Finance for Future? – Der Rahmen muss stimmen!
Sustainable Finance ist in den Finanzabteilungen deutscher Unternehmen angekommen. Mehr und mehr Unternehmen nutzen bereits für ihre Investitionen in umwelt- und klimafreundliche Technologien nachhaltige Finanzierungsinstrumente wie Green Bonds oder Kredite und Schuldscheine, die an das Erreichen bestimmter Nachhaltigkeitsziele gekoppelt sind. Auch für private und institutionelle Investoren wird das Thema immer wichtiger, so dass die Nachfrage nach ESG-konformen Finanzprodukten wächst.
Doch was bedeutet Sustainable Finance konkret für die Unternehmen? In einer Studie „Unternehmensfinanzierung im Zeichen der Nachhaltigkeit“ zeigen das Deutsche Aktieninstitut und die Börse Stuttgart, wo die Unternehmen bei dem Thema stehen und wo der Schuh bei Sustainable Finance in der Unternehmensfinanzierung drückt.
Finanzchefs werden aktiv
Die Studie zeigt: CFOs und Treasury-Abteilungen greifen das Thema aktiv auf und setzen es auf ihre Agenda. So geben 95 % der befragten Finanzverantwortlichen an, dass sie mit Nachhaltigkeitsaspekten in der Unternehmensfinanzierung vertraut sind. Sie setzen gezielt Ressourcen ein, um die Finanzabteilung bei dem Thema gut aufzustellen. Acht von zehn Finanzverantwortlichen bauen die Berichterstattung aus, drei Viertel schulen ihr Personal.
Der Wandel zu Sustainable Finance ist also im Gange. Rund ein Drittel der befragten Finanzverantwortlichen hat bereits nachhaltige Finanzierungsinstrumente eingesetzt, und zwar vor allem Kredite mit Nachhaltigkeitskomponenten und nachhaltige Anleihen.
Hoher Aufwand schreckt ab
Gleichwohl sind höhere Kosten und der bürokratische Aufwand für viele Firmen abschreckend. Bei einigen nachhaltigen Finanzierungsinstrumenten sind Unternehmen beispielsweise verpflichtet, über das Erreichen von spezifischen Nachhaltigkeitszielen oder die Verwendung der Finanzierungsmittel zu berichten. Ein solches Reporting im Unternehmen aufzubauen und aktuell zu halten, bindet spürbar Zeit und Ressourcen. Neun von zehn Unternehmen, die bereits Erfahrungen mit ESG-Instrumenten gesammelt haben, halten die Reporting-Prozesse für aufwendiger als bei einer traditionellen Finanzierung. Auch dauern die Prozesse bei der Emission von ESG-Instrumenten länger als üblich, wie acht von zehn Studienteilnehmer berichten.
Ob Unternehmen nachhaltige Finanzierungen umfassend nutzen, liegt aber auch in der Hand der Politik. Schwer erfüllbare oder nicht kohärente Anforderungen schrecken Unternehmen ab. Die Dokumentationspflichten im Bereich nachhaltiger Finanzierung sollten deshalb nicht überhandnehmen, und die Berichtspflichten auf das notwendige Minimum beschränkt werden. Die Substanz und der Inhalt der Berichterstattung muss den Unterschied machen, nicht die Menge an Informationen.
Weiterhin sollte der Projektbezug des geplanten EU-Green Bond Standards gelockert werden. Der EU-Standard, der eine direkte Zuordnung der Finanzierung zu nachhaltigen Projekten verlangt, wird es vielen Unternehmen unmöglich machen, grüne Anleihen zu begeben. Sie verfügen schlicht nicht über entsprechend große Projekte wie beispielsweise Windparks. Um den institutionellen Investoren ein größeres Anlagespektrum zu bieten, sollten grüne Anleihen deshalb auch an andere Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt werden können. In Betracht kommen dafür beispielsweise die Nachhaltigkeitsstrategie oder die zukünftige Taxonomie-Berichterstattung der Unternehmen.
Eine solche Erweiterung des EU Green Bonds-Standards böte auch Emittenten mit einem anerkannt nachhaltigen Geschäftsmodell die Chance, entsprechende Anleihen für ihre Finanzierung zu nutzen. Schon jetzt gibt es andere Finanzierungsinstrumente als den Green Bond, die an Nachhaltigkeitskriterien wie beispielsweise ein Rating gekoppelt werden. Wer den EU Green Bonds-Standard als europäisches Qualitätssiegel etablieren will, sollte sich solchen Ansätzen nicht verschließen.
Alle Akteure mit einbeziehen
Die Wahl des Finanzierungsinstrumentes muss auch zukünftig das Ergebnis eines unternehmerischen Entscheidungsprozesses und der Kapitalgeber bleiben. Die Entscheidung für nachhaltige Finanzierungsinstrumente wird davon abhängen, ob die Regeln des Sustainable Finance-Marktes attraktiv und mit Augenmaß gestaltet werden. Sie müssen einen verlässlichen Rahmen und Transparenz bieten.
Unternehmen, Investoren und die Politik müssen in den Gestaltungsprozess mit einbezogen werden. Das gilt natürlich auch für die Betreiber von Börsen, die die Plattformen zur Verfügung stellen, auf denen viele der nachhaltigen Instrumente gehandelt werden. Die Erfahrung lehrt, dass sich neue Marktentwicklungen am besten im Dialog mit den Marktteilnehmern gestalten lassen. In diesen Dialog bringen sich auch die Börse Stuttgart und das Deutsche Aktieninstitut aktiv ein.