Energiewende

Britische Regierung liebäugelt mit Mini-Meilern

Die aktuelle Erdgasknappheit liefert Rolls-Royce und Babcock den perfekten Hintergrund, um ihre modularen Kleinreaktoren zu bewerben. Die britische Regierung hat der „Sunday Times“ zufolge Interesse.

Britische Regierung liebäugelt mit Mini-Meilern

hip London

Der britische Premierminister Boris Johnson hat der „Sunday Times“ zufolge Gefallen an einer neuen Generation von Mini-Atomreaktoren gefunden, die von Rolls-Royce und Babcock International beworben wird. Wie das Blatt berichtet, hält er sie einerseits für erforderlich, um die Klimaziele seiner Regierung zu erreichen. Andererseits kämen sie ihm beim Ausgleich regionaler Disparitäten zupass. Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng steht angeblich kurz davor, die Finanzierung für eine Flotte von Mini-Meilern zu bewilligen. Selbst im Schatzamt sei man mittlerweile der Ansicht, dass man stärker auf Kernkraft zurückgreifen sollte. Nachdem bei AKW-Neubauten die Kosten regelmäßig aus dem Ruder laufen, war man dort stets zurückhaltend, was solche Projekte anging. Wie die Sonntagszeitung unter Berufung auf Insider berichtet, ist Schatzkanzler Rishi Sunak der Ansicht, dass man sich nicht allein auf Wind- und Solarkraftwerke verlassen könne.

Das UK SMR Consortium, dem neben Rolls-Royce unter anderem Assystem, Atkins, BAM Nuttall, Jacobs, Laing O’Rourke und das National Nuclear Laboratory angehören, will zunächst 16 kostengünstige „kleine modulare Reaktoren“ (Small Modular Reactors, SMRs) bauen, die 440 MW erzeugen können – ausreichend Strom für eine Million Haushalte. Im Vergleich zu großen AKWs benötigen sie lediglich eine Fläche von anderthalb Fußballfeldern und können in Modulbauweise aus vorgefertigten Komponenten fertiggestellt werden. Bis 2050 sollen sie ein Fünftel des Verbrauchs decken. Der erste Meiler soll nach bisheriger Planung 2030 ans Netz gehen.

In Somerset wird gerade von EDF, China National Nuclear Corporation und China General Nuclear Power Group das erste neue britische Atomkraftwerk seit dem 1995 fertiggestellten Reaktor Sizewell B gebaut. Die Nuklearkooperation mit dem Reich der Mitte wurde vor der Niederschlagung der Demokratiebewegung in Hongkong geschlossen. Weder finanziell noch zeitlich befindet sich der EPR-Druckwasserreaktor noch im Plan. Seitdem sich die Beziehungen zu Peking eingetrübt haben, wächst zudem das Unbehagen darüber, einen chinesischen Staatskonzern mit im Boot zu haben. Wie der „Guardian“ berichtet, könnte die Regierung beim AKW-Neubau Sizewell C in Suffolk einsteigen, der von EDF und China General Nuclear vorangetrieben wird. Das würde dem Blatt zufolge wohl zur Folge haben, dass das Unternehmen aus der Volksrepublik, das mit rund einem Fünftel an dem Vorhaben beteiligt ist, das Feld räumen müsste.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.