Italien

Meloni will bei Konzernen mitreden

Die sich hinziehende Regierungsbildung blockiert die Lösung zentraler unternehmenspolitischer Fragen in Italien. Es geht um die Zukunft von Telecom Italia und ITA Airways.

Meloni will bei Konzernen mitreden

bl Mailand

Die Bildung einer neuen Regierung unter der wahrscheinlichen Leitung von Giorgia Meloni verzögert die Lösung einiger dringender unternehmenspolitischer Fragen im Land. Es geht um die Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS), um die Privatisierung der Staatsairline ITA Airways und eine Neuordnung bei Telecom Italia (TIM).

Während sich MPS-CEO Luigi Lovaglio um eine Kapitalerhöhung bei der Bank bemüht, verzögern sich die Verhandlungen des mit Delta Air Lines und Air France-KLM verbündeten US-Investors Certares über den Erwerb einer knappen Mehrheit von 50,01% an ITA Airways. Brüssel verlangt als Preis für riesige Staatshilfen in der Vergangenheit für ITA-Vorgänger Alitalia sowie neue Hilfen für ITA eine Privatisierung.

Die geschäftsführende Regierung Draghi hatte Ende August überraschend Certares den Vorzug gegenüber der Allianz aus der Reederei MSC und der Lufthansa gegeben. Als ein entscheidender Grund dafür gilt, dass die Amerikaner Rom nicht nur 49,99% der Anteile gewähren, sondern auch sehr großen Einfluss in der Unternehmensführung und der Besetzung von Schlüsselpositionen.

Dennoch ist es zu Verzögerungen gekommen. Denn Meloni legt großen Wert auf die Verteidigung des „Made in Italy“. Sie will Übernahmen durch ausländische Unternehmen möglichst verhindern und auch bei der ITA-Privatisierung mitreden, wie ihr Parteifreund Fabio Rampelli sagte.

Dem Vernehmen nach will sie prüfen, ob auch eine italienische Lösung möglich wäre, Certares wirklich der beste Partner ist und welche Rolle Delta und Air France-KLM spielen. Dabei drängt die Zeit. Wegen des stark gestiegenen Kerosinpreises geht ITA Airways langsam das Geld aus. Die Fluggesellschaft hat die Steuerzahler seit 1974 etwa 14,5 Mrd. Euro gekostet, und wenn nicht bald eine Lösung kommt, die jedoch nicht vor Antritt der neuen Regierung zu erwarten ist, muss Rom wohl weiter nachschießen.

Noch komplizierter ist die Lage bei TIM. Das Unternehmen steckt in Schwierigkeiten und ist hoch verschuldet. Draghi und TIM-CEO Piet­ro Labriola wollen das Festnetz aus den restlichen Aktivitäten herauslösen und mit der über die Staatsbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) mehrheitlich staatlichen Festnetzgesellschaft Open Fiber zu einem staatlich dominierten Monopolisten zusammenlegen. Das Dienstleistungsgeschäft soll privat bleiben. Doch die Frage ist, ob das Projekt tragfähig ist, auf wen die hohen Schulden übertragen werden und ob private Aktionäre wie TIM-Anteilseigner Vivendi (23,9 %), die schon viel Geld verloren haben und weiter verlieren können, mitziehen sowie ob die Lösung kartellrechtlich trägt. Fraglich ist auch, ob das Modell für den Dienstleistungssektor, der vor allem im Mobilfunksektor sehr wettbewerbsintensiv ist, wirtschaftlich ist.

Rom verfügt über Mitspracherechte über eine Goldene Aktie, und auch hier dürfte Meloni ein gewichtiges Wort mitreden wollen. Sie soll für eine vollkommene staatliche Übernahme des Telekommunikationskonzerns TIM durch die CDP sein, doch das könnte die Bank ohne eine Kapitalerhöhung nicht stemmen. Auch bei TIM verzögert die Regierungsbildung Fortschritte. Das könnte teuer für die Steuerzahler werden.

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