Automobilindustrie

VDA-Präsidentin kritisiert EU scharf

Von 2035 an sollen nur noch klimaneutrale Neuwagen in der EU verkauft werden. Die Autohersteller bereiten ihr Angebot schon länger darauf vor. Kritik kommt abermals von den Branchenverbänden.

VDA-Präsidentin kritisiert EU scharf

jh München

Der Beschluss der EU-Um­weltminister ist auf unterschiedliche Reaktionen in der deutschen Autoindustrie gestoßen: Sie reicht von Zustimmung bis zu scharfer Ablehnung. Zu den Kritikern gehört nach wie vor der Verband der Automobilindustrie (VDA). Dessen Präsidentin Hildegard Müller moniert: „Mit diesem Beschluss haben die Umweltministerinnen und Umweltminister eine Entscheidung gegen eine technologieoffene Industriepolitik getroffen und ignorieren den immer noch mehr als mangelhaften Auf- und Ausbau der europäischen Ladeinfrastruktur.“ Es fehlten Rahmenbedingungen und klare Zielvorgaben für den Hochlauf der E-Mobilität. Vieles bleibe im Unklaren, ein faktisches Verbrennerverbot vom Jahr 2035 an sei weiterhin vorgesehen. Im Zusammenhang mit synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) kritisiert Müller, es scheine nur für eine Absichtserklärung gereicht zu haben, „deren Umsetzung offen ist“.

„Mit einer Politik, die nur von anderen fordert und selber nicht liefert, können die Klimaziele nicht erreicht werden“, schimpft die VDA-Präsidentin. Die Vorgaben zum Ausbau der Infrastruktur fürs Laden der Batterien und für das Tanken von Wasserstoff müssten rasch korrigiert werden. Der VDA empfehle weiterhin dringend, erst 2028 über die Ziele nach 2030 zu entscheiden.

Nach Berechnungen der Unternehmensberatung PwC werden 2030 nur 10,5 Millionen Elektroautos in Deutschland zugelassen sein. Das Ziel der Bundesregierung von 15 Millionen werde vor allem wegen des schleppenden Ausbaus des Ladenetzes verfehlt.

Von Volkswagen heißt es wie schon vor kurzem, ein Ende des Verbrennungsmotors 2035 sei ein anspruchsvolles Ziel, aber machbar (vgl. BZ vom 11. Juni). Arno Antlitz, der Finanzvorstand des Konzerns, sagte auf einer Veranstaltung der Nachrichtenagentur Reuters, der Fokus müsse nun auf batteriegetriebenen Fahrzeugen liegen. „Das herausforderndste Thema ist nicht der Hochlauf der Autofabriken, das herausforderndste Thema wird der Hochlauf der Batterie-Lieferkette sein“, fügte Antlitz hinzu. Volkswagen will in den kommenden Jahren allein in Europa sechs Fabriken für Batteriezellen bauen.

Einigung mit Arbeitnehmern

Mercedes-Benz hatte schon vor drei Wochen gelassen auf die Pläne der EU reagiert. Der Stuttgarter Autohersteller will vom Jahr 2030 an in allen Märkten mit geeigneten Bedingungen nur noch vollelek­trische neue Fahrzeuge verkaufen. Am Mittwoch kündigte Mercedes-Benz an, das Produktionsnetzwerk auf ein 100% elektrisches Pkw-Portfolio vorzubereiten. Dafür sei mit der Arbeitnehmerseite eine europäische Produktionsordnung der nächsten Jahre vereinbart worden. „Wir sind bereit für die schnelle Skalierung der elektrischen Fahrzeugvolumina“, sagte Produktionsvorstand Jörg Burzer. Von 2022 bis 2026 will der Konzern mehr als 2 Mrd. Euro in seine europäischen Werke investieren. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ergun Lümali zeigte sich mit der Vereinbarung zufrieden: „Mit den Investitionen in die neue Produktionsordnung haben wir erreicht, dass Fahrzeuge der neuen Elektro-Architektur an den deutschen Standorten gefertigt werden.“

Der europäische Autoherstellerverband Acea reagiert ähnlich wie der VDA, wenn auch mit deutlich weniger Schärfe. Die Entscheidung des EU-Ministerrates werfe wichtige Fragen auf, die noch nicht beantwortet seien, sagt Oliver Zipse, Präsident des Acea und Vorstandsvorsitzender von BMW. „Etwa wie Europa den strategischen Zugang zu den wichtigsten Rohstoffen für die E-Mobilität sicherstellen wird.“ Die Verfügbarkeit dieser Materialien müsse in der EU gesichert sein. „Andernfalls drohen uns neue Abhängigkeiten, da sich andere Wirtschaftsregionen bereits frühzeitig positioniert haben“, warnt Zipse.

Ladesäulen in Deutschland
Die besten Bundesländer nach T-Wert
RangBundeslandT-Wert *E-Pkw-BestandLadepunkte
 1Sachsen13,8 33 872 2 447
 2Sachsen-Anhalt14,9 16 099 1 078
 3Thüringen15,2 18 586 1 220
 4Mecklenburg-Vorpommern17,4 11 265  647
 5Hamburg18,2 30 141 1 659
 6Schleswig-Holstein18,4 44 957 2 448
 7Berlin19,5 37 363 1 915
 8Niedersachsen19,6126 750 6 456
 9Bayern20,2239 90511 898
10Brandenburg20,3 25 912 1 274
*) E-Pkw pro Ladepunkt Quelle: VDABörsen-Zeitung
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