Ölkonzerne

Shell erhöht Dividende trotz Milliardenverlust

Royal Dutch Shell hat für das Pandemie-Jahr 2020 einen Verlust von 21,7 Mrd. Dollar ausgewiesen und sich damit einem Branchentrend angeschlossen. Das Schlussquartal des Ölkonzerns blieb hinter den Markterwartungen zurück, sowohl beim Ergebnis als auch beim Cash-flow. Gleichwohl kündigte das Management eine Erhöhung der Quartalsdividende um 4 % an.

Shell erhöht Dividende trotz Milliardenverlust

hip London

Am Ende hat Royal Dutch Shell die Royal Bank of Scotland doch nicht übertroffen, obwohl manche in der City schon befürchtet hatten, der BP-Rivale würde für das Pandemiejahr 2020 den größten Jahresverlust ausweisen, den es in der britischen Unternehmensgeschichte je gegeben hat. Die Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung von Sars-CoV-2 hatten die Kraftstoffnachfrage einbrechen lassen. Das FTSE-100-Schwergewicht wies einen den Aktionären zuzurechnenden Verlust von 21,7 Mrd. Dollar aus. Im Vorjahr hatte an dieser Stelle noch ein Überschuss von 15,8 Mrd. Dollar gestanden.

Branche unter Druck

Shell liegt damit im Branchentrend. BP hatte am Dienstag einen Verlust von 18,1 Mrd. Dollar gezeigt, das erste Minus in einem Jahrzehnt. ExxonMobil machte 22,4 Mrd. Dollar Verlust. Auch Chevron und ConocoPhillips schrieben rote Zahlen. Allerdings handelt es sich bei einem Großteil der Verluste um Papiergeraschel – Wertberichtigungen auf Öl- und Gasfelder auf Grundlage veränderter Annahmen zur Ölpreisentwicklung. Zudem fielen sie zumeist schon im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres an. Doch auch das Schlussquartal fiel schwächer als erwartet aus. Der bereinigte Überschuss zu Wiederbeschaffungskosten ging auf 0,39 (i.V. 2,93) Mrd. Dollar zurück. Analysten hatten auf dieser Ebene, auf der Gewinne durch den steigenden Wert von Lagerbeständen nicht berücksichtigt werden, im Schnitt knapp 0,60 Mrd. Dollar angesetzt. Wegen des schwachen Cash-flows stieg die Nettoverschuldung in den drei Monaten um 1,9 Mrd. auf 75,4 Mrd. Dollar. Für das laufende Quartal geht das Management davon aus, dass die „signifikante Ungewissheit“ der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung fortbesteht und sich negativ auf die Nachfrage nach Öl, Gas und verwandten Produkten auswirkt.

CEO Ben van Beurden sprach von einem „außerordentlichen Jahr“. Doch komme man mit einer stärkeren Bilanz aus ihm heraus. „Wir fühlen uns unserer progressiven Dividendenpolitik verpflichtet und erwarten, dass wir unsere Dollar-Dividende für das erste Quartal um 4% erhöhen können.“ Die Energiekonzerne hoffen, dass der Beginn von Massenimpfungen gegen das Coronavirus schon bald eine Rückkehr zur Normalität ermöglichen wird. Geht es nach dem Internationalen Währungsfonds (IWF), wird der Ölpreis im laufenden Jahr im Schnitt bei 50 Dollar pro Barrel (159 Liter) liegen. Das wäre ein Fünftel mehr als im vergangenen Jahr. Doch künftig wird es darauf ankommen, wie erfolgreich die großen Konzerne dabei sind, die Themen Energiewende, Nachhaltigkeit und ESG zu bewerkstelligen. Shell erwarb zuletzt Ubitricity, den Betreiber des größten britischen Netzes von Ladestationen für Elektrofahrzeuge. In der kommenden Woche will van Beurden seine Strategie für zur Begrünung der Unternehmensstrategie vorstellen. „Shell ist wie ein Einsiedlerkrebs, der versucht, sein aus dem Geschäft mit fossilen Brennstoffen bestehendes Schneckenhaus zu verlassen und in ein grüneres neues Zuhause einzuziehen“, sagt die Analystin Susannah Streeter von Hargreaves Lansdown. „Doch Covid-19 hat den Sand um ihn herum in Bewegung gebracht. Die schwache weltweite Nachfrage macht die ambitionierte Reise in eine neue Zukunft noch schwieriger.“

Zu den Sparten: Das Upstream-Geschäft (Exploration und Produktion) steuerte im Schlussquartal einen Verlust von 0,75 Mrd. Dollar zum bereinigten Ergebnis bei. Analysten hatten lediglich ein Minus von 0,69 Mrd. angesetzt. Vor einem Jahr hatte die Sparte noch 0,71 Mrd. Dollar zum Gewinn beigetragen. Der Gewinnbeitrag des Downstream-Geschäfts (Transport, Verarbeitung und Vertrieb) lag mit 0,92 Mrd. Dollar wesentlich niedriger als die von Aktienexperten erwarteten 1,26 Mrd. Dollar. Besonders schwach entwickelte sich die Geschäftseinheit Oil Products, deren Ergebnisbeitrag nur gut halb so hoch war wie am Markt erwartet. Die Sparte Integrated Gas lieferte 1,1 Mrd. Dollar. Analysten hatten 1,0 Mrd. Dollar auf der Rechnung. Shell hatte ihr Gasgeschäft vor sechs Jahren durch die Übernahme der BG Group gestärkt.

Royal Dutch Shell
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Dollar20202019
Umsatz (Mrd.)181345
Explorationskosten1 7472 354
Vorsteuerergebnis– 26 96625 485
Nettoergebnis– 21 68015 842
Bereinigter Gewinn4 84616 462
Operativer Cash-flow34 10542 178
Liquide Mittel31 83018 055
Nettoverschuldung75 38679 093
Börsen-Zeitung