Umsatzrendite zu gering

Gewinn von VW bricht stärker ein als erwartet

Der operative Gewinn von Volkswagen ist im dritten Quartal stärker als erwartet eingebrochen. Der Autobauer dringt auf massive Kostensenkungen.

Gewinn von VW bricht stärker ein als erwartet

Gewinn von Volkswagen bricht stärker ein als erwartet

Höhere Fixkosten und Milliarden-Aufwand für Restrukturierungen drücken Quartalsergebnis um 42 Prozent − Konzern kürzt Dividende

Höhere Fixkosten und Rückstellungen für Restrukturierungen haben bei Volkswagen in den ersten neun Monaten des Jahres zum Rückgang des operativen Ergebnisses um gut ein Fünftel geführt. Die Finanzziele für 2024 sind nach der Gewinnwarnung Ende September aber weiter gültig.

ste Hamburg

Beim kriselnden Autobauer Volkswagen ist das operative Ergebnis im dritten Quartal um rund 42% verglichen mit dem Vorjahr auf 2,86 Mrd. Euro abgesackt. Das Unternehmen verfehlte damit den selbst erfassten Analystenkonsens von 2,93 Mrd. Euro um 2,5%. Einen weiteren Kursrutsch nach Handelsstart um 1,6% auf das neue Jahrestief von 87,50 Euro machte die Vorzugsaktie am Mittwochvormittag aber wett und legte um bis zu 2,7% auf 91,30 Euro zu. Die Quartalszahlen seien besser als befürchtet ausgefallen, so die Investmentbank Stifel, die bei einem Kursziel von 135 Euro zum Kauf des Papiers rät.

Volkswagen bekräftigte die am 27. September reduzierten Volumen- und Finanzziele für 2024, die einen Rückgang bei den Auslieferungen um etwa 2,6% auf rund 9 (i.V. 9,24) Millionen Fahrzeuge, beim Umsatz um knapp 1% auf rund 320 (322,3) Mrd. Euro sowie beim operatives Ergebnis um etwa ein Fünftel auf rund 18 (22,6) Mrd. Euro vorsehen. Die operative Umsatzrendite des Konzerns soll bei 5,6 (7)% landen.

Die Prognose impliziere für das vierte Quartal einen Umsatz von etwa 83 Mrd. Euro und eine Marge von rund 6,5%, wie das Analysehaus Warburg Research anmerkte, das die VW-Aktie bei einem Kursziel von 131 Euro zum Kauf empfiehlt.

Streik im Dezember?

Mit Blick auf das dritte und voraussichtlich schwächste Quartal im laufenden Geschäftsjahr mit einer Umsatzrendite von 3,6 (6,2)% hieß es bei Bernstein Research, der operative Gewinn im dritten Quartal habe den Konsens verfehlt, doch die Ergebnisse lieferten dem Management keine zusätzliche Munition für Argumente, dass in Deutschland Kostensenkungen in historischem Ausmaß erforderlich seien. Die Quartalszahlen wurden unmittelbar vor Beginn der zweiten Verhandlungsrunde zum VW-Haustarifvertrag veröffentlicht. Die IG Metall rief VW zu offenen Verhandlungen über die Zukunft aller zehn deutschen Standorte auf. Andernfalls werde man „die weitere Eskalation planen müssen". Streiks sind nach dem Ende der Friedenspflicht ab 1. Dezember möglich.

Konzern-Finanzchef und Chief Operating Officer Arno Antlitz zeigte sich in einer Telefonkonferenz am Mittwoch zuversichtlich, dass eine Einigung möglich sei. Über einen Streik wolle er nicht spekulieren. Zu den Vorstellungen des VW-Vorstands äußerte sich Antlitz nicht. Es müsse ein Kompromiss gefunden werden, der ermögliche, dass die Kernmarke Volkswagen Pkw 2026 das Ziel einer operativen Umsatzrendite von 6,5% erreiche. Im dritten Quartal 2024 lag die Marge bei 1,8 (i.V. 2,4)%, für die ersten neun Monate stehen 2,1 (3,4)% zu Buche.

Werke auf der Kippe

Am vergangenen Montag hatte der VW-Betriebsrat über präsentierte Pläne des Vorstands informiert, mindestens drei VW-Werke in Deutschland zu schließen, verbleibende Fabriken zu schrumpfen, Tätigkeiten ins Ausland zu verlagern oder extern zu vergeben sowie Entgelteinbußen für Werksbeschäftigte von rund 18% durchzusetzen. Bei VW in Deutschland sieht die Arbeitnehmervertretung zehntausende Arbeitsplätze gefährdet. In einer Betriebsversammlung Anfang September hatte Antlitz erklärt, verglichen mit der Zeit vor Beginn der Corona-Pandemie fehlten VW nun jährlich die Verkäufe von rund 500.000 Autos, die Verkäufe für rund zwei Werke.

Mit Blick auf den jüngsten Zwischenbericht unterstrich der Finanzchef, die Marke VW verdiene nicht ausreichend, um aus eigener Kraft in die Zukunft zu investieren. Bei einem operativen Ergebnis in den ersten neun Monaten 2024 von 1,3 (i.V. 2,1) Mrd. Euro seien in der Marke zugleich 4,9 Mrd. Euro in neue Fahrzeuge und Zukunftsprojekte investiert worden. „Im Ergebnis ist der Netto-Cashflow, also das Geld, welches tatsächlich in der Kasse hängen bleibt in der Marke, negativ.“

Kein Ausgleich durch China

China, so Antlitz weiter, könne dieses Defizit vorerst nicht länger ausgleichen. Im weltgrößten Absatzmarkt, wo VW im stark wachsenden Elektrosegment um Anschluss an die Konkurrenz ringt, fiel das anteilige operative Ergebnis der Joint Ventures im dritten Quartal um 48% auf 378 Mill. Euro. Für das Gesamtjahr 2024 erwartet man in Wolfsburg inzwischen rund 1,6 (2,6) Mrd. Euro. Der Finanzchef verwies zudem darauf, dass die Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge im dritten Quartal operativ in der Verlustzone gelandet sei und dass auch in der Komponente die Kosten nicht wettbewerbsfähig seien. „Wir müssen jetzt handeln, ein Aufschieben wäre verantwortungslos."

Die wesentlichen Geschäftskennzahlen des Konzerns, die für die ersten neun Monate einen um 4% auf 6,5 Millionen Fahrzeuge gesunkenen Absatz, einen leicht auf 237 Mrd. Euro gestiegenen Umsatz sowie ein um 21% auf 12,9 Mrd. Euro gesunkenes operatives Ergebnis zeigen, bezeichnete der Finanzchef als ernüchternd. Das Ergebnis enthält Restrukturierungsaufwendungen von 2,2 Mrd. Euro vor allem bei den Markengruppe Core und Progressive. Davon stehen 1,2 Mrd. Euro aus dem dritten Quartal im Zusammenhang mit der Restrukturierung des Audi-Werks Brüssel, wo die Autoproduktion offenbar Ende Februar 2025 eingestellt werden soll.

Rückenwind zum Jahresende

Antlitz sagte, mit einer operativen Umsatzrendite von 5,4 (6,9)% in den ersten neun Monaten liege der Konzern deutlich unter seinen Möglichkeiten angesichts erstklassiger Produkte und weltweiter Skalenvorteile. Zuversichtlich stimme der Blick auf die Produkte. Der im Vorjahresvergleich deutlich verbesserte Auftragseingang in Westeuropa im dritten Quartal gebe Rückenwind für das letzte Quartal. In Erwartung eines 2024 jedoch deutlich sinkenden Ergebnisses je Aktie avisierte der Finanzchef in der Analystenkonferenz eine geringere Dividende. An der Ausschüttungszielquote von mindestens 30% halte man fest.

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