Neobroker

Robinhood spendet Investoren Hoffnung

Der Broker Robinhood hat mit steigendem regulatorischen Druck zu kämpfen. Nun erfreut er Investoren aber mit der Ankündigung, von FTX-Gründer Sam Bankman-Fried erworbene Aktien zurückkaufen zu wollen.

Robinhood spendet Investoren Hoffnung

Von Alex Wehnert, New York

Der Neobroker Robinhood hat mit seinen Zahlen zum Schlussquartal die Markterwartungen enttäuscht – und Investoren doch Hoffnung gespendet. So teilte der US-Finanzdienstleister am späten Mittwochabend mit, Aktien zurückkaufen zu wollen, die der abgestürzte Krypto-Unternehmer Sam Bankman-Fried erworben hatte.

Der Gründer der Digital-Assets-Börse FTX legte im vergangenen Mai offen, sich eine Beteiligung von 7,6% an Robinhood gesichert zu haben, und sorgte damit zunächst für Kurssprünge der Aktie. Allerdings kollabierte FTX im November, die Insolvenz des Marktbetreibers sandte Schockwellen durch den Kryptomarkt – Bankman-Fried muss sich inzwischen in einem strafrechtlichen Prozess wegen Betrugs und anderen Anklagepunkten verantworten und sich mit Zivilklagen der US-Börsenaufsicht SEC sowie des Derivate-Regulators CFTC auseinandersetzen.

Das Offshore-Vehikel, das Bankman-Fried für seine Käufe genutzt hatte – die in Antigua und Barbuda ansässige Emergent Fidelity Technologies – stellte in der vergangenen Woche in den Vereinigten Staaten einen Antrag auf Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des Insolvenzrechts. Durch den Schritt will die Holding nach eigenen Angaben Klarheit über konkurrierende Ansprüche des neuen FTX-Managements, des ebenfalls insolventen Krypto-Lenders Blockfi und der US-Regierung schaffen.

Das Justizministerium der Vereinigten Staaten beschlagnahmte die von Emergent gehaltenen Robinhood-Anteile vergangenen Monat und hält sie laut Gerichtsdokumenten auf einem staatlich kontrollierten Konto. Robinhood teilte mit, der Verwaltungsrat habe dem Management die Freigabe gegeben, „die meisten oder alle“ der von Emerging erworbenen Aktien zurückzukaufen. Bei Handelsschluss an der Wall Street am Mittwoch waren die Papiere ungefähr 575 Mill. Dollar wert.

Zugleich räumte der Finanzdienstleister ein, dass sich der Rückerwerb der Anteile schwierig gestalten könnte. Es gebe nur bedingt vergleichbare Fälle – noch lasse sich „nicht vorhersagen, wann oder ob die Aktienrückkäufe stattfinden werden“, heißt es in einer Mitteilung.

Der Neobroker leitet unterdessen bereits Schritte ein, um die Betriebskosten ab dem zweiten Quartal um 50 Mill. Dollar pro Vierteljahr zu drücken. So verzichten die Mitgründer Vlad Tenev und Baiju Bhatt nach Unternehmensangaben auf aktienbasierte Vergütungen im Volumen von fast 500 Mill. Dollar. Die Anzahl der Robinhood-Aktien soll sich dadurch bereits um 3,5 % reduziert haben. Allerdings soll mit der Streichung der Vergütungen im ersten Quartal auch eine einmalige bilanzielle Sonderbelastung von ungefähr 485 Mill. Dollar einhergehen.

Für den Neobroker, der seit dem Börsengang im Juli 2021 keine schwarzen Zahlen geschrieben hat, ist dies durchaus bedeutsam. Im Schlussquartal 2022 musste Robinhood einen Verlust von 19 Cent pro Aktie hinnehmen – dieser fiel damit höher aus als die an der Wall Street erwarteten 15 Cent. Auch der Nettoerlös fiel schwächer aus als prognostiziert: Zwar legte er gegenüber dem Vorjahr um 5% auf 380 Mill. Dollar zu, Analysten waren laut dem Datendienstleister Factset im Konsens aber von 396 Mill. Dollar ausgegangen.

Die Aktie von Robinhood liegt trotz der ersten positiven Marktreaktion auf die geplanten Rückkäufe von Bankman-Frieds Anteilen noch weit unter dem Ausgabepreis von 38 Dollar. Neben der durch die restriktive Geldpolitik der Federal Reserve allgemein gedämpften Stimmung unter Privatanlegern trägt dazu auch steigender regulatorischer Druck bei. So hat die US-Börsenaufsicht SEC im Dezember eine umfassende Handelsreform in die Marktkonsultation gegeben, in deren Rahmen die Praxis des Payment for Orderflow (PFOF) massiv eingeschränkt werden soll.

Bei dieser erhalten Broker bisher Vergütungen dafür, dass sie Orders an Handelsdienstleister routen. In einigen Fällen gehen diese an Börsen wie die New York Stock Exchange (Nyse), in anderen aber an Wholesaler wie Citadel Securities und Virtu Financial. Diese Dienstleister verdienen daran, im Zuge der Orderausführung Aktien zu erwerben und zu einem geringfügig höheren Preis weiterzuverkaufen. Broker verweisen darauf, dass die Wholesaler bessere Preise stellten als öffentliche Börsen.

Nach Ansicht von SEC-Chef Gary Gensler zieht die Praxis jedoch Interessenkonflikte nach sich. Demnach führe PFOF Broker in Versuchung, einzelne Orders gemäß der Höhe der gesamten vom Wholesaler gezahlten Vergütung zu routen und die Ausführungsqualität dabei hintanzustellen. Gensler hat sich deshalb unter anderem für ein Einzelauktionssystem ausgesprochen, das darüber entscheiden soll, welcher Handelsdienstleister eine über einen Broker gestellte Order ausführen darf. Dies soll mehr Wettbewerb und darüber eine bessere Ausführungsqualität für Investoren schaffen.

Für Broker stellt PFOF indes eine bedeutende Einnahmequelle dar. Führende Adressen spielten über die Praxis laut dem Informationsdienstleister Bloomberg Intelligence im Schlussquartal 2022 Einnahmen von über 700 Mill. Dollar ein, in der Vergangenheit überstiegen die vierteljährlichen Einnahmen durch die Rückvergütungen zeitweise das Volumen von 1 Mrd. Dollar.

Robinhood generierte über PFOF zwischen Oktober und Dezember des vergangenen Jahres 38% der Nettoerlöse. Entsprechend heftig wehrt sich der Finanzdienstleister gegen die geplanten neuen SEC-Regeln. Steve Quirk, der Chief Brokerage Officer von Robinhood, warnte in einem Interview mit dem „Wall Street Journal“ zuletzt, die Pläne der US-Börsenaufsicht gefährdeten die gebührenfreien Handelsangebote vieler Broker. Dabei hätten diese den Aktienmarkt für viele Investoren erst zugänglich gemacht.