Autoindustrie

VDA fordert Ausbaupflicht für Ladestruktur

In der Kontroverse um die Geschwindigkeit des Umbaus der Autoindustrie in Richtung Elektromobilität warnte der deutsche Branchenverband VDA zwar abermals vor einem Ende des Verbrenners, schloss sich aber der EU-Kommission an, die eine Pflicht zum Ausbau der Ladein-frastruktur für Stromer plant.

VDA fordert Ausbaupflicht für Ladestruktur

sck München

Im Ringen um eine ausgewogene Transformation der deutschen Autoindustrie in das Zeitalter der Elektromobilität will der Branchendachverband die Diskussion verstärkt auf die Infrastruktur lenken. In seiner Halbjahrespressekonferenz forderte der Verband der Automobilindustrie (VDA) die Politik auf, verpflichtende Ziele für den Ausbau der Ladeinfrastruktur vorzugeben. VDA-Präsidentin Hildegard Müller sieht sich dabei auf einer Linie mit EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton. Der Franzose macht sich nach Müllers Angaben ebenfalls dafür stark.

Der VDA verlangte zuvor wiederholt von der Politik, die Ladeinfrastruktur für E-Autos voranzutreiben. Für Müller ist aber die Forderung, dies nun verpflichtend durchzusetzen, ein neuer Aspekt in der Diskussion. Die zu geringe Dichte an Stromtankmöglichkeiten sei das größte Hindernis für Verbraucher, auf emissionsfreie Autos umzusteigen. In Deutschland müsste bis 2030 mehr als eine Million Ladepunkte bereitstehen, bisher seien es erst gut 40000. Europaweit würden mindestens sechs Millionen gebraucht. „Wenn diese Ausbauziele nicht erreicht werden, können auch ehrgeizige Flottengrenzwerte nicht erreicht werden“, sagte sie. Die EU-Staaten müssten dazu verpflichtet werden, den Ausbau zu unterstützen. Bisher konzentrierten sich gut 70% der Stromzapfstellen auf die drei Länder Deutschland, Frankreich und die Niederlande.

Rede von „Zwischenschritten“

In der Kontroverse über verschärfte Kohlendioxid-Emissionsgrenzwerte in der Gemeinschaft wählte die Cheflobbyistin nunmehr etwas versöhnlichere Zwischentöne. Sie sprach davon, dass die EU-Kommission wohl Zwischenschritte vorsieht.

Zuvor warnte die Berliner Interessenvertretung davor, dass das Ende der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und Hybridantrieben nahe, wenn die Brüsseler Behörde ihren Plan umsetzen sollte, die CO2-Grenzwerte für Neuwagen bis zum Jahr 2035 auf null zu senken. Hybridantriebe sind für BMW, Daimler und Volkswagen als Übergangstechnologie wichtig.

In der kommenden Woche – vermutlich am Mittwoch – will die EU-Kommission neue Gesetzesvorschläge für das Erreichen der Klimaziele unterbreiten. Dazu gehören auch verschärfte Abgasnormen. Als Mitte Juni diese Pläne durchsickerten, machte der VDA dagegen mobil (vgl. BZ vom 17. Juni).

Müller nutzte die Pressekonferenz zum Halbjahr, um abermals auf die Konsequenzen einer solchen radikalen Regulatorik hinzuweisen. Das bedeute faktisch das Ende von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren im kommenden Jahrzehnt. Das werde Innovationen abwürgen, Verbrauchern die Wahlfreiheit nehmen und Arbeitsplätze in der Autoindustrie gefährden, sagte die VDA-Chefin. Die Autoindustrie bekenne sich zum EU-Ziel der klimaneutralen Wirtschaft bis 2050 und packe die Umstellung auf Elektroautos mit Investitionen von rund 150 Mrd. Euro bis 2025 an, listete sie auf. Doch gelte es, bei den konkreten Vorschriften dazu eine Balance von Ökologie, Ökonomie und Sozialverträglichkeit zu wahren. Da für Verbrennungsmotoren viel mehr Arbeitskräfte als für Batterieantriebe gebraucht werden, befinde sich der wichtigste deutsche Wirtschaftszweig mitten in einem Umbruch. Die Autoindustrie werde „netto Arbeitsplätze verlieren“.

Bislang gibt es immer noch keine offiziellen Aussagen zu den Plänen der EU-Kom­mis­si­on für schärfere CO2-Grenz­werte bei Neuwagen. Die über das Politmagazin „Politico“ im Juni gestreuten Überlegungen aus Brüssel, den Grenzwert von derzeit 95 Gramm pro Kilometer bis 2030 um 60% zu senken und bis 2035 auf null herunterzufahren, hatten trotzdem ausgereicht, den VDA  zuletzt in Alarmstimmung zu versetzen.

Derweil senkte der VDA aufgrund der Chip-Knappheit auch seine Prognose für den Pkw-Absatz in Deutschland. Es sei nur noch von einem Zuwachs von 3% auf 3 Millionen Fahrzeuge auszugehen, sagte die VDA-Chefin. Der Verband erwartete zuvor noch ein Plus von 8% auf 3,15 Millionen Einheiten. Zum Wochenauftakt kappte der VDA erneut seinen Ausblick für die Pkw-Produktion aus dem gleichen Grund (vgl. BZ vom 6. Juli).