Goldminenbetreiber

Gold profitiert kaum vom Zerwürfnis mit Russland

Gold hat als Krisengewinner ausgedient und damit auch die Aktien der Minenbetreiber, zumal deren Ergebnisse von stark steigenden Kosten – u. a. für Energie und Umweltschutz – belastet werden.

Gold profitiert kaum vom Zerwürfnis mit Russland

Von Martin Dunzendorfer,

Frankfurt

Die Flucht der Anleger in den Goldmarkt als „sicheren Hafen“ ist ein bekannter Reflex, der in der Ukraine-Krise aber kaum zu beobachten war. Ein Investor muss schon ziemlich bescheidene Ansprüche haben, wenn er in diesen hochvolatilen Zeiten nach einem Krisengewinner sucht und dann mit der jüngsten Entwicklung des Goldpreises zufrieden ist.

Beim Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar kostete eine Feinunze Gold (31,1 Gramm) 1906 Dollar; derzeit liegt der Preis bei 1915 Dollar. Das ist ein Plus von knapp 1%. Die Zuwächse bei Assets, die von der veränderten Gemengelage profitierten – etwa Aktien von Rüstungsherstellern, Produzenten erneuerbarer Energien und Anbietern von Sicherheitssoftware –, sind dagegen prozentual meist zweistellig. Gleiches gilt für Rohstoffe, bei denen Russland oder die Ukraine vor der Invasion einen größeren Weltmarktanteil hatten.

Selbst wenn Anleger den günstigsten Zeitpunkt zum Einstieg in diesem Jahr bei 1790 Dollar pro Unze Gold Ende Januar erwischt und zum Jahreshoch bei 2044 Dollar verkauft hätten, betrüge das Plus nur 14%. Verglichen z. B. mit den Monatszuwächsen der Aktien von Rheinmetall (+97%), K+S (+34%) und Nordex (+26%) ist das wenig (siehe Chart).

Im Rohstoffsektor gibt es im Vergleich zu Gold fast nur Outperformer: Während das gelbe Metall seit Jahresbeginn um 5% zulegte, stieg Rohöl der Sorte Brent um 48%, und Erdgas verteuerte sich um 38%. Die Preise für Palladium und Nickel liegen 31% und 51% fester als zu Jahresbeginn. Bei diesen Rohstoffen ist Russland ein wichtiger Anbieter. Die Ukraine ist ein bedeutender Spieler auf dem Agrarmarkt, weswegen die Preise für Weizen und Mais seit Ende 2021 um 47% bzw. 26% kletterten.

Von den Hochs aus der ersten März-Hälfte haben sich die Rohstoffpreise wieder ein ganzes Stück entfernt. Doch anders als bei Öl, Gas oder den Industriemetallen sieht es bei Gold nicht danach aus, als ob in naher Zukunft erneut spürbare Preissteigerungen möglich wären.

Hohe Umweltschutzauflagen

Etwas mehr war aufgrund der Hebelwirkung mit Papieren von Goldminenbetreibern herauszuholen – hier reichen die Kurszuwächse der Schwergewichte seit Jahresbeginn von 12 bis 27%. Doch Newmont, Barrick & Co. plagen dieselben Sorgen wie Vertreter anderer Indus­triebranchen: Ihnen laufen die Kosten davon. Relativ stärker als die Ausgaben für Ausrüstung und Personal steigen die Kosten zur Erfüllung von Umweltauflagen. Die Bergbaubranche ist immer noch eine der Indus­trien, die die Umwelt am stärksten schädigen oder zerstören. Doch die Zeiten, in denen die Minenbetreiber rücksichtslos Raubbau an der Natur treiben konnten, ohne Kompensation leisten zu müssen, sind vorbei.

Bei Newmont, dem nach Marktkapitalisierung schwersten Goldschürfer der Welt, betrugen die Gesamtkosten der Produktion einer Unze im vergangenen Jahr durchschnittlich 1062 (i.V. 1045) Dollar; der Verkaufspreis lag den Angaben zufolge im Schnitt bei 1788 (1775) Dollar. Das ist auf den ersten Blick eine beachtliche Gewinnspanne, doch nach allen Abzügen weist der US-Konzern ein um Sondereffekte bereinigtes Nettoergebnis von 2,37 (2,14) Mrd. Dollar aus; das ist ein Anstieg um knapp 11%. Der ausgewiesene Nettogewinn liegt allerdings nur bei 1,17 Mrd. Dollar; das ergibt gemessen am Umsatz von 12,22 Mrd. Dollar eine Rendite von 9,5%. Zum Vergleich: Die entsprechende Profitabilität der Bergbauriesen BHP und Rio Tinto liegt bei 31% und 33%. Zudem sank der Free Cashflow von Newmont auf 2,61 (3,59) Mrd. Dollar. Rohstoffkonzerne sind für ihre üppigen Dividenden bekannt, daher ist der Rückgang des freien Mittelzuflusses, der ein wichtiger Faktor bei der Bestimmung der Ausschüttung ist, ein negatives Signal.

