Die neue britische Regierung wird dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky keine Steine in den Weg legen, wenn er seine Beteiligung an der Royal-Mail-Mutter International Distributions Services aufstocken will. Wie die FTSE-100-Gesellschaft mitteilte, wurde sie vom Wirtschaftsministerium darüber informiert, dass es in solch einem Fall nicht von seinen Möglichkeiten unter dem neuen Übernahmerecht (National Security & Investment Act 2021) Ge­brauch machen würde. Kretinskys Anlagevehikel Vesa Equity Investment ist mit einer Beteiligung von 22 % größter Anteilseigner der Holding, der die Brief- und Paketlogistik der britischen Post gehört. Kretinsky hatte zuvor angedeutet, auf mehr als 25 % aufstocken zu wollen, und Spekulationen über eine mögliche Übernahme ausgelöst.

Kwasi Kwarteng, damals noch Wirtschaftsminister, hatte daraufhin angekündigt, das Vorhaben nach dem neuen Recht prüfen zu wollen. Würde Vesa auf über 30 % kommen, müsste den restlichen Aktionären nach britischem Recht ein Übernahmeangebot gemacht werden. Grant Shapps, der neue Wirtschaftsminister, machte Kretinsky nun den Weg frei. Das sei gut für den Aktienkurs, konstatierte der Liberum-Analyst Gerald Khoo. Allerdings blieben die „wesentlichen strukturellen Herausforderungen“, vor denen Royal Mail auf dem Heimatmarkt stehe, ein Hemmschuh. Das Management und die Gewerkschaft CWU (Communications Workers’ Union), die mehr als zwei Drittel der Belegschaft vertritt, liefern sich einen bitteren Arbeitskampf. Dem Unternehmen zufolge sind bis zu 10000 Vollzeitstellen in Gefahr. Die Arbeitsniederlegungen trügen zum Verlust von rund 1 Mill. Pfund pro Tag bei. Ein für diese Woche geplanter Streik musste wegen Formfehlern abgesagt werden.

Kretinsky ist in Deutschland als Anteilseigner von Metro und Aareal Bank bekannt geworden. In den Niederlanden ist er Aktionär von PostNL. In Großbritannien ist die „tschechische Sphinx“ Miteigentümer des Fußballclubs West Ham United. Zu seinen sonstigen Investments gehören Beteiligungen an der Supermarktkette J Sainsbury, am Einzelhändler Macy’s und an der französischen Zeitung „Le Monde“.