Energiekrise

Industrie feiert 25 Mrd. Euro Gas­subvention

Lobbyisten der energieintensiven Industrien wie Chemie und Stahl jubeln. Die geplanten Gassubventionen der Bundesregierung summieren sich auf 25 Mrd. Euro. Von derzeit 28 Cent soll der Preis auf 7 Cent die Kilowattstunde gedrückt werden.

Industrie feiert 25 Mrd. Euro Gas­subvention

cru Frankfurt – Die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission für eine Dämpfung des Anstiegs der Gaspreise schlägt vor, dass zunächst alle Gas- und Fernwärmekunden im Dezember einen staatlich geförderten Abschlag auf ihre Rechnungen erhalten. Ab März 2023 soll dann der Preisdeckel für etwa 25000 Industriekunden in Kraft treten und bei 7 Cent je Kilowattstunde liegen. Bis 2024 würden diese Subventionen für die Industrie rund 25 Mrd. Euro kosten. Zum Vergleich: Derzeit liegt der Gaspreis bei rund 28 Cent je Kilowattstunde. Der Preis würde somit um rund 75% gedrückt.

Bei europäischen Wettbewerbern deutscher Unternehmen und deren Regierungen dürfte das auf Widerstand treffen. Auch die beihilferechtliche Prüfung der Gaspreisbremse in Brüssel weckt Bedenken über eine Wettbewerbsverzerrung. Peter Rosin, renommierter Energie-Anwalt der Kanzlei Rosin Büdenbender in Essen, sagte der Börsen-Zeitung: „Die Vorschläge der Gas-Kommission werden den Praxistest bestehen müssen. Dies gilt für die nationale Umsetzung und insbesondere auch für die Vereinbarkeit mit dem EU-Beihilferecht. Gerade hier wird es intensive Diskussionen geben.“

Auch die Effektivität der Subventionen gegen die Abwanderung energieintensiver Industrien wird angezweifelt: „Die Gaspreisbremse ist als Instrument gedacht, das kurzfristige Überleben der Unternehmen sicherzustellen. Also eine Überforderung durch den extrem starken Anstieg der Energiepreise und damit eine Insolvenz zu verhindern“, sagte DZ-Bank-Chefvolkswirt Michael Holstein der Börsen-Zeitung.

„Mittelfristig unwirksam“

„Mittel- bis längerfristig werden die Energiepreise aber hierzulande deutlich höher liegen als in den Jahren bis 2021“, sagt Holstein voraus. „Daher werden sicherlich einige Produktionsprozesse, die besonders energieintensiv sind, in Deutschland nicht mehr rentabel sein.“ Die Preisdifferenz etwa zu den USA sei einfach zu groß und werde sich wohl auf absehbare Zeit nicht mehr nennenswert vermindern. Fossile Energieträger könnten nicht über längere Zeit subventioniert werden, insofern werde es „einen strukturellen Anpassungsprozess und eine Abwanderung von bestimmten Produktionsprozessen geben“. Dennoch jubelten am Montag Lobbyisten der energieintensiven Branchen mit Unternehmen wie BASF oder Thyssenkrupp über die geplanten Entlastungen. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI), der die Interessen von 1900 Unternehmen mit 220 Mrd. Euro Umsatz und 530000 Beschäftigten vertritt, begrüßte die ersten Vorschläge der Gas-Kommission. Laut VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup ist die Gaspreisbremse „ein ganz wichtiger erster Schritt, der vielen Unternehmen ein Stück weit die Zuversicht, die Krise meistern zu können, zurückgibt“. „Unsere Unternehmen sind aber doppelt belastet. Die Strompreisbremse ist jetzt der zwingend notwendige zweite Schritt, damit die Industriestruktur gesichert werden kann.“ Die Details beider Regelungen müssten schnellstmöglich ausgearbeitet werden, da die Unternehmen dringend auf Planungssicherheit angewiesen seien, so Große Entrup. Laut Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, ist der Vorschlag, die Gaspreise ab 2023 auch für die Industrie für einen Basisverbrauch zu begrenzen, „für die Unternehmen ein wichtiger Baustein, um die schwere Energiekrise in dieser Phase zu überbrücken“. „Es gilt zu verhindern, dass dauerhafte Schäden an der industriellen Basis entstehen.“ Zugleich müsse eine Gasmangellage vermieden werden. „Jetzt geht es darum, die Maßnahmen schnell politisch umzusetzen.“ Es komme für die Unternehmen zudem entscheidend auch auf eine wirkungsvolle Strompreisbremse an.

„Zu spät und zu wenig“

Kritisch äußert sich Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks: „Das große Manko der Vorschläge ist, dass die Entlastungen viel zu spät greifen und sich – sollte an der angedachten Zeitachse festgehalten werden – für energieintensive Handwerksbetriebe und Mittelständler eine deutliche Entlastungslücke auftut.“ So werde der Gaspreisdeckel viel zu spät kommen, ergänzt er. Die Einmalzahlung im Dezember sei für viele energieintensive Handwerksbetriebe nur ein Tropfen auf den heißen Stein und werde keinesfalls ausreichen, um die Existenz und damit Arbeitsplätze zu sichern, so seine Bedenken.

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