BP übertrifft Erwartungen bei weitem
hip London
Der britische Ölkonzern BP hat seinen den Aktionären zuzurechnenden Gewinn im abgelaufenen Quartal annähernd verdreifacht. Dazu trugen nicht nur die steigenden Energiepreise bei, sondern auch eine höhere Marge im Raffineriegeschäft und eine „außerordentliche Performance“ im Ölhandel. Wie der Shell-Rivale mitteilte, stieg der Gewinn auf 9,3 (i. V. 3,1) Mrd. Dollar. Das bereinigte Ergebnis verbesserte sich auf 8,5 (2,8) Mrd. Dollar. Analysten hatten lediglich 6,8 Mrd. Dollar angesetzt.
„Unsere Leute haben während des Quartals weiter hart daran mitgearbeitet, eine Lösung für das Energie-Trilemma zu finden“, sagte CEO Bernard Looney, der darunter das Problem versteht, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und niedrige Emissionen unter einen Hut zu bringen. „Wir tun das, indem wir das Öl und Gas liefern, das die Welt heute braucht, und gleichzeitig in eine Beschleunigung der Energiewende investieren“, sagte Looney. Tatsächlich beteiligte sich das Unternehmen im Juni mit 40,5% am Asian Renewable Energy Hub in Westaustralien, der zu einem der größten Hubs für „grünen“ Wasserstoff weltweit werden könnte. Zudem nahm BP an Auktionen für Offshore-Windparks vor der niederländischen Küste teil. Gemeinsam mit Marubeni soll die Offshore-Windkraft in Japan vorangebracht werden. „Langfristig pumpt BP weiter Geld in den Ausbau seines Angebots an erneuerbaren Energien, um sich einen großen Anteil an den wachsenden Niedrigkarbon- und Energiewende-Märkten zu sichern“, schrieb der Analyst Matt Britzman von Hargreaves Lansdown. „Es ist ein größerer Schritt als das, was Rivalen unternommen haben, was etwas zusätzliches Risiko mit sich bringt. Trotzdem ist es ein mit Sicherheit empfehlenswerter Schritt.“
Mit Blick auf den Gewinn wurden in Großbritannien prompt Forderungen nach einer noch höheren Sondersteuer (Windfall Tax) auf die Gewinne der Öl- und Gaskonzerne laut. Die Regierung müsse diese „Monstergewinne“ ordentlich besteuern und damit aufhören, den Unternehmen Steuervorteile auf „destruktive Neuinvestitionen in fossile Brennstoffe“ zu gewähren, forderte der Greenpeace-Wissenschaftler Doug Parr. Das könne Milliarden freisetzen, um die Energierechnungen der privaten Haushalte zu senken, und eine landesweite Kampagne für die Wärmedämmung von Gebäuden finanzieren. Die Windfall Tax wurde im vergangenen Monat eingeführt. Sie erhöht BP zufolge die Besteuerung der Gewinne aus dem Nordseegeschäft von 40 % auf 65 %. Weil sie rückwirkend zum 26. Mai gilt, werden dafür 0,8 Mrd. Dollar ins laufende Quartal gebucht.
Undurchsichtiger Handel
Alle Geschäftsbereiche entwickelten sich besser als erwartet. Der Ergebnisbeitrag der Sparte Oil Production & Operations lag zwar nur um 1 % über den Analystenschätzungen, dafür steuerte Gas & Low Carbon Energy ein Zehntel mehr bei, als die Aktienexperten auf der Rechnung hatten. Customers & Products, wo die „außerordentliche Performance“ im Ölhandel angesiedelt ist, trug fast ein Fünftel mehr zum Ergebnis bei. Was unter „außerordentlich“ genau zu verstehen ist, wollte Finanzchef Murray Auchincloss dabei nicht sagen. Die Nettoverschuldung schrumpfte um deutliche 30% auf 22,8 (32,7) Mrd. Dollar.
Von der guten Geschäftsentwicklung profitieren bislang in erster Linie die Aktionäre. Die Zwischendividende wurde um ein Zehntel auf 6 Cent je Anteilschein erhöht. Zudem kündigte BP einen weiteren Aktienrückkauf im Umfang von 3,5 Mrd. Dollar an. Am Markt hatte man lediglich eine Dividendenerhöhung vom 4 % und einen 2,8 Mrd. Dollar schweren Aktienrückkauf erwartet. Das Management geht davon aus, bei einem Ölpreis von mehr als 60 Dollar je Barrel (159 Liter) bis 2025 Spielraum für eine jährliche Erhöhung der Dividende um 4 % und Aktienrückkäufe für 4 Mrd. Dollar jährlich zu haben. Auch andere europäische Branchenschwergewichte wie Equinor, Repsol, Shell und Total kaufen verstärkt Aktien zurück.
BP | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
1. Halbjahr | ||
in Mill. Dollar | 2022 | 2021 |
Umsatz (Mrd.) | 117 | 71 |
Explorationskosten | 220 | 206 |
Abschreibungen und Veräußerungsverluste | 26 476 | –2 564 |
Vorsteuerergebnis | −3 477 | 11 680 |
Nettoergebnis | −11 127 | 7 783 |
Operativer Cashflow | 19 073 | 11 520 |
Liquide Mittel | 33 108 | 34 256 |
Nettoverschuldung | 22 816 | 32 706 |
Börsen-Zeitung |