Prognose von Siemens Energy wackelt
jh München
Siemens Gamesa gefährdet die Jahresprognose des Mehrheitsaktionärs Siemens Energy. Der Hersteller von Windkraftanlagen meldete am späten Dienstagabend einen vorläufigen Quartalsverlust von 304 Mill. Euro vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten. Eine Stunde später folgten vorläufige Zahlen von Siemens Energy und die Ankündigung, der Vorstand überprüfe die Konzernprognose für das Geschäftsjahr 2021/22 (30. September).
Siemens Gamesa berichtete von ernsten Schwierigkeiten mit Produkten und Projekten, vor allem bezogen auf die neue Windturbine der sogenannten 5.X-Plattform. Schon im Februar hatte das Unternehmen Projektverzögerungen und technische Mängel zugegeben. Der Hochlauf sei komplexer als angenommen, heißt es nun. Hinzu kämen zunehmend schwierige Marktbedingungen. Siemens Gamesa nennt die gestiegenen Kosten für Energie, Rohstoffe und Transport sowie Engpässe in Häfen und in der Versorgung mit Komponenten für die Turbinen. Zudem zögerten Kunden mit Investitionsentscheidungen. Folge von allem zusammen sei ein sehr niedriger Auftragseingang des Geschäfts mit Windkraftanlagen an Land.
Jochen Eickholt, seit Anfang März der Vorstandsvorsitzende von Siemens Gamesa, sagte, aus den Problemen würden nun Schlussfolgerungen gezogen: „Als Managementteam setzen wir diese Erkenntnisse in ein Programm um, das uns schnell wieder auf den Weg zu Rentabilität und der führenden Position in der Branche bringen kann.“
Siemens Energy hatte Andreas Nauen nach nur eineinhalb Jahren als Vorstandschef von Siemens Gamesa abgesetzt und den bisherigen Energy-Vorstand Eickholt berufen. Eickholt hat sich im Siemens-Konzern schon mehrmals als Sanierer bewährt.
Die Aktienkurse von Siemens Energy und Siemens Gamesa starteten am Mittwoch mit deutlichen Abschlägen, holten später aber auf. Gamesa beendete den Xetra-Handel mit einem Tagesgewinn von 4,3% auf 15,95 Euro. Für Energy stand letztlich ein Abschlag von 1,6% auf 19,26 Euro fest.
Verkauf von Projekten
Positiv nahmen Analysten die Pläne von Siemens Gamesa auf, Onshore-Windprojekte in Spanien, Frankreich, Italien und Griechenland mit einer Gesamtkapazität von 3,9 Gigawatt für 580 Mill. Euro zu verkaufen. Erwerber ist das britische Unternehmen SSE Renewables. Die Transaktion soll bis Ende September abgeschlossen sein. Den Verkauf hatte der Vorstand Anfang Februar in Aussicht gestellt. Im Markt wurde bisher mit einem deutlich geringeren Erlös als die 580 Mill. Euro gerechnet. Eickholt sprach nun von einem sehr starken Interesse für das Portfolio.
Mit dem Verkaufserlös und einem Ebit-Beitrag, der leicht unter den 580 Mill. Euro liege, strebt der Vorstand von Siemens Gamesa an, die Prognose für dieses Geschäftsjahr trotz der Schwierigkeiten zu erreichen. Demnach soll der vergleichbare Umsatz um 2 bis 9% sinken und die bereinigte Ebit-Marge bei –4%, dem unteren Ende der zunächst angepeilten Spanne von −4 bis +1% liegen. Für das zweite Quartal nannte das Unternehmen einen Umsatz von 2,2 (2,34) Mrd. Euro.
Der Umsatz von Siemens Energy stieg von Januar bis März auf 6,58 (6,48) Mrd. Euro. Auf vergleichbarer Basis ergibt sich jedoch ein Rückgang von 1,7%. Das operative Ergebnis (angepasstes Ebita) verschlechterte sich auf −77 (197) Mill. Euro. Im Gegensatz zu Gamesa schnitt das Geschäft mit konventionellen Kraftwerken (Gas and Power) gut ab: Dessen Umsatz stieg vergleichbar um gut 3% auf 4,4 Mrd. Euro, das angepasste Ebita auf 234 (170) Mill. Euro.
Wertberichtigt Seite 6