Börsengang

Sensetime verschiebt IPO an Hongkonger Börse

Nur wenige Tage vor dem Börsengang verschiebt Sensetime ihren Handelsstart. Vor wenigen Tagen war das Unternehmen auf einer Sanktionsliste des US-Finanzministeriums gelandet.

Sensetime verschiebt IPO an Hongkonger Börse

nh Schanghai

Der kontroverse Börsengang des chinesischen Technologiekonzerns Sensetime Group ist wenige Tage vor dem geplanten Handelsstart in Hongkong wieder abgeblasen und auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Sensetime, ein Spezialist für Gesichtserkennungstechnologie und andere Anwendungen von künstlicher Intelligenz (KI), war vom US Treasury Department auf eine Sanktionsliste gesetzt worden, die bereits Dutzende von privaten chinesischen Firmen umfasst, die nach Ansicht Washingtons einem militärisch-industriellen Komplex an­gehören, den Chinas Staatsführung mitsteuert.

Sensetime, die für ihr Initial Public Offering (IPO) ursprünglich eine Kapitalaufnahme von bis zu 2 Mrd. Dollar im Visier hatte, musste sich vor allem vor dem Hintergrund der wachsenden Marktunsicherheiten bezüglich chinesischer Technologiefirmen in diesem Jahr letztlich mit einer wesentlich schmaleren Offerte über maximal 768 Mill. Dollar begnügen. Nun aber betont Sense­time, dass man einen zusätzlichen Annex zum Emissionsprospekt erstellen wolle, um die neue Situation zu reflektieren, und dann einen neuen Zeitplan für das Listing erarbeite.

Die Ankündigung des US-Finanzministeriums erfolgte just an dem Tag, an dem Sensetime und ihre Emissionsbegleiter China International Capital Corp. (CICC), Haitong Securities und HSBC Holdings den endgültigen Emissionspreis festzurren wollten. Gleichzeitig fiel sie auf den Internationalen Menschenrechtstag, so dass das Timing eine politische Handschrift trägt. Washington begründet die Maßnahme damit, dass Sensetime durch Überwachungstechnologie auf Basis von Gesichtserkennungssoftware einen Beitrag zu Chinas Repressalien gegenüber der ethnischen Minderheit der Uiguren leistet. In der Mitteilung von Sensetime heißt es, dies sei ein fundamentales Missverständnis der US-Behörden, mit dem die Gesellschaft ungerechtfertigterweise in den Disput zwischen den USA und China mithineingezogen werde.