Stellenabbau und Ausgliederung

Evonik verpasst sich neue Struktur

Evonik stellt sich schlanker auf und baut die Organisationsstruktur um. Aus bislang vier Divisionen werden zwei. Zur Disposition stehen in Summe 7.000 Stellen. Vor allem Führungskräften geht es an den Kragen.

Evonik verpasst sich neue Struktur

Evonik verpasst sich neue Struktur

7.000 Stellen stehen zur Disposition – Verschlankung der Organisation – Aus Führungskräften werden Facharbeiter

ab Köln

Evonik stellt sich schlanker auf. Aus bislang vier Divisionen werden zwei. Auf diese werden 13 Geschäftseinheiten nach Art ihres Geschäftsmodells – prozess- versus produktgetrieben – aufgeteilt. Die zum Verkauf stehende C4-Chemie wird der Infrastruktureinheit zugeschlagen. In Summe stehen 7.000 Stellen zur Disposition.

Evonik unterzieht sich einem tiefgreifenden Organisationsumbau, der den Chemiekonzern schlanker und damit wendiger machen soll. Im Zuge der Neuaufstellung stehen 7.000 der 32.000 Stellen zur Disposition, wie mitgeteilt wird. Tatsächlich abgebaut werden wie im Frühjahr angekündigt 2.000 Arbeitsplätze, davon 1.500 in Deutschland. Daneben werden Infrastrukturgeschäfte mit 3.600 Beschäftigten verselbständigt. Deren Zukunft liegt nicht notwendigerweise unter dem Evonik-Dach. On top kommen Verkäufe. Betriebsbedingte Kündigungen sind bis 2032 ausgeschlossen.

Der eigentliche Umbau, jenseits des im Herbst 2023 aufgelegten Verschlankungsprogramms namens „Evonik Tailor Made“, betrifft die divisionale Aufstellung. Waren die bislang 14 Geschäftseinheiten auf vier Sparten verteilt, werden es vom 1. April an nur noch zwei Divisionen sein. Dabei werden in Custom Solutions die als Wachstumsgeschäfte apostrophierten Einheiten gebündelt, bei denen Kundennähe und Innovation im Vordergrund stehen. In der neuen Division Advanced Technologies werden die Einheiten zusammengefasst, die sich durch hohe Technologiekompetenz auszeichnen und bei denen Prozesseffizienz im Vordergrund steht. Die Divisionen sind mit einem Umsatz von jeweils grob 6 Mrd. Euro annähernd gleich groß.

Die in Advanced Technologies einsortierten Geschäfte stehen zuvorderst für Cashflow-Generierung. Geld, das vorzugsweise in die Wachstumssegmente fließen soll. Entsprechend will Evonik etwaige Akquisitionen künftig auf Custom Solutions konzentrieren. Dass Evonik mit dem neuen Zuschnitt die Aufspaltung des Konzerns einleitet, wies Kullmann weit von sich. Beide Segmente ergänzten sich optimal und spielten gleichermaßen wichtige Rollen für die werthaltige Entwicklung des Konzerns. Die neue Struktur ermögliche eine klarere strategische Ausrichtung und Ressourcenallokation sowie eine bessere Steuerung der Geschäfte nach ihren jeweiligen Geschäftsmodellen, heißt es.

Abbau von Hierarchieebenen

Mit dem neuen Organisationszuschnitt entfernt Evonik zugleich den Stempel Spezialchemie, den Kullmann dem Unternehmen bei seinem Amtsantritt 2017 aufgedrückt hatte. „Der Begriff ist inhaltlich mittlerweile völlig verwaschen und differenziert uns nicht mehr hinreichend bei unseren Kunden und am Kapitalmarkt“, begründete der Evonik-Chef. Nach einem neuen Label wird noch gesucht.

Die Reorganisation unter „Evonik Tailor Made“ ist dagegen in vollem Gange. Neben dem Abbau von Stellen steht vor allem die Verschlankung der Organisation – Stichwort: Bürokratieabbau – auf dem Programm. Von den 2.000 vor dem Abbau stehenden Stellen bis Ende 2026 entfallen 500 auf Führungskräfte. Weitere 1.000 Managementpositionen werden in Fachkräftefunktionen umfunktioniert. Das dient dem Zweck, die Zahl der Führungsebenen von zehn auf maximal sechs zu reduzieren. Zudem werden von den bislang 8.600 Organisationseinheiten mehr als 3.000 wegfallen.

Verkauf oder Partnerschaft

Mit Blick auf das Führungskräfte-Tableau macht Evonik nicht an den obersten Leitungsebenen Halt. Vielmehr wird der vierköpfige erweiterte Vorstand ersatzlos gestrichen. In den Ruhestand verabschieden sich Johann-Caspar Gammelin, der bislang die Division Nutrition & Care leitete, sowie Joachim Dahm, Chef der in Auflösung befindlichen Sparte Performance Materials. Er war auch für die Ausgliederung der Technologie- und Infrastrukturaktivitäten verantwortlich und hat sich mit der Erledigung der Aufgaben selbst wegrationalisiert.

„Der Carve-out der Infrastruktur in Marl und Wesseling ist im Frühherbst 2025 abgeschlossen. Danach sind wir offen für einen Verkauf oder eine Partnerschaft mit anderen Standortunternehmen“, sagte Kullmann.

Kein Zeitdruck

Die C4-Chemie als letztes in der Division Performance Materials verbliebene Geschäft wird der Infrastruktureinheit zugeschlagen und steht schon länger zum Verkauf. Die Produkte der C4-Chemie kommen in ganz unterschiedlichen Anwendungen zum Einsatz, beispielsweise als Treibmittel in Haarspray, als Weichmacher für PVC oder als Rohstoff für die Reifenproduktion. Der Geschäftsbereich, der etwa 1.000 Beschäftigte zählt, ist eines der letzten Basischemiegeschäfte im Portfolio von Evonik. Die Geschäftseinheit ist seit einem Jahr rechtlich verselbständigt, Käufer stehen jedoch nicht Schlange. Unter Zeitdruck sieht sich Kullmann jedoch nicht. „Hier wird nichts verramscht“, sagte der Evonik-Chef.

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