Bieterstreit geht weiter

Finanzinvestor CVC attackiert Schenker-Milliardendeal mit Rechtsgutachten

Am Mittwoch entscheidet der Bahn-Aufsichtsrat über den umstrittenen Schenker-Milliardendeal. Vor dieser entscheidenden Sitzung attackiert der Finanzinvestor CVC die Rechtmäßigkeit des Verkaufsprozesses mit einem Gutachten des renommierten Staatsrechtlers Christoph Herrmann.

Finanzinvestor CVC attackiert Schenker-Milliardendeal mit Rechtsgutachten

Eigentlich ist der milliardenschwere Verkauf der Bahn-Speditionstochter DB Schenker an den dänischen Logistikkonzern DSV schon fest vereinbart. Die Unternehmen haben am 13. September ein Memorandum of Understanding dazu unterzeichnet. Doch an diesem Mittwoch (2. Oktober), wenn der Bahn-Aufsichtsrat den Deal durchwinken soll, könnte die inklusive Schulden mehr als 14 Mrd. Euro schwere Transaktion doch noch ins Wanken geraten. Vor der entscheidenden Sitzung des Kontrollgremiums munitionieren sich Gegner und Befürworter des Deals mit diversen Rechtsgutachten, um die Rechtmäßigkeit des Transaktionsverlaufs zu untermauern oder in Frage zu stellen.

In der Auktion für den Verkauf von DB Schenker war der Finanzinvestor CVC mit seiner ebenfalls rund 14 Mrd. Euro schweren Offerte unterlegen, weil er einen Teil des Kaufpreises nicht sofort bezahlt hätte. Jetzt attackiert CVC die Rechtmäßigkeit des Verkaufsprozesses mit einem Rechtsgutachten des renommierten Staatsrechtlers Christoph Herrmann von der Universität Passau. Dem Gutachten zufolge, das der Börsen-Zeitung vorliegt, wurde CVC - anders als DSV - nach Vorlage der finalen Angebote am 22. August keine Gelegenheit zum Nachbessern mehr gegeben.

Keine Gelegenheit zur Nachbesserung

In dem 23 Seiten umfassenden Gutachten des Staatsrechtlers Herrmann heißt es auf Seite drei: „Nach Abgabe der finalen Angebote führten die DB und CVC Gespräche über das finale Angebot von CVC. In diesem Zusammenhang unterbreitete CVC der DB Vorschläge für die Konkretisierung des Angebots. Nach Kenntnis des Verfassers ging CVC mangels entsprechender Kommunikation der DB zu keinem Zeitpunkt davon aus, der DB ein grundlegend überarbeitetes und im Angebotspreis erhöhtes Angebot unterbreiten zu können.“

Und weiter: „CVC hält es für möglich, dass DSV sein Barangebot nach Ablauf der Angebotsfrist vom 22.
August 2024 auf Grundlage einer neuen Bewertung von Schenker erhöht hat. Wenn dem so
gewesen sein sollte, kann dies nach einer entsprechenden Aufforderung durch die DB erfolgt
sein oder DSV kann auf eigene Initiative ein verbessertes Angebot eingereicht haben.“

CVC hatte zuvor auch schon eine Fairness Opinion zur Bewertung der eigenen Offerte von PwC beigebracht und wird bei dem gesamten Deal von den Investmentbankern der Bank of America beraten. Als Rechtsberater für CVC war Milbank im Einsatz.

Heerscharen von Beratern

Auch der Vorstand der Bahn rund um CEO Richard Lutz und Finanzvorstand Levin Holle hat etliche Juristen engagiert. Rechtlich beraten wurde die Bahn von der Kanzlei Hengeler, die nun ein weiteres Gutachten abgibt. Die Fairness Opinion zu den Offerten von DSV und CVC fertigte Grant Thornton an, und die Bahn ließ sich von Goldman Sachs und Morgan Stanley beraten.

Eine Ablehnung des DSV-Deals im Bahn-Aufsichtsrat ist unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Zehn der 20 Mitglieder in dem paritätisch mitbestimmten Kontrollgremium sind Arbeitnehmervertreter. Der EVG-Gewerkschaftschef Martin Burkert hat sich bereits kritisch geäußert. Auch Verdi lehnt DSV wegen des befürchteten Stellenabbaus durch die Dänen eher ab. Offen ist das Abstimmungsverhalten der GDL-Mitglieder. Gelänge es jedoch einige der unabhängigen Anteilseignervertreter, die nicht direkt die Bundesregierung vertreten, auf die Seite der Deal-Gegner zu ziehen, dann müsste womöglich Aufsichtsratschef Werner Gatzer, ehemaliger Finanzstaatssekretär, das Vorhaben mit seinem Doppelstimmrecht durchdrücken.

Würde der Deal doch noch zu Fall gebracht, dann dürften Köpfe rollen. Denn die Bahn bereitet den Schenker-Verkauf seit fast zwei Jahren vor und hat erhebliche Ressourcen investiert. Kippt der DSV-Deal, müsste voraussichtlich der gesamte Transaktionsprozess neu aufgesetzt werden, um EU-Recht zu genügen.

Entsprechend verschnupft äußert sich die Deutsche Bahn: „Wie jeder verantwortungsvoll handelnde Eigentümer verkauft die DB ihre Logistik-Tochter DB Schenker am Ende eines klar strukturierten Verkaufsprozesses an die Partei, die das höchste und attraktivste Gebot gemacht hat, und das war DSV", teilt der Konzern mit. „Dazu sind wir auch verpflichtet, ansonsten läge eine rechtswidrige Beihilfe vor.“

DSV habe schon zum Zeitpunkt der Einreichung der bindenden Angebote am 22. August 2024 das höchste Angebot unterbreitet. DSV habe den Angebotspreis nach dem 22. August 2024 dann in zulässiger Weise erhöht. An der Rangfolge der eingereichten Gebote habe sich durch die Angebotserhöhung nichts geändert, DSV habe zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens bis zur Unterzeichnung des Kaufvertrages das eindeutig beste bindende Angebot abgegeben.

Die DB habe ein nach EU-Recht für alle Teilnehmer diskriminierungsfreies Ausschreibungsverfahren durchgeführt. Die Auswertung der bindenden Angebote habe eine klare Rangfolge ergeben. Deswegen habe die DB ihre Logistik-Tochter DB Schenker nur an DSV verkaufen dürfen. Eine Veräußerung an CVC wäre dagegen „auf der Grundlage des eingereichten Angebots rechtswidrig“ gewesen.

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