Krieg in der Ukraine stoppt Börsenplan von ProSiebenSat.1
jh München
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine trifft ProSiebenSat.1 bisher nicht im Werbegeschäft, stoppt aber vorerst den Plan für den Börsengang der Online-Dating-Tochterfirma Parship Meet Group. „Wir sind maximal vorbereitet und würden es gern machen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Rainer Beau-jean in der Bilanzpressekonferenz. Der Markt lasse eine „wertschaffende Transaktion“ derzeit jedoch nicht zu.
Beaujean deutete an, dass es in einem aufgehellten Umfeld drei bis vier Monate bis zu einem Initial Public Offering (IPO) dauern könnte. Von den Banken, die den Schritt begleiten würden, hieß es im vergangenen Herbst, der Börsengang des mit 4 bis 5 Mrd. Euro bewerteten Unternehmens werde für das erste Halbjahr 2022 angestrebt. Beaujean bekräftigte, dass ProSiebenSat.1 zumindest vorerst den Anteil von 55% behalten werde. Der Finanzinvestor General Atlantic wird seinen Anteil von 45% mit einem IPO voraussichtlich verkaufen.
Für das Werbegeschäft von ProSiebenSat.1 hat der Angriff Russlands auf die Ukraine bisher keine Folgen. Kunden hätten Buchungen bisher nicht storniert, große Einbußen seien derzeit nicht zu erwarten, berichtete Beaujean.
Er erinnerte daran, dass das Unternehmen als Frühzykliker 2020 die Folgen der Corona-Pandemie sofort gespürt habe. „Die Vergangenheit zeigt aber auch, wir kommen schnell wieder heraus“, fügte der Vorstandschef hinzu.
Im Lauf des vergangenen Jahres habe sich das Werbegeschäft schneller und stärker als erwartet von den Auswirkungen der Pandemie erholt, berichtete Finanzvorstand Ralf Gierig. 2021 stiegen die Werbeerlöse des größten Geschäftssegments Entertainment um 11%. Verglichen mit 2019 waren es 2% mehr. Die Gruppe blieb damit an erster Stelle im deutschen Fernsehwerbemarkt (siehe Grafik), auch wenn ihr Anteil nach 37,8% im Vorjahr leicht zurückging.
Prognose mit Schwankungen
Für dieses Jahr plant der Vorstand mit stagnierenden und bestenfalls um 3% steigenden Werbeerlösen. Deshalb wird die Prognose für den Konzernumsatz von 4,6 Mrd. Euro um eine Schwankungsbreite von plus/minus 100 Mill. Euro ergänzt. 2021 betrug der Erlös währungs- und portfoliobereinigt gut 4,4 Mrd. Euro. Mögliche Folgen des Kriegs in der Ukraine seien nicht enthalten, sagte Beaujean. Für das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erwartet der Vorstand 840 (i.V. bereinigt: 825) Mill. Euro und eine Abweichung von maximal plus oder minus 25 Mill. Euro.
Den Aktionären wird auf der Hauptversammlung am 5. Mai eine Dividende von 80 (49) Cent je Aktie vorgeschlagen. Das spiegelt den Anstieg des bereinigten Nettogewinns 2021 um 64% auf 362 Mill. Euro wider. Für dieses Jahr wird ein stabiles oder leicht höheres Nettoergebnis in Aussicht gestellt.
Beaujean wies darauf hin, dass die Gruppe – dank des Ausbaus des Online-Geschäfts – den Umsatzanteil der klassischen Werbung innerhalb von zehn Jahren auf etwa 40% halbiert hat. Der Anteil am Konzernergebnis ist allerdings noch wesentlich höher, auch wenn der Vorstand diesen nicht beziffert. Am bereinigten Ebitda von 840 Mill. Euro hatte das Segment Entertainment mit 698 Mill. Euro den weitaus größten Anteil (siehe Tabelle). Dazu wiederum tragen die Werbeerlöse den überwiegenden Teil bei.
Schwierig sei weiterhin im Segment Commerce & Ventures das Geschäft des Verbraucherportals Verivox, berichtete Beaujean. Wegen der hohen Energiepreise lohnt sich ein Wechsel des Strom- oder Gasanbieters kaum noch.
ProSiebenSat.1 | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2021 | 2020 |
Umsatz | 4 494 | 4047 |
Ebitda | 804 | 801 |
Unterhaltung 1 | 698 | 561 |
Dating 1 | 119 | 80 |
Commerce 1 | 50 | 84 |
Ebit | 553 | 553 |
Finanzergebnis | 54 | – 183 |
Nettoergebnis 2 | 449 | 267 |
Freier Cashflow | 289 | 120 |
Nettofinanzschulden | 1 852 | 1 968 |
1) ohne Sondereffekte; 2) den Aktionären zugerechnet Börsen-Zeitung |