„Strukturelle Engpässe treiben die Mieten weiter an“
Im Interview: Clemens Schäfer
Herr Schäfer, die Zinsentwicklungen der letzten drei Jahre waren turbulent. Wie hat das Ihre Strategie beeinflusst?
„Strukturelle Engpässe treiben die Mieten weiter an“
Immobilien-Chef der DWS nimmt Wohn- und Büroimmobilien in den Fokus – Chancen für Fonds trotz Herausforderungen
Am 11. März startet die Mipim in Cannes, die Leitmesse der Immobilienbranche. Trotz Zinsanstieg und Marktunsicherheiten sieht Clemens Schäfer, Immobilienchef der DWS, Chancen – besonders bei Wohnimmobilien und hochwertigen Büros. Während Wohnraum knapp bleibt und Mieten steigen, bleibt die Nachfrage nach modernen, ESG-konformen Büroflächen hoch. Offene Immobilienfonds stehen unter Druck, doch langfristig bieten sie aus seiner Sicht Chancen in einem sich wandelnden Markt.
Von Wolf Brandes
Nicht so stark, wie man vielleicht denken würde. Natürlich haben die gestiegenen Zinsen die Bewertungen beeinflusst, aber das betrifft grundsätzlich alle Immobilien gleichermaßen. Klar gibt es Immobilien, wie Studentenwohnheime, bei denen Mieten regelmäßig angepasst werden können, die weniger betroffen waren. Generell sehen wir aber, dass die Zinsentwicklungen die Makrotrends – wie z.B. Online-Handel, Homeoffice, Urbanisierung, Angebotsknappheit im Wohnbereich – und die relative Attraktivität der Anlageklassen untereinander nicht verändert haben. Daher war eine große Anpassung der Strategie nicht notwendig.
Wie sehen Sie die Entwicklung im Büromarkt, insbesondere in Bezug auf Homeoffice?
Das Thema Homeoffice wurde in den letzten Jahren stark diskutiert, und ja, die Nachfrage für Büroraum ist dadurch insgesamt zurückgegangen. Ältere Objekte und Randlagen leiden. Wir setzen weiterhin auf zentrale Bürostandorte mit hoher Qualität, da diese langfristig gefragt bleiben. Moderne, gut gelegene Büroimmobilien, die höchste Energie-Standards erfüllen, sind gefragter denn je und zeigen Mietwachstum. Wir haben auch in Bürostandorte in stark urban geprägten Mischlagen investiert, in denen Wohnraum, Einzelhandel, Büroflächen und Hotels um Nutzer konkurrieren. Im Nordosten von Paris hat das beispielsweise sehr gut geklappt, weiter westlich in Paris war es jedoch weniger erfolgreich.
Frankfurt gilt als ein Markt mit extremen Gegensätzen. Wie bewerten Sie die Situation dort?
Frankfurt ist ein besonderer Markt. Es gibt auf der einen Seite vor allem neue Büroobjekte, die voll vermietet sind und Rekordmieten erzielen, und auf der anderen Seite Gebäude, die kaum Mieter finden. Außerhalb des Stadtzentrums wurde sogar Büro- in Wohnraum umgewandelt. Selbst in guten Lagen müssen Büroinvestoren kontinuierlich in ihre Objekte investieren, um sie attraktiv zu halten.
ESG ist in der Immobilienbranