Italiens Banken setzen auf kürzere Arbeitszeiten
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Kürzere Arbeitszeiten in Italiens Banken
Nach dem Vorpreschen von Intesa Sanpaolo zieht die gesamte Branche nach
bl Mailand
Während hierzulande die Tarifrunde für das private Bankgewerbe gerade gescheitert ist, haben sich die italienischen Banken auf eine Verkürzung der Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich verständigt. Die Vereinbarung für 270.000 Beschäftigte wurde nach Angaben des Branchenverbandes ABI „nach langen und konfrontativen Verhandlungen mit den Vertragspartnern getroffen“. Es handele sich um eine „sehr innovative und dynamische“ Lösung, die das Berufsleben der Mitarbeiter in einem Umfeld tiefer und kontinuierlicher Transformationen begleite und mehr Flexibilität auf organisatorischer Ebene erlaube.
Unbefristete Probephase
Nachdem Branchenführer Intesa Sanpaolo bereits im Vorfeld der Einigung mit einer deutlichen Verkürzung der Arbeitszeiten vorgeprescht war, zieht jetzt auch die HVB-Mutter Unicredit nach. Die anderen Institute im Land dürften demnächst folgen. Bemerkenswerterweise sollen die flexibleren Lösungen auch für die Beschäftigten in den Filialen gelten.
Zwei Arbeitszeitmodelle stehen zur Wahl
Intesa Sanpaolo hatte bereits Anfang 2023 eine unbefristete Probephase für eine verkürzte Arbeitszeit lanciert. Zunächst konnten etwa 70% der 28.500 Beschäftigten an dem Programm teilnehmen – bei vollem Lohnausgleich. Die Beschäftigten können dabei frei wählen zwischen einer viertägigen Arbeitswoche von täglich neun Stunden (36 Stunden) oder einer fünftägigen Woche mit täglich 7,5 Stunden (37,5 Stunden). Außerdem können sie zwischen den beiden Modellen wechseln.
Gilt auch in kleinen Filialen
Die italienische Großbank hat die Regelung inzwischen sogar auf kleinere Geschäftsstellen ausgeweitet. Sie gilt bereits in mehr als 300 Filialen. Darüber hinaus können Mitarbeiter im Back Office bis zu 120 Tage im Jahr von zu Hause aus arbeiten.
Großbank konstatiert motivierenden Effekt
Intesa Sanpaolo stellt eine höhere Motivation und Zufriedenheit bei den Mitarbeitern fest, die sich positiv auf die Produktivität ausgewirkt habe. Negative Folgen im Geschäftsbetrieb seien nicht festzustellen, sagt ein Sprecher auf Anfrage.
Ganz so weit geht Unicredit indes nicht. Die Nummer 2 der italienischen Bankenbranche setzt die Branchenvereinbarung aber als eines der ersten Institute um. Die wöchentliche Arbeitszeit der rund 37.000 Beschäftigten in Italien wird demnach ab Juli bei vollem Lohnausgleich um eine halbe Stunde reduziert. Gleichzeitig werden die Gehälter in vier Stufen bis 2026 um monatlich 435 Euro angehoben, teilweise rückwirkend. Je nach Einstufung können die Anhebungen geringer oder auch höher ausfallen.
Unicredit verkürzt Filialöffnungszeiten
Die Regelung gilt für die Beschäftigten in allen Geschäftssegmenten und auf allen Ebenen, auch im Digitalbereich und in den Geschäftsstellen. Für die Kunden bedeutet das, dass sich die Öffnungszeiten der Filialen am Freitag um 15 Minuten verkürzen. Denn die 30-minütige wöchentliche Reduzierung der Arbeitszeit wird für den allergrößten Teil der Mitarbeiter durch eine um eine halbe Stunde kürzere Arbeitszeit am Freitag umgesetzt. Gewerkschaftsvertreter begrüßen die Einigung.
Einigung liegt im Trend
Die Banken folgen damit einem generellen Trend. Denn zuletzt hatten bereits mehrere italienische Industrieunternehmen entsprechende Arbeitszeitmodelle angekündigt, darunter Lamborghini, EssilorLuxottica und Leonardo.