Energiekosten halten Firmen von Investitionen ab
kro Frankfurt
Die explodierenden Energiekosten drücken in einigen Bereichen auf die Investitionslaune deutscher Unternehmen. In einer Umfrage des Münchener ifo-Instituts unter 1100 Unternehmen, darunter 950 Familienunternehmen, gaben 46 % der Teilnehmer an, dass eine Verschiebung geplanter Investitionen aufgrund der gestiegenen Energiepreise „wahrscheinlich“ oder „sehr wahrscheinlich“ ist. Die repräsentative Umfrage war von der Stiftung Familienunternehmen in Auftrag gegeben worden. Während bestimmte Vorhaben somit vorerst auf Eis gelegt werden, treten die Unternehmen in Sachen Energieeffizienz jedoch die Flucht nach vorne an: Mehr als 70 % wollen in dem Bereich künftig mehr Geld in die Hand nehmen. Mit 90 % planen zudem fast alle Teilnehmer, ihre Absatzpreise zu erhöhen.
Die oft geäußerte Befürchtung, dass die hiesige Produktion wegen der vergleichsweise hohen Energiekosten früher oder später ins Ausland abwandern könnte, scheint sich zumindest derzeit noch nicht zu bewahrheiten. Gemäß der Umfrage überlegen nur 6 % der Firmen, ihre Betriebsstätten in andere Länder zu verlagern oder ihre Produktion zu unterbrechen. 14 % ziehen allerdings einen Abbau von Arbeitsplätzen an deutschen Standorten in Erwägung. 11 % denken darüber nach, energieintensive Geschäftsfelder ganz aufzugeben. Mit einem Wechsel zu anderen Energieträgern beschäftigen sich rund 40 %.
„Deutschland hat in der Energiepolitik dramatisch an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt – und das schon vor der jetzigen Krise“, kommentierte Stiftungsvorstand Rainer Kirchdörfer die Studienergebnisse. „Für Strom müssen die Unternehmen beispielsweise mehr als das Doppelte zahlen als in Industrieländern mit den niedrigsten Stromkosten.“ Die Politik müsse diese Wettbewerbsverzerrung korrigieren und den Höhenflug der Energiepreise stoppen. Mehr als drei Viertel der Unternehmen fordern dazu konkrete Maßnahmen, wobei sich mit Abstand die meisten (knapp 70 %) einen globalen CO2-Preis wünschen. „Dies würde die Kosten für Klimaschutzmaßnahmen gleichmäßig verteilen“, so die Stiftung Familienunternehmen. Dazu plädieren die Unternehmen auch für eine Senkung der Steuerbelastung auf Strom, ohne den so gut wie keine Firma auskommt.
Bei den fossilen Energieträgern ist Gas die derzeit wichtigste Quelle für die Unternehmen. Rund 77 % sind darauf angewiesen, dazu greifen 67 % zu Benzin und Diesel. Heizöl wird dagegen nur von einer Minderheit verwendet. Zwar sind schon jetzt 40 % der Unternehmen voll von den Kostensteigerungen betroffen. Weil sich viele aber zunächst durch langfristige Lieferverträge abgesichert haben, sieht ein Viertel der Befragten die Hauptbelastung aus den Preissteigerungen erst im zweiten Halbjahr auf sich zukommen (siehe Grafik). Für ein weiteres Viertel wird das erst im nächsten Jahr der Fall sein. „Ob jetzt oder später – auf Familienunternehmen kommen enorme Belastungen zu. Das sollte die Politik bei allen ihren Maßnahmen immer mitbedenken. Ansonsten wird die Wirtschaft hierzulande nicht nur stagnieren“, warnt Kirchdörfer.