Relative Ruhe bei M&A

Newmont und der Branchenzweite, die kanadische Barrick, waren lange Zeit sehr aktive Firmenakquirierer. Der letzte große Deal liegt aber fast zwei Jahre zurück. Im April 2019 gaben Newmont Mining und Goldcorp ihren Zusammenschluss zum größten Goldproduzenten der Welt bekannt. Seither war Newmont weitgehend mit der Integration des kleineren Spielers beschäftigt.

Anfang Februar teilten die US-Amerikaner immerhin mit, für 300 Mill. Dollar den Anteil des Joint-Venture-Partners Buenaventura von 43,65% an Minera Yanacocha in Peru, der größten Goldmine Südamerikas, übernehmen zu wollen. Der Preis könnte sich in Abhängigkeit von der Goldpreisentwicklung um bis zu 100 Mill. Dollar erhöhen. Newmont hält nach Abschluss des Deals 95% an dem Projekt. Den Planungen zufolge soll dort 2027 die Produktion starten; in den ersten fünf Jahren sollen in der Mine 525000 Unzen Gold jährlich gefördert werden. Die Kosten sollen zwischen 700 und 800 Dollar je Unze liegen – also erheblich unter den Durchschnittskosten im Konzern. Im Gegenzug überträgt Newmont zusätzlich zu den mindestens 300 Mill. Dollar ihren Anteil an dem Joint Venture La Zanja an Buenaventura. Newmont behält für das Projekt jedoch Lizenzen (Royalties).

Bei Barrick Gold lagen die Gesamtkosten der Produktion einer Unze 2021 im Durchschnitt bei 1026 (967) Dollar. Der Verkaufspreis lag den Angaben zufolge im Schnitt bei 1790 (1778) Dollar. Unter dem Strich weisen die Kanadier einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn von 2,07 (2,04) Mrd. Dollar aus. Das ausgewiesene Nettoergebnis liegt bei 2,02 Mrd. Dollar; das ergibt gemessen am Umsatz von 11,99 Mrd. Dollar eine Rendite von 16,9% – also 7,4 Prozentpunkte mehr als bei Newmont. Freilich ist auch bei Barrick der freie Cashflow deutlich von 3,36 Mrd. auf 1,94 Mrd. Dollar gesunken.

Analysten sind trotz der ent­täuschenden Goldpreisentwicklung überaus zuversichtlich, was die Kursentwicklung der großen Minenbetreiber angeht. Die von Bloomberg ermittelte Konsensempfehlung lautet fast durchweg auf „Kaufen“ (siehe Tabelle). Das überrascht umso mehr, als die Prognosen für die Unzenpreisentwicklung nicht gerade von Optimismus zeugen: Laut Bloomberg liegen die Mediane für 2023 bis 2025 zwischen 1650 und 1675 Dollar. Auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis für dieses Jahr und 2023 ist bei fast allen großen Goldschürfern mit Werten über 20 hoch. Aus den Gewinnprognosen für nächstes Jahr ist nicht einmal ein Aufwärtstrend herauszulesen, so dass sich die Frage stellt, woher die Research-Häuser eigentlich ihre Zuversicht für die Kursentwicklung der Goldaktien nehmen.

So eignet sich Gold bestenfalls für Anleger, die ihr Kapital – insbesondere in einer globalen Krise – vor starken Verlusten schützen wollen. Die Aktien von Goldproduzenten sind dagegen aufgrund des immanenten Hebeleffektes, durch den Entwicklungen des Goldpreises überproportional nachvollzogen werden, und des Kostendrucks auf die Minenbetreiber nur etwas für Spekulanten. Für risikofreudige Renditejäger gibt es aber weit profitablere Investmentoptionen in einer Krise, auch im Rohstoffbereich. Dafür muss nur die Antwort auf die Frage gefunden werden, wo Angebotsengpässe bzw. Nachfrageschübe entstehen könnten.

Maue Ergebnisentwicklung hält Analysten nicht von Kaufempfehlungen für hoch bewertete Goldproduzenten ab
Unternehmen (Sitz)Börsenwert (Mrd. Euro)Kurs in LandeswährungΔ in % seitJahresanfang52 Wochen-KGVe1erw. EV/Ebitda2 2022Analystenkonsens3 (Zahl der Empf.)
HochTief20222023
Newmont (USA)54,976,4223,280,7552,6025,426,410,04,0 (23)
Barrick Gold (Kanada)39,330,5927,233,5022,1721,920,58,14,5 (25)
Franco-Nevada (Kanada)27,5198,9913,8216,42152,3343,544,526,64,1 (21)
Agnico-Eagle Mines (Kanada)25,878,6317,089,9558,0125,926,110,04,7 (20)
Wheaton Precious Metals (Kanada)19,961,0812,564,6345,7534,034,023,34,8 (18)
Newcrest Mining (Australien)15,725,986,129,2720,9118,716,28,74,1 (16)
Gold Fields (Südafrika)12,82345334,7262931172614,213,06,03,6 (10)
Anglogold Ashanti (Südafrika)9,1356058,3434782135612,010,15,44,0 (11)
1) erwartetes Kurs-Gewinn-Verhältnis; 2) Unternehmenswert zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3) 5,0 = Sofort Kaufen, …, 3,0 = Halten, …, 1,0 = Sofort Verkaufen Quelle: Bloomberg, eigene BerechnungenBörsen-Zeitung
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