Umfrage

Krieg verunsichert Finanzchefs

Die Rückkehr zur Normalität ist vertagt. Der Krieg rückt plötzlich andere Themen wie geopolitische Gefahren und Inflationssorgen in den Vordergrund. Das ergibt die jüngste CFO-Umfrage von Deloitte.

Krieg verunsichert Finanzchefs

ab Köln

Der Krieg in der Ukraine hat mit so mancher Gewissheit aufgeräumt, gerade in der Wirtschaft. Die Konjunktur- und Geschäftsaussichten der Unternehmen sind im Vergleich zum Herbst 2021 eingebrochen, wie aus der Frühjahrsumfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte hervorgeht. Besonders skeptisch werden von den mehr als 140 befragten Finanzvorständen die Themen Inflation und Lieferkettenproblematik eingeschätzt.

Bemerkenswert ist der Absturz mit Blick auf die Geschäftsaussichten. Hatten im Herbst 2021 nur 17 % der Befragten die Perspektiven für ihr Unternehmen schwächer eingeschätzt als drei Monate zuvor, sind es aktuell 52 %. Damit ist der Pessimismus zwar noch nicht ganz so groß wie kurz nach Ausbruch der Pandemie im ersten Halbjahr 2020. Das Ausmaß des Stimmungsumschwungs war jedoch nie größer.

„Mit den vielschichtigen Folgen des Konflikts, den anhaltenden Störungen der Lieferketten und der gestiegenen Inflation ändert sich auch die Risikolandschaft für Unternehmen fundamental“, fasst Alexander Börsch, Chefökonom von Deloitte die Ergebnisse zusammen.

Der Stimmungseinbruch betrifft die Branchen in unterschiedlichem Maß. Besonders prononciert fällt der Absturz in der Autoindustrie aus. Dort nehmen 83 % der Befragten schlechtere Geschäftsaussichten wahr. Auch in der Konsumgüterindustrie (73 %) und im Maschinenbau (59 %) dominiert der Pessimismus. Ganz grundsätzlich ist das verarbeitende Gewerbe von den Folgen des Kriegs in der Ukraine am härtesten getroffen, allen voran von den hohen Energiepreisen und der Rohstoffknappheit.

Sorge um Gasversorgung

Entsprechend schätzen acht von zehn CFOs im verarbeitenden Gewerbe die Unsicherheit als hoch bzw. sehr hoch ein. Mit dem Risiko steigender Kosten sehen sich nahezu alle Branchen konfrontiert. Mittlerweile zählen für zwei Drittel der CFOs geopolitische Risiken und steigende Energiekosten zu den Top-Risiken in den nächsten zwölf Monaten. Zudem erwartet die Mehrheit der Befragten, dass der Krieg auch langfristige politische und wirtschaftliche Folgen haben wird und durch eine verstärkte politische Blockbildung den internationalen Handel gefährden könnte.

Im Zusammenhang mit dem Krieg werden rasant steigende Gaspreise (45%) und eine mögliche Unterbrechung der Gasversorgung (42 %) ausgemacht. Steigenden Ölpreise werden dagegen nur von 27 % als hohes Risiko eingestuft. Größere Sorgen bereitet vielmehr der mit dem Krieg einhergehende Inflationsanstieg (38 %). Risiken von den Absatzmärkten spielen für die CFOs dagegen kaum eine Rolle. Um mit den schwer kalkulierbaren Kriegsfolgen umzugehen, haben fast drei Viertel der Befragten Analysen der Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb sowie auf Drittparteien durchgeführt. 71 % ergreifen zusätzliche Maßnahmen gegen IT- und Cyberrisiken, werden Cyberattacken seit Kriegsausbruch doch als hohes Risiko angesehen.

Zwar wird auch der Fachkräftemangel weiterhin als hohes Risiko eingestuft, verliert jedoch in Relation zu den mit dem Krieg verbundenen Themen an Bedeutung. Das dürfte auch daran liegen, dass die gestiegenen Inflationserwartungen die Investitions- und Beschäftigungsabsichten spürbar dämpfen. So hat sich die durchschnittliche Inflationserwartung für die nächsten zwölf Monate ausgehend von 3,1 % im Herbst 2021 auf 6,1 % nahezu verdoppelt.

Lieferschwierigkeiten sind da­ge­gen schon heute ein handfestes Problem. Knapp 60 % der befragten Unternehmen sind mit Unterbrechungen in den Lieferketten konfrontiert. Dabei bereiten vor allem hohe Transport- und Rohstoffkosten Kopfzerbrechen. Hoffnung auf eine schnelle Entspannung der Situation besteht kaum. Nur 5 % gehen davon aus, dass die Lieferketten noch in diesem Jahr wieder normal funktionieren werden. Verfestigt haben sich die Lieferkettenprobleme vor allem in der Konsumgüter- und der Autoindustrie. Um sich für die Zukunft widerstandsfähiger zu machen, setzen die Unternehmen vor allem auf die Diversifizierung ihrer Lieferanten und Vertriebswege (52 %). Für fast die Hälfte der Finanzchefs spielt auch die Erhöhung der Lagerbestände eine Rolle. Dagegen kommt die Verlagerung von Produktionsstandorten für die meisten Unternehmen (noch) nicht in Betracht. Nur 13 % stellen Überlegungen in diese Richtung an.

Zudem erfordert das volatile Geschäftsumfeld ein Umdenken in der Unternehmenssteuerung. Die Budgetplanung rückt dabei in den Mittelpunkt. 52 % der Befragten geben an, dass die klassische jährliche Budgetplanung den Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Das höchste Optimierungspotenzial wird in strukturellen Prozessänderungen gesehen.

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