Unicredit stockt bei Commerzbank auf

Orcel will eine europäische Superbank bauen

Trotz der überraschenden Aufstockung des Unicredit-Anteils an der Commerzbank auf 28% will CEO Andrea Orcel auch bei Italiens Nummer drei nicht locker lassen. Er strebt die Bildung einer europäischen Superbank an.

Orcel will eine europäische Superbank bauen

Orcel will europäische Superbank bauen

Trotz der Aufstockung bei der Commerzbank hält der Unicredit-Chef an seinen Plänen auch für eine Übernahme der BPM fest

Von Gerhard Bläske, Mailand

Auch nach der überraschenden Aufstockung der Beteiligung an der Commerzbank hält Unicredit-CEO Andrea Orcel an seinen Expansionsplänen für den italienischen Heimatmarkt fest. Die Erhöhung auf etwa 28% an der zweitgrößten deutschen Privatbank habe keine Auswirkungen auf das öffentliche Tauschangebot mit Banco BPM, teile Unicredit am Mittwoch mit. Durch die beiden Übernahmen würde Unicredit zur größten Bank Europas und der Eurozone. Orcel hat in den letzten Monaten mehrmals die Notwendigkeit betont, größere europäische Institute zu schaffen, die auch gegenüber amerikanischen Banken mithalten können.

Unicredit hat die BPM-Offerte über 10 Mrd. Euro vor wenigen Tagen verbindlich gemacht und sie bei den Aufsichtsbehörden eingereicht. Sie stößt aber auf massiven Widerstand der BPM-Führung, die die Wertpapieraufsicht Consob jetzt nach einer Verwaltungsratssitzung aufforderte, „Maßnahmen zum Schutz der Stakeholder und des Marktes zu ergreifen. Wir heben hervor, dass die von Unicredit vorgeschlagene Transaktion keine Prämie für die Aktionäre beinhaltet. Das zeigt auch die Reaktion des Marktes“, sagte BPM-CEO Giuseppe Castagna.

Verschärfter Ton

BPM verschärft den Ton gegenüber Unicredit. Dem Vernehmen nach soll BPM von der Aufsicht verlangen, die Übernahme-Offerte als unzulässig einzustufen. Das Angebot begrenze den Handlungsspielraum der BPM im Hinblick auf die angestrebte Übernahme des Vermögensverwalters Anima. Außerdem hätten die Aktionäre das Recht, „mögliche Entwicklungen, Risiken und Kosten im Hinblick auf die Commerzbank-Transaktion und die mögliche Veräußerung der russischen Vermögenswerte zu kennen“, so Castagna.

BPM-Offerte wider Willen

Unicredit bietet den BPM-Anteilseignern nur eine Prämie von 0,5% gegenüber dem letzten Kurs vor Vorlage der Offerte. Der BPM-Aktienkurs ist seither deutlich gestiegen. Nach Überzeugung von Beobachtern hat die Offerte ohne eine deutliche Erhöhung des Preises keine Chance.

Italiens Premierministerin Giorgia Meloni erklärte im Hinblick auf die weitere Aufstockung des Unicredit-Anteils bei der Commerzbank, es gebe einen freien Markt. Bei einer möglichen Commerzbank-Übernahme sei die Regierung außen vor. Dies steht aber im Widerspruch zur Position der Regierung in vielen anderen Fällen – auch im Hinblick auf das Unicredit-Übernahmeangebot für Italiens drittgrößte Bank BPM. Denn da hat Rom interveniert: Die Regierung favorisiert alternativ ein Bündnis der BPM mit der teilstaatlichen Bank Monte dei Paschi di Siena.

Rom hat dem BPM-Großaktionär Crédit Agricole, der seine Beteiligung an der BPM auf 15% erhöht hat und auf bis zu 20% aufstocken will, angeblich Zustimmung signalisiert. Die Franzosen könnten als eine Art Weißer Ritter bei der BPM agieren, haben jedoch auch eigene Interessen, weil sie etwa mit ihrer Vermögensverwaltungstochter mit der Unicredit zusammenarbeiten.

„Erheblicher Wert“

Unicredit erklärte, die Erhöhung der Beteiligung an dem deutschen Institut unterstreiche die Ansicht der Bank, „dass in der Commerzbank ein erheblicher Wert steckt, der noch herauszukristallisieren ist. Er spiegelt unseren Glauben an Deutschland, seine Unternehmen und seine Gesellschaft sowie die Bedeutung eines starken Bankensektors für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands wider.“

Während Orcel erhebliche Synergien durch eine Übernahme der Commerzbank sieht, fürchtet die Gewerkschaft Verdi mit Hinweis auf die Entwicklung der 2005 übernommenen HVB einen personellen Kahlschlag. Einige Experten sehen auch die Gefahr, dass deutsche Steuerzahler damit für Risiken aus dem Unicredit-Engagement in italienischen Staatsanleihen geradestehen müssten.

In Deutschland gibt es massiven Widerstand der noch amtierenden Bundesregierung, der Commerzbank-Führung sowie der Gewerkschaften gegen eine Übernahme. Mit der angeblich bevorstehenden Berufung der früheren Bundesbank-Vizepräsidentin und EZB-Vizedirektorin Sabine Lautenschläger will Berlin diesbezüglich offenbar ein Zeichen setzen. Der Bund ist noch mit 12% an der Commerzbank beteiligt, will aber einstweilen keine weiteren Anteile verkaufen.

Mitsprachemöglichkeiten

Vorbehaltlich der Genehmigung durch die bei der Europäischen Zentralbank angesiedelten Aufsichtsbehörde, die wohl nur eine Formsache ist, hätte Unicredit mit einem Anteil von 30% an der Commerzbank erhebliche Mitsprachemöglichkeiten, etwa bei der Hauptversammlung. Der jüngste Schritt ist auch deshalb überraschend, da Orcel in den letzten Monaten mehrmals signalisiert hatte, er sehe kurzfristig keine Möglichkeiten, bei der Commerzbank voranzukommen und wolle zunächst die Bildung einer neuen Bundesregierung abwarten. Das könne bis zum Herbst dauern.

Trotz der Aufstockung der Beteiligung an der Commerzbank auf 28% hält der Unicredit-CEO auch an seinen Plänen für eine Übernahme von Italiens drittgrößter Bank BPM fest. Der Widerstand gegen die beiden Vorhaben ist groß. Im Erfolgsfall würde Unicredit jedoch zur größten Bank der Eurozone.