroelektronik intensiv beschäftigt und seit 1958 selbst produziert. Im Werk in Reutlingen bei Stuttgart würden seit 1970 Spezialbauelemente gefertigt. Allein dort und in Dresden habe Bosch seit der Einführung der 200-Millimeter-Technologie im Jahr 2010 mehr als 2,5 Mrd. Euro in die Halbleiterfertigung investiert.

Dresden gehört mit den Chipfabriken von Infineon und Globalfoundries zu den wichtigsten Halbleiterstandorten in Europa. Jeder dritte in Europa gefertigte Chip stamme aus Sachsen, heißt es.