Volkswagen, Stellantis und Aston Martin

Europas Autohersteller schicken Gewinnwarnungen in Serie

Erneut rücken europäische Autohersteller von Gewinnzielen ab. Anleger gehen auf Distanz. Befürchtet werden hohe Restrukturierungslasten.

Europas Autohersteller schicken Gewinnwarnungen in Serie

Europas Autohersteller schicken Gewinnwarnungen in Serie

Volkswagen, Stellantis und Aston Martin treiben Anleger in die Flucht – Weitere Restrukturierungslasten befürchtet

ste Hamburg

Neue Gewinnwarnungen von Stellantis und Aston Martin sowie zuvor Volkswagen haben am Montag Akteure am Aktienmarkt beschäftigt. Anleger gingen beim Wolfsburger sowie beim französisch-italienischen Mehrmarkenkonzern ebenso auf Distanz wie bei dem britischen Sportkarossenbauer. Die VW-Vorzugsaktie gab in Frankfurt um bis zu 3,1% auf 94,10 Euro nach, das Stellantis-Papier in Paris in der Spitze um mehr als 15% auf 12,34 Euro. Aston Martin verloren in London zeitweise rund 28%.

Nach der zweiten Gewinnwarnung durch Volkswagen innerhalb von drei Monaten reduzierten einige Analysten zu Wochenbeginn auch Kursziele für den Titel von Europas größtem Autobauer. Berenberg etwa, die die VW-Aktie weiterhin zum Kauf empfiehlt, kürzte um 5 auf 115 Euro. Die zweite Prognosekorrektur in diesem Jahr sei erheblich, aber nach den vorherigen Gewinnwarnungen von Mercedes-Benz und BMW sowie einigen Zulieferern und der breit basierten Marktabschwächung in China, den USA und in Europa wenig überraschend. Das niedrigere Kursziel begründet die Bank mit wahrscheinlich weiterem Druck durch Restrukturierungslasten bis Jahresende.

Streik ab Dezember?

Der Autobauer hatte vor einem Monat mit Verweis auf hohe Kosten angekündigt, den Sparkurs bei der renditeschwachen Kernmarke VW Pkw, bei VW Nutzfahrzeuge und der Komponente zu verschärfen. Neben erstmaligen Werksschließungen in Deutschland stehen nach Kündigung der seit 1994 fortgeschriebenen und bislang bis 2029 geltenden Beschäftigungsgarantie durch das Management auch betriebsbedingte Kündigungen im Raum. Nach Beginn der Haustarifrunde in der vergangenen Woche dauert die Friedenspflicht noch bis Ende November.

Auch das Analyshaus Jefferies, das bei einem unveränderten Kursziel von 140 Euro weiterhin für den Kauf der VW-Aktie plädiert, erklärte nach der Gewinnwarnung, es gebe mehr Druck für eine Restrukturierung. Die Analysten schätzen die Lasten für eine Schließung von mindestens zwei Montagewerken in Deutschland und für den Abbau von 15.000 Stellen auf 3 bis 4 Mrd. Euro. Umfang, Zeitpunkt und Tempo der erwarteten anstehenden Restrukturierung seien zu kritischen Punkten für die Anlagestory geworden.

Dividendenkürzung?

Das Bankhaus Metzler, das zum Halten des Papiers rät, stufte das Kursziel für die VW-Aktie von 125 auf 115 Euro zurück. Es bestehe die Gefahr einer massiven Dividendenkürzung, um Barmittel zu sichern. VW hatte am Freitag nach Börsenschluss in Frankfurt nicht nur das operative Margenziel für 2024 von 6,5 bis 7% auf rund 5,6% gesenkt und dies vor allem mit Entwicklungen bei den Marken VW, VW Nutzfahrzeuge und der Komponente begründet, die hinter den Erwartungen zurückblieben. Der Autobauer, der ferner auf das verschlechterte wirtschaftliche Umfeld mit weiteren Risiken vor allem für die Markengruppe „Core“ verwies, hatte auch die Vorgabe für den Netto-Cashflow im Konzernbereich Automobile auf rund 2 Mrd. Euro von zuvor 2,5 Mrd. bis 4,5 Mrd. Euro sowie für die Nettoliquidität auf 36 bis 37 Mrd. Euro von zuvor 37 bis 39 Mrd. Euro reduziert.

Bei der Schweizer Großbank UBS, die bei einem Kursziel von nach wie vor 84 Euro einen Verkauf der VW-Aktie empfiehlt, hieß es, die Restrukturierung in Deutschland könnte sich als längeres Verfahren erweisen und sich 2025 nicht positiv auf Ergebnisse und freie Cashflows auswirken. Auch erwartet die UBS eine Fortsetzung des negativen Ergebnistrends der chinesischen VW-Joint Ventures. Der Marktkonsens beim erwarteten Ergebnis je Aktie 2025 könne daher mehr als 30% zu hoch liegen.

Nordamerika-Probleme

Zur Gewinnwarnung von Stellantis erklärte RBC, die Ursachen unterschieden sich von anderen Herstellern. Die kanadische Bank stuft Stellantis weiterhin mit „Outperform“ und einem Kursziel von 17 Euro ein. Der Konzern hatte die Reduzierung des operativen Margenziels 2024 auf 5,5 bis 7% von „zweistellig“ mit deutlich ausgeweiteten Restrukturierungsmaßnahmen im Nordamerikageschäft und einer Verlangsamung der globalen Branchendynamik begründet. Die geplante Normalisierung der Lagerbestände in den USA sei beschleunigt worden. Bis Jahresende und nicht im ersten Quartal 2025 werde ein Händlerbestand von höchstens 330.000 angestrebt. Dazu sollen im zweiten Halbjahr mit 200.000 doppelt so viel Fahrzeuge in Nordamerika weniger ausgeliefert werden als zuvor avisiert.

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