Konsolidierte Jahreszahlen vorgelegt

Genossenschaftliche Finanzgruppe rechnet mit höherer Risikovorsorge

Die genossenschaftliche Finanzgruppe hat den Gewinn 2023 im Vergleich mit dem Vorjahr vervielfachen können. Mehr als 14 Mrd. Euro verdienten die fast 700 Primärinstitute sowie die DZ-Bank-Gruppe und die genossenschaftlichen Verbundunternehmen zusammengerechnet. Für das laufende Jahr wird ein geringerer Gewinn erwartet.

Genossenschaftliche Finanzgruppe rechnet mit höherer Risikovorsorge

Genossenschaftliche Finanzgruppe rechnet mit höherer Risikovorsorge

Zinsschub und Wertpapier-Bewertungen treiben Vorsteuerergebnis 2023 auf 14,4 Milliarden Euro – Rückläufiger Zinsüberschuss erwartet

fir Frankfurt

Die genossenschaftliche Finanzgruppe hat im vergangenen Jahr dank hoher Zinseinnahmen und positiver Bewertungseffekte erwartungsgemäß deutlich besser abgeschnitten als 2022. Der konsolidierte Vorsteuergewinn der knapp 700 Primärinstitute plus Verbundunternehmen und DZ-Bank-Gruppe nach IFRS stieg auf 14,4 Mrd. Euro. Das entsprach einer Verdreieinhalbfachung gegenüber dem Jahr zuvor, als 4,2 Mrd. Euro erzielt wurden.

Ausnahmejahr 2023

Der Ausblick fällt im Vergleich mit dem vergangenen Ausnahmejahr etwas verhaltener, aber im Großen und Ganzen gut aus. „Nach dem überdurchschnittlich guten Ergebnis 2023 erwartet die genossenschaftliche Finanzgruppe für 2024 auch angesichts des weiter schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfelds ein geringeres Ergebnis vor Steuern“, sagte Tanja Müller-Ziegler, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), am Dienstag in einer Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung der Jahreszahlen.

Zinsaufwand vervierfacht

Zu rechnen sei für das laufende Jahr mit erhöhter Risikovorsorge und mehr Aufwendungen wegen Lohnsteigerungen und Investitionen, um Personal zu gewinnen, auszubilden und zu binden, führte Müller-Ziegler aus. Zudem gehe sie von „einem spürbar rückläufigen Zinsüberschuss“ aus, vor allem wegen wachsender Zinsaufwendungen für die Kundenpassiva. „Der Zinsaufwand hat sich im vergangenen Jahr schon vervierfacht. Nun rechnen wir nochmals mit einem Anstieg.“ Da Kunden Gelder von Girokonten in höher verzinsliche Passivprodukte umgeschichtet hatten, waren die Zinsaufwendungen angeschwollen.

Ursächlich für den Gewinnanstieg im vergangenen Jahr war zum einen der Zinsanstieg, der den Zinsüberschuss um 17% auf gut 24 Mrd. Euro trieb. Dabei hätten die Kreditbestände nun um nur noch 2,4% zulegt nach 5,9% im Jahr 2022, derweil die Kundeneinlagen mit gut 1 Bill. Euro stabil geblieben seien. Zum anderen profitierten die genossenschaftlichen Häuser von den Wertaufholungen in den Wertpapierportfolien.

Wertaufholungen bei Wertpapieren

Allein die 697 Primärinstitute hatten im Jahr 2022 insgesamt 5,7 Mrd. Euro an Abschreibungen auf im Eigenbestand gehaltene Wertpapiere vorzunehmen, weil der rasche Zinsanstieg die Kurse in den Keller geschickt hatte. Dieser Effekt verkehrte sich nun ins Gegenteil, und die Wertaufholungen summierten sich 2023 bei den Volks-, Raiffeisen-, Sparda- und PSD-Banken auf 1,4 Mrd. Euro, wie der BVR im März berichtete.

In der Gesamtbetrachtung der Gruppe hieß es nun, dass das Ergebnis aus Finanzanlagen von minus 6,8 Mrd. Euro im Jahr 2022 auf plus 1,3 Mrd. Euro gedreht sei, was vorwiegend auf die Zuschreibungen bei Wertpapieren zurückzuführen sei.

Genossenschaftliche Finanzgruppe
Kennzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20232022
Zinsüberschuss 24.10720.546
Risikovorsorge -1.809 -1.472
Provisionsüberschuss8.829 8.646
Handelsergebnis 191.009
Ergebnis Finanzanlagen 1.338 -6.774
Ergebnis Bewertung Finanzinstrumente 227 -211
Ergebnis Versicherungsgeschäft1.293 697
Sonstiges betriebliches Ergebnis742 875
Verwaltungsaufwand20.370 19.078
Konsolidiertes Ergebnis vor Steuern14.375 4.238
Konsolidierter Jahresüberschuss10.805 2.294
Aufwand-Ertrag-Relation (%) 55,777,0

Einen Vorgeschmack auf die weitere Entwicklung der Risikovorsorge gab bereits das vergangene Jahr. Sie wurde um mehr als 300 Mill. auf 1,8 Mrd. Euro aufgestockt, was gedämpfte Konjunkturaussichten, den Zinsanstieg und mehr Unternehmens- und Verbraucherinsolvenzen widerspiegele, so der BVR. Darauf hatte BVR-Präsidentin Marija Kolak auch im Interview mit der Börsen-Zeitung aufmerksam gemacht.

Eigenkapital aufgestockt

Durch das 2023er-Ergebnis konnte ihr zufolge das bilanzielle Eigenkapital um fast 9% auf 143 Mrd. Euro gestärkt werden. Die Puffer seien umso nötiger angesichts der Herausforderungen, denen Gesellschaft, Wirtschaft und Genossenschaften ausgesetzt sind. „Dieses starke Ergebnis ist wichtig, denn wir erleben einen umfassenden Wandel in Politik und Wirtschaft. Geopolitische Veränderungen, Demografie, Digitalisierung und Dekarbonisierung sind mit zahlreichen Risiken, aber auch Chancen verbunden“, sagte sie.

Hohe Belastungen durch Regulierung kritisierte BVR-Vorstandsmitglied Daniel Quinten. Zwar habe diese nach der Finanzkrise die Resilienz des Finanzsektors erhöht, doch müsse auch die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union erhöht werden, etwa durch Bürokratieabbau. Die EBA, die Bankenregulierungsbehörde der EU, finalisiere alle 14 Tage eine Leitlinie und veröffentliche jeden Arbeitstag vier Fragen und Antworten (FAQs). „Man muss die Frage stellen, ob die Detailtiefe der Regulierung überzogen wird.“ Und um geänderte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) in Papierform zu transportieren, seien 34 30-Tonner vonnöten.

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