Covestro blickt düster in die Zukunft
ab Leverkusen – Covestro reiht sich nahtlos in die Phalanx der Chemiekonzerne ein, die mit den schwierigen Rahmenbedingungen kämpfen. Anders als BASF, die mit Stellenstreichungen und Anlagenstilllegungen reagiert, will Covestro jedoch keine zusätzlichen Kostensenkungsmaßnahmen ergreifen. „Es gibt keine Notwendigkeit, hektisch auf kurzfristige Entwicklungen zu reagieren“, sagte Vorstandschef Markus Steilemann bei der Bilanzvorlage.
Gleichwohl sieht es nach dem drastischen Gewinneinbruch im abgelaufenen Turnus für 2023 keinen Deut besser aus. Im Gegenteil: Im laufenden Turnus wird erneut mit einem deutlichen Rückgang im operativen Ergebnis gerechnet, wie Finanzchef Thomas Toepfer sagte. Angesichts der unsicheren wirtschaftlichen und geopolitischen Rahmenbedingungen wird auf eine quantitative Prognose verzichtet. Fest steht lediglich: Frühestens im zweiten Halbjahr wird sich die gesamtwirtschaftliche Lage bessern. Das spiegelt sich auch in dem für das erste Quartal gegebenen Ausblick. Hier rechnet der Kunststoffhersteller nur mit einem operativen Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) von 100 bis 150 Mill. Euro. Selbst am oberen Rand der Spanne entspricht das einem Einbruch um über 80 % im Vergleich zum Vorjahr. Hintergrund ist nicht nur die verhaltene Nachfrageentwicklung in nahezu allen Kundenbranchen, sondern auch die Tatsache, dass sich die gestiegenen (Energie-)Preise kaum noch weiterwälzen lassen. Allein die Energiekosten schnellten 2022 auf 1,8 (i.V. 1) Mrd. Euro in die Höhe.
Einen Vorgeschmack auf die weitere Entwicklung lieferte das vierte Quartal 2022, in dem Covestro schon auf Ebene des Ebitda rote Zahlen schrieb. Zugleich gab der Umsatz zweistellig nach. Insbesondere in der Basischemie, die im Segment Performance Materials gebündelt ist, sah sich Covestro im Schlussquartal mit einem Umsatzrückgang um 15,2 % konfrontiert. Dabei gaben die Verkaufspreise um 1,3 Prozentpunkte nach, während sie im Gesamtjahr noch mit fast 11 Prozentpunkten zum Umsatzplus des Segments auf 9,1 Mrd. Euro (+ 11,7 %) beitrugen.
Preisgetrieben zeigte Covestro 2022 mit fast 18 Mrd. Euro im Konzern einen Rekordumsatz. Dennoch fiel der Anstieg der Inputpreise deutlich kräftiger aus als der Zuwachs der Verkaufspreise. Das Preis-Delta bezifferte Toepfer auf −1,3 Mrd. Euro. Dadurch brach das Ebitda um fast die Hälfte auf 1,6 (i.V. 3,1) Mrd. Euro ein. On top kamen außerplanmäßige Abschreibungen auf Anlagen und latente Steuerforderungen auf Verlustvorträge, die sich auf mehr als 700 Mill. Euro summierten. Dadurch rutschte das Nettoergebnis mit 272 Mill. Euro in die roten Zahlen. In der Folge gehen die Aktionäre für 2022 leer aus. Immerhin gelang es Covestro, mit 138 Mill. Euro einen positiven Free Cashflow zu erwirtschaften. Die Kapitalkosten wurden und werden auch 2023 nicht verdient.
Obwohl Covestro schon im Januar über den Verlust informiert hatte und die Streichung der Ausschüttung gemäß der Dividendenpolitik wenig überraschte, reagierte die Börse auf den Geschäftsbericht reichlich verschnupft. Mit einem Tagesverlust von 6,2% führte Covestro die Verliererliste im Dax an. Die Streichung der Dividende bedeutet auch, dass die Bonuszahlungen der Beschäftigten für 2022 entfallen.
Strategisch hält Covestro an dem Kurs fest, in der Region für die Region zu produzieren. Inwieweit die Leverkusener dabei von der Schließung der TDI-Anlage der BASF profitieren werden, dazu gab es keine Einschätzung. Das Festhalten an den europäischen Produktionsstandorten spiegelt sich auch in der Investitionspolitik. Zwar hatte Covestro erst kürzlich angekündigt, eine Anlage für thermoplastische Kunststoffe in China für einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag zu erweitern. Doch hob Steilemann hervor, dass von den Investitionen von 832 Mill. Euro im abgelaufenen Turnus 400 Mill. Euro in die deutschen Standorte flossen.
Covestro | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2022 | 2021 |
Umsatz | 17 968 | 15 903 |
Ebitda | 1 617 | 3 085 |
Ebit | 267 | 2 262 |
Finanzergebnis | −137 | −77 |
Konzernergebnis | −272 | 1 616 |
Ergebnis/Aktie (Euro) | −1,42 | 8,37 |
Dividende/Aktie (Euro) | – | 3,40 |
Free Operating Cashflow1 | 138 | 1 429 |
Nettoverschuldung | 2 434 | 1 405 |
Roce2 (in %) | 2,0 | 19,5 |
1 ) operativer Cashflow abzgl. Ausgaben für Sachanla-gen und immaterielle Vermögenswerte; 2 ) Return on Capital Employed Börsen-Zeitung |