„Das ist wie Flöhe hüten“
Von Andreas Hippin, London
Der Finanzinvestor Duke Street hat sich nach dem britischen Volksentscheid für den EU-Austritt dazu entschlossen, auf Deutschland zu setzen. „Der Brexit war 2016 ein großes Problem für uns“, sagt Paul Adams, einer der Partner der Private-Equity-Gesellschaft, die sich im Londoner Nobelviertel Mayfair niedergelassen hat, der Börsen-Zeitung. „Er hat das Leben in Großbritannien unsicher gemacht.“ Es sei ein strategischer Schritt für die Firma gewesen, nach Deutschland zu gehen, das man für viel investierbarer gehalten habe als den Heimatmarkt. „Wir haben in fünf Jahren drei Deals gemacht, und alle sind gut gelaufen“, sagt Adams.
Vor fünf Jahren erwarb Duke Street den bayerischen Medizinprodukthersteller Medi-Globe. Es folgte der Flusskreuzfahrtanbieter Arosa. „Wir haben 2018 eine große Studie über ‚Staycationing‘ (Urlaub im eigenen Land) in Großbritannien gemacht“, sagt Adams. „Stattdessen haben wir ein deutsches Staycation-Geschäft gekauft. Und offen gesagt, fühlen wir uns viel wohler damit.“ Duke Street sicherte sich auch den Düngerproduzent Compo, der einst zu K+S gehörte. „Wir blicken mit Zuversicht nach vorn“, sagt Lennart Paap, Investment Director bei Duke Street. „Wir machen als Firma ein oder zwei Transaktionen im Jahr. Mehr brauchen wir nicht.“ Das solle nicht heißen, dass Duke Street völlig losgelöst von den allgemeinen Trends in der Branche arbeite. Wenn das Transaktionsvolumen insgesamt sinken würde, wäre man auch betroffen. „Aber wenn ich mir unsere Pipeline ansehe, gibt es noch eine ganze Menge für uns zu tun“, sagt Paap.
Kreditfonds statt Club Deals
„Wenn man sich einmal ansieht, wie viele Fonds in Deutschland tätig sind, hat der Wettbewerb in den vergangenen Jahren ganz offensichtlich zugenommen“, sagt Marie Renée Hoff, Investmentmanagerin bei Duke Street. „Traditionell kam ein Großteil des Kapitals aus London. Inzwischen gibt es auch deutsche Fonds.“ Immer mehr Unternehmen öffneten sich für Private Equity, sowohl familiengeführte Firmen als auch Unternehmen in der Größenordnung von Bayer oder Fresenius, die bestimmte Assets herauslösen wollen.
Zur Finanzierung von Deals ist man allerdings weiter auf den Finanzplatz London angewiesen. „Es ist dieser Tage sehr schwierig, Transaktionen lokal zu finanzieren“, sagt Adams. „Deutsche Banken ziehen sich ziemlich schnell vom Markt zurück.“ Eine Reihe von Instituten habe recht einfache, geradlinige Deals auf Club-Basis abgelehnt. Adams führt den mangelnden Risikoappetit auf die Pandemie zurück. „Wir haben Compo über London finanziert. Ein auf Kredite spezialisierter großer US-Assetmanager war der Ansicht, dass es eine sehr vernünftige Sache ist, in ein europäisches Geschäft in Deutschland zu investieren.“ Banken vor Ort hätten nicht einmal annähernd vergleichbare Konditionen geboten. Deshalb gehe der Trend zur Finanzierung über London. Oder es werde einfach auf Kreditfonds zurückgegriffen. „Die örtlichen Banken entfernen sich zusehends vom Geschäft mit Leveraged Finance“, sagt Adams. „Mir ist derzeit kein Club Deal bekannt.“ Er habe zwar auch nicht jede deutsche Transaktion im Blick, aber dem Berater der Firma zufolge sei es schwierig, Club Deals jeglicher Größenordnung zusammenzustellen. „Das ist wie Flöhe hüten.“
„Wir wollen bei unseren Transaktionen Redundanzen bei der Finanzierung, um Gewissheit zu haben“, sagt Paap. „Wenn eine von fünf Banken, die man braucht, aussteigt, ist das ein Problem, denn dann funktioniert die Struktur der Finanzierung nicht mehr. Bei einem Kreditfonds oder Unitranche-Anbieter hat man es nur mit einer Partei zu tun, was es sehr viel einfacher macht.“
Für Compo seien alle Optionen denkbar, sagt Adams. „Wegen der Ungewissheit im Vergleich zu einem 100-prozentigen Ausstieg würden wir natürlich lieber verkaufen, als das Geschäft an die Börse bringen“, gibt er zu. Der Statistik zufolge gingen 8,5 von 10 Firmen, die von Duke Street erworben wurden, an strategische Käufer. Für ein Initial Public Offering müsse Compo auf einen Umsatz von 450 Mill. Euro kommen. Zuletzt waren es 350 Mill. Euro. Mit Blick auf das organische Wachstum und das M&A-Potenzial in diesem Markt seien 450 Mill. Euro in drei bis vier Jahren durchaus erreichbar, „vielleicht auch schon in 18 bis 24 Monaten“. Andererseits finde man immer einen strategischen Käufer. Als er bei Wagamama im Board saß, habe man nicht mehr daran geglaubt und doch einen gefunden.