Tesla ruft hunderttausende Autos zurück
Tesla ruft in den Vereinigten Staaten nach regulatorischem Druck 362800 Autos zurück, die mit dem fortgeschrittenen Fahrassistenten des Unternehmens ausgerüstet sind. In einer Mitteilung warnt der oberste Regulator der US-Autoindustrie, die National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA), das unter dem Namen „Full Self-Driving Beta“ vermarktete System könne „zu einem unsicheren Fahrverhalten rund um Kreuzungen“ führen und damit „das Risiko eines Unfalls erhöhen, sofern der Fahrer nicht eingreift“. Vom Rückruf betroffen sind unter anderem bestimmte zwischen 2016 und 2023 hergestellte Tesla Model X, Y, S und 3.
Zwischen Mai 2019 und September 2022 machte der E-Autobauer 18 Gewährleistungsansprüche aus, die mit den von der NHTSA monierten Mängeln zusammenhängen könnten. Dabei sei es nach aktuellem Kenntnisstand zu keinen Verletzungen oder Todesfällen gekommen.
Tesla-Chef Elon Musk widersprach auf dem Kurznachrichtendienst der Darstellung, es handle sich um einen Rückruf. Der E-Autobauer werde in den kommenden Wochen vielmehr eine Aktualisierung der Software via Funkschnittstelle vornehmen, um das Fahrverhalten zu verbessern.
Obwohl betroffene Tesla-Kunden also wohl nicht in die Werkstatt müssen, beschert der Rückruf einem System negative Aufmerksamkeit, das Musk als entscheidend für die langfristigen Aussichten des Unternehmens erachtet. Weiterentwicklungen auf dem Gebiet des autonomen Fahrens gelten als potenziell gewaltiger Erlösbringer.
Tesla berechnet US-Kunden für „Full Self-Driving Beta“ 15000 Dollar – das System erlaubt trotz seines Namens zwar kein vollständig autonomes Fahren, beinhaltet aber weitere Funktionalitäten über den für die Lenkung oder Geschwindigkeitsänderungen auf Autobahnen einsetzbaren Autopiloten hinaus.
Nutzer können den Fahrassistenten zum Beispiel zur Navigation in Städten nutzen. Daran stößt sich auch das für die Untersuchung von Unfällen zuständige National Transportation Safety Board. Die Verkehrsbehörde betonte im vergangenen Jahr, Tesla solle das Tool für Stadtfahrten nicht an den Markt bringen, bevor angebliche Sicherheitsdefizite behoben seien. Der oberste Regulator NHTSA untersucht die Fahrassistenten des Unternehmens seit 2021 – damals sorgten mehrere Zusammenstöße mit anderen Fahrzeugen für Aufsehen und warfen die Frage auf, ob Kunden durch den falschen Gebrauch der Systeme in Gefahr seien. Auch dass der Autopilot Beschwerden zufolge in einigen Fällen bei hoher Geschwindigkeit plötzlich bremste, steht dabei im Fokus.
Die Untersuchungen gegen Tesla laufen nach Mitteilung der NHTSA noch. Die Behörde habe Tesla am 25. Januar über „mögliche Bedenken in Verbindung zu bestimmten Betriebseigenschaften von Full Self-Driving Beta“ informiert und den Autobauer zu einem Rückruf aufgefordert. Das Unternehmen habe der Einschätzung der Behörde nicht zugestimmt, am 7. Februar aber entschieden, den Rückruf als Vorsichtsmaßnahme einzuleiten.
Der Aufruf der NHTSA stellt eine der bisher härtesten regulatorischen Maßnahmen in Bezug auf die Bemühungen des Autobauers zum autonomen Fahren dar. Die Tesla-Aktie schloss am Donnerstag daraufhin um 5,7% leichter. Im frühen New Yorker Handel am Freitag trat sie auf der Stelle.
Allerdings ist der Rückruf nicht die einzige Meldung im Zusammenhang mit dem Fahrassistenzsystem, die Tesla negative Aufmerksamkeit beschert. In der Fabrik in Buffalo im Bundesstaat New York entließ der Autobauer in der alten Woche 30 Mitarbeiter – die Betroffenen bezeichneten den Schritt als Vergeltungsschlag auf ihre Bemühungen, die erste US-Gewerkschaft innerhalb des Konzerns zu gründen. Tesla betont dagegen, die Entlassungen seien Ergebnis einer Performance-Prüfung, die den Organisationsbemühungen vorausgegangen sei. Der Konzern beschäftigt in Buffalo rund 2000 Mitarbeiter, von denen ungefähr 800 am Autopiloten arbeiten.