Stromnetzkonzern Tennet öffnet erneut Tür für Milliardeneinstieg der Bundesregierung
Tennet öffnet Bund die Tür für Milliardenübernahme
KfW: Strategische Haltung in Berlin zu „Deutscher Netz AG“ muss sich erst klären
cru Frankfurt
Das geplante 500 Mrd. Euro schwere Infrastrukturpaket der Bundesregierung rückt eine mögliche Übernahme der Deutschland-Einheit des staatlichen niederländischen Stromnetzkonzerns Tennet erneut auf die Tagesordnung. Tennet will 2025 eine Lösung für das mit rund 20 Mrd. Euro bewertete deutsche Netzgeschäft finden. Ein Börsengang oder ein Verkauf an Investoren seien mögliche Optionen, sagte Finanzchefin Arina Freitag am Donnerstag anlässlich der Jahresbilanz. Sollte der deutsche Staat sich an einer Lösung beteiligen wollen, stehe die Tür offen.
Tennet und die deutsche Staatsbank KfW hatten im Juni 2024 ihre Verhandlungen über einen Komplettverkauf von Tennet Deutschland ergebnislos beendet. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hatte die Finanzierungsmöglichkeiten der Bundesregierung vorerst zunichtegemacht. Die KfW war bei den Verhandlungen von der Citigroup beraten worden. Für Tennet arbeiten Lazard und ABN Amro, und die niederländische Regierung hat Rothschild engagiert. Nach dem Scheitern des Deals kamen Morgan Stanley und Goldman Sachs für ein IPO ins Spiel.
Neue Möglichkeiten
Nach einem Lockern der Schuldenbremse ergäben sich nun neue Möglichkeiten. Die KfW hatte sich schon auf Weisung des Bundes an den Übertragungsnetzbetreibern 50Hertz und Transnet BW mit 20% bzw. 24,95% beteiligt. Insbesondere die Grünen strebten in der vorigen Regierung die Verstaatlichung der Übertragungsnetzbetreiber unter dem Stichwort „Deutsche Netz AG“ an. So sollte der milliardenschwere Ausbau der Stromautobahnen von den Meereswindparks im Norden zu den Fabriken im Süden beschleunigt werden.
Die Fäden dafür wären bei der KfW zusammengelaufen. Was die neue CDU-SPD-Regierung plant, die im Begriff ist, sich zu bilden, ist offen. „Zunächst muss sich die strategische Haltung der neuen Bundesregierung zum Thema Deutsche Netz AG klären“, sagte ein KfW-Sprecher auf Anfrage.
Alternativen gesucht
Für die langfristige Finanzierung der deutschen Aktivitäten verfolgen Tennet und der niederländische Staat seit dem Scheitern des Verkaufs im Juni 2024 alternative Lösungen. Um eine Organisationsstruktur für eine Beteiligung von Investoren an Tennet Deutschland zu schaffen, hat sich Tennet zum 1. Januar 2025 in zwei unabhängige, nationale Übertragungsnetzbetreiber-Organisationen, Tennet Netherlands und Tennet Germany, umgewandelt, die in einer Holding zusammenarbeiten. Zum selben Zeitpunkt hat Tennet Germany den COO der Tennet Holding, Tim Meyerjürgens, zu ihrem CEO ernannt. Im Jahr 2024 hatten Tennet und der niederländische Staat zwei Darlehensfazilitäten von insgesamt 44 Mrd. Euro vereinbart, um die Finanzierung der Investitionen von Tennet in den Niederlanden und Deutschland bis 2026 zu sichern. Die Darlehen werden zu Marktbedingungen gewährt.
Schulden müssen verteilt werden
Tennet hat die Investitionen 2024 um 38% auf 10,6 Mrd. Euro hochgefahren und ist mit 28,4 Mrd. Euro hoch verschuldet. Vor einem Verkauf oder IPO müsste mit den Bondholdern geklärt werden, wie viel der Schulden auf Tennet Germany übergehen können und sollen. Investoren fordern zudem eine höhere Verzinsung der Netzinvestitionen durch die Bundesnetzagentur. Auch Eon-Chef Leonhard Birnbaum droht, andernfalls die Investitionen vorerst einzustellen.