KKR steigt in die deutsche Cloud ein
cru Frankfurt
Der US-Finanzinvestor KKR übernimmt die Mehrheit beim Cloud-Infrastruktur- und Hosting-Anbieter Contabo, dessen Dienste vor allem von kleineren Unternehmen, Entwicklern und Spielern genutzt werden. Laut Finanzkreisen wird das Unternehmen aus München bei der Transaktion mit rund 800 Mill. Euro bewertet. Beraten wurde Contabo bei dem Deal von der Londoner Investmentboutique Arma Partners.
Der bisherige Mehrheitseigentümer, das britische Private-Equity-Haus Oakley Capital, behält eine Minderheitsbeteiligung – ebenso wie das Management und die Hosting-Unternehmer Thomas Strohe, Jochen Berger und Thomas Vollrath.
Contabo ist ein schnell wachsender Cloud-Infrastruktur-Anbieter. Für 2021 prognostizierte Contabo einen bereinigten operativen Gewinn (Ebitda) von rund 21 Mill. Euro und einen Umsatz von rund 44 Mill. Euro, wie aus dem Prognosebericht im Jahresabschluss für 2020 hervorgeht, der im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Mit einem Netzwerk von 23 Rechenzentren in Europa, den USA und Asien bedient Contabo 250000 Kunden aus diversen Branchen in 150 Ländern.
Die strategische Partnerschaft mit KKR soll es Contabo ermöglichen, verstärkt in die Infrastruktur zu investieren und durch den Ausbau des Produktportfolios sowie internationaler Präsenz organisch zu wachsen. Das Unternehmen profitiere von strukturellen Trends wie der Digitalisierung von mittelständischen Unternehmen, der Migration zu cloudbasierten Infrastrukturen und der zunehmenden Popularität von Community-basierten Spielen.
Wachsender Markt
Laut Contabo-Chef Thomas Noglik soll die Partnerschaft mit KKR es ermöglichen, „unseren globalen Fußabdruck zu vergrößern“. Nach Ansicht der KKR-Manager Jean-Pierre Saad und Laura Schröder hat „die Nachfrage nach zuverlässigen Cloud-Infrastrukturdiensten in den letzten Jahren erheblich zugenommen und wird auch in absehbarer Zukunft weiter steigen“.
Zu den bisherigen Tech-Investitionen von KKR zählen unter anderem Körber Supply Chain Software, Cegid, Exact Software, Darktrace, Onestream und Box. Die Investition in Contabo baut auf bisherigen Erfahrungen in der globalen Cloud-Infrastrukturbranche auf. Dazu zählen unter anderem die KKR-Beteiligungen an OVHCloud, Cloudera, Ensono und Godaddy.
Zu den Wettbewerbern in Deutschland zählt die 1&1-Tochter Ionos, die der Mobilfunkanbieter zusammen mit dem Finanzinvestor Warburg Pincus an die Börse bringen will. Als europäischer Marktführer gilt die nordfranzösische Firma OVH aus Roubaix, deren Börsengang im Oktober 2021 erfolgreich 350 Mill. Euro einspielte.
Cloud- oder Webhosting-Firmen stellen Speicherplatz, Software und Rechenkapazität bereit, und sie beherbergen Webseiten auf ihren Servern. Die Nachfrage nach diesen Dienstleistungen und Kapazitäten ist durch die Pandemie angeheizt worden, weil die Schließung von Büros und Schulen zu Homeoffice und virtuellem Unterricht zwang.
Nach Berechnung des Analysehauses Statista wird der Umsatz mit Webhosting in Deutschland 2022 bei rund 3,7 Mrd. Euro liegen. Es wird erwartet, dass der Umsatz bis 2027 eine jährliche Wachstumsrate von 10,8% aufweist, was zu einem prognostizierten Marktvolumen von 6,1 Mrd. Euro im Jahr 2027 führt. Die durchschnittlichen Ausgaben je Arbeitnehmer im Segment Web Hosting liegen im Jahr 2022 voraussichtlich bei 84,30 Euro.
Mehr Kunden
Oakley hatte 2019 die Kontrolle über Contabo von den Gründern übernommen. Laut Jahresabschluss, der von Deloitte geprüft wurde, lag der Umsatz 2020 bei 33,6 Mill. Euro, während der bereinigte operative Gewinn (Ebitda) auf 17,5 Mill. Euro kletterte – was einem Anstieg um ein Drittel entsprach. „Dieser Anstieg (beim Umsatz) resultiert im Wesentlichen aus der steigenden Anzahl an Kunden“, stellte CEO Noglik fest.