Kryptobörsen lassen Kiew abblitzen
hip London
Die Kryptobörsen Coinbase, Binance und Kraken haben die Forderung der ukrainischen Regierung zurückgewiesen, alle russischen Nutzerkonten einzufrieren. In den Tagen nach dem russischen Angriff auf das Nachbarland wurden vermehrt Rubel und ukrainische Hrywnja in Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum getauscht. Vermutlich wollten verzweifelte Bürger ihre Ersparnisse vor der möglicherweise kommenden Hyperinflation schützen. Das Handelsvolumen schoss nach oben. Es sei unwahrscheinlich, dass Personen, die auf der Sanktionsliste stehen, nun große Mengen Kryptowährungen verschöben, wird Caroline Malcom, Head of International Public Policy beim Blockchain-Experten Chainalysis, von Sky News zitiert. Die russische Elite und die Finanzbehörden des Landes hätten sich seit einiger Zeit auf Sanktionen vorbereitet.
„Es ist von entscheidender Bedeutung, nicht nur die mit russischen und weißrussischen Politikern verbundenen Adressen einzufrieren, sondern auch gewöhnliche Nutzer zu sabotieren“, hatte der ukrainische Vizepremier Mychajlo Fedorow am Sonntag per Tweet verlangt. Das sah man bei den Unternehmen, die bislang allen Sanktionen nachgekommen sind, naturgemäß anders. Schließlich bringt ihnen jede Transaktion Einnahmen. „Wir werden nicht einseitig Millionen von Konten unschuldiger Nutzer einfrieren“, sagte ein Binance-Sprecher dem US-Sender CNBC. „Krypto ist dazu da, Menschen rund um den Erdball größere finanzielle Freiheit zu verschaffen.“ Ihnen den Zugang zu ihren Konten zu verwehren, würde dem Grund zuwiderlaufen, aus dem es Krypto gebe. Das Unternehmen kündigte an, 10 Mill. Dollar für humanitäre Hilfe für die Ukraine zu spenden. Weitere 20 Mill. Dollar sollen durch Crowdfunding zusammenkommen.
„Libertäre Werte“
Die von Fedorow geforderten Maßnahmen würden gewöhnliche russische Bürger bestrafen, die als Folge der Aggression ihrer Regierung gegen ein demokratisches Nachbarland bereits unter der Destabilisierung ihrer Währung zu leiden hätten, hieß es von Coinbase. Kraken teilte mit, man könne die Konten nicht ohne Rechtsgrundlage einfrieren. CEO Jesse Powell verwies zudem per Serien-Tweet auf die „libertären Werte“ von Bitcoin & Co. Man wolle Menschen eine Brücke aus dem althergebrachten Finanzsystem heraus in die Kryptowelt bieten, in der willkürliche Linien auf Landkarten keine Rolle spielten und wo sie vor einer breit angelegten Beschlagnahme ihrer Vermögen geschützt seien. Bürgern von Ländern einzufrieren, die andere unrechtmäßig angreifen und Gewalt in aller Welt provozieren, wäre das Einfrieren aller US-Konten der erste Schritt“, fügte Powell hinzu.
„In dieser schweren Zeit sollten Aktionen, die den Druck erhöhen, die Rechte unschuldiger Menschen zu beeinträchtigen, nicht ermutigt werden“, ließ sich Johnny Lyu, der CEO von Kucoin vernehmen. Als neutrale Plattform werde man keine Konten ohne Rechtsgrundlage einfrieren.
Sollten Kryptowährungen in den vergangenen Monaten dazu genutzt worden sein, den zu erwartenden Sanktionen vorzubeugen, ließen sich all diese Transaktionen in der Blockchain nachvollziehen, sagte Malcolm von Chainalysis. Die Strafverfolgung ist damit aber nicht gewährleistet.