Mediaset stockt Anteil an ProSiebenSat.1 auf
bl/jh Mailand/München
Der italienische Medienkonzern Media for Europe (MFE), besser bekannt unter seinem früheren Namen Mediaset, hat seine Stimmrechte an der deutschen ProSiebenSat.1-Gruppe von 21,05 auf 21,61% erhöht. Davon hält Mediaset España 11,46% und die Holding Media for Europe NV 10,15%. Mit anderen Finanzinstrumenten kontrolliert das italienische Unternehmen insgesamt 23,9% der deutschen Senderkette. Das teilte MFE der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit.
Es wird erwartet, dass die Italiener weitere Derivate in Aktien umwandeln. MFE kann bis auf 29,9% aufstocken – ohne ein Übernahmeangebot vorlegen zu müssen. Ob der Medienkonzern darüber hinausgehen will und womöglich eine Übernahme plant, ist unklar. MFE, das von der Familie des früheren Premierministers Silvio Berlusconi kontrolliert wird, hat kürzlich den juristischen Firmensitz in die Niederlande verlegt und strebt die Bildung einer europäischen Free-TV-Senderfamilie an mit der Aktivität in Spanien und Italien, ProSiebenSat.1 und womöglich Sendern in Frankreich und Großbritannien, an denen Interesse bekundet worden ist.
Der Aufsichtsratsvorsitzende von ProSiebenSat.1, Werner Brandt, und dessen Wunschnachfolger, Andreas Wiele, wollen in den nächsten Wochen ein Gespräch mit MFE führen. Das sei aber nichts Besonderes, da sich der Aufsichtsratschef jedes Jahr im Januar und Februar auf einer Roadshow mit den rund zehn größten Aktionären austausche, ist in München zu hören. Dass Wiele dabei sei, gebiete die Höflichkeit. Im Umfeld von MFE heißt es, man sei immer offen für Gespräche und warte auf konkrete Vorschläge.
Der ehemalige Axel-Springer-Vorstand Wiele ist der bevorzugte Kandidat von ProSiebenSat.1 für die Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden nach der Hauptversammlung am 5. Mai. Vor wenigen Tagen wurde Wiele vom Gericht zum Mitglied bestellt. Wegen der Pandemie finden die Gespräche mit den Investoren in Videokonferenzen statt. Die Einladung für die Hauptversammlung kündigt ProSiebenSat.1 für den 28. März an. Danach können Aktionäre in Gegenanträgen eigene Kandidaten für die Aufsichtsratswahl vorschlagen.
Im November des vergangenen Jahres hatte der italienische Großaktionär die Absicht verbreitet, den Vertrag von Vorstandschef Rainer Beaujean nicht verlängern und drei „unabhängige Experten“ in den Aufsichtsrat entsenden zu wollen. Zu Beginn dieser Woche kündigte MFE in einer Pflichtmitteilung an, gegebenenfalls über eigene Wahlvorschläge zu entscheiden. Das sei abhängig von den Empfehlungen des Aufsichtsrats. Dazu zählt neben Wiele der frühere RTL-Chef Bert Habets, der jetzt den griechischen Medienkonzern Antenna leitet.
Was Vorstandschef Beaujean angeht, hat der Aufsichtsrat, in dem MFE noch nicht vertreten ist, im Dezember des vergangenen Jahres Fakten geschaffen. Wie berichtet, wurde Beaujeans Vertrag um fünf Jahre bis Juni 2027 verlängert. Zudem wurde seine Position vom Sprecher des Vorstands zum Vorsitzenden aufgewertet.
Skepsis gegen Verbundidee
Was Beaujeans Haltung zu MFE betrifft, hat sich dem Vernehmen nach nichts geändert. Beaujean sei nicht prinzipiell gegen eine engere Kooperation mit MFE und offen für deren Vorschläge. Nur kenne er nach wie vor kein Konzept der Italiener. Zudem ist er skeptisch mit Blick auf Synergien, da sich das Programm von ProSiebenSat.1 auf lokale und Live-Inhalte im deutschsprachigen Gebiet konzentriere. Das lasse sich nicht auf den italienischen Markt übertragen und umgekehrt auch nicht, heißt es.
Wertberichtigt Seite 6