Europa auf dem Weg zur E-Mobilität
jh München
Das Beratungsunternehmen Alix Partners rechnet damit, dass im Jahr 2035 in Europa 83% der neu zugelassenen Pkw rein elektrisch angetriebene Autos sein werden. Für Deutschland wird sogar ein Anteil von 96% erwartet. Der Beschluss des EU-Parlaments, dass von 2035 an nur noch Elektromobile neu auf den Markt kommen dürfen, zeigt nach Ansicht der Berater, „dass Europa im Elektromarkt auf dem Weg in eine Führungsposition ist“ – auch wenn es Ausnahmen und Kompromisse geben werde. Für die ganze Welt erwartet Alix Partners im Jahr 2035 einen Anteil der batterieelektrischen Fahrzeuge an den Neuzulassungen von lediglich 50%.
Die Entwicklung gewinne jedoch in diesem und in den kommenden Jahren an Dynamik. 2021 wurden in der Welt 6,75 Millionen reine Elektroautos verkauft – doppelt so viele wie im Jahr zuvor.
Steigende Rohstoffkosten haben für E-Fahrzeuge noch stärkere Auswirkungen als für solche mit Verbrennungsmotor. Für die zweite Gruppe haben sich die Rohmaterialpreise seit 2020 verdoppelt, wie die Berater feststellen. Für Elektrofahrzeuge hätten sie sich aber sogar verdreifacht. Diese benötigten mehr Kobalt, Nickel und Lithium.
Im Gegensatz zur Entwicklung in den vergangenen Jahren stiegen nun die Kosten für Batterien. Alix Partners empfiehlt den Autoherstellern, deshalb verstärkt darauf zu achten, Rohstoffe für die Produktion von Elektrofahrzeugen zu sichern.
Wechsel der Batterien
„Eine weitere Möglichkeit, diesem Trend entgegenzuwirken, stellen LFP-Batterien dar.“ Dieser Lithium-Eisenphosphat-Akku sei günstiger als NMC-Batterien (mit Lithium, Nickel, Kobalt und Mangan) und enthalte auch nicht Seltene Erden „aus wirtschaftlich und politisch instabilen Regionen“. Größtes Förderland ist China. Allerdings haben LFP-Batterien auch Nachteile: Sie sind schwerer und verkürzen die Reichweite der E-Mobile.
Was den Engpass an Mikrochips betrifft, rechnet Alix Partners nicht mit einer raschen Entspannung: Die Halbleiterknappheit dauere trotz höherer Produktion bis mindestens 2024. Die Fertigungskapazitäten der Chipindustrie werde nicht ausreichen, um die gesamte Nachfrage der Autoindustrie zu bedienen. Denn der Bedarf von Halbleitern in Elektromobilen steige von 2021 bis 2026 um den Faktor 10.
Die Materialengpässe und der Krieg in der Ukraine bezeichnet Alix Partners als größte Herausforderung für die Automobilbranche. Die Berater nehmen an, dass der weltweite Absatz von Fahrzeugen in diesem Jahr auf 78,9 Millionen zurückgeht – von 80,3 Millionen im vergangenen Jahr.
Am stärksten sinke die Zahl in China und Europa. Frühestens im Jahr 2024 werde die Fahrzeugproduktion das Niveau vor Beginn der Corona-Pandemie erreichen. In Deutschland wird die Lücke nach Einschätzung der Beratungsfirma auf absehbare Zeit nicht geschlossen (siehe Grafik). „Diese Zahlen spiegeln das mittel- bis langfristig veränderte Mobilitätsverhalten der Bevölkerung wider“, schreiben die Berater. Christian Siekmann, einer der Autoren, erklärt dies mit der wachsenden Bedeutung von Carsharing. Für junge Menschen sei dagegen ein eigenes Auto in der Großstadt eher ein Nachteil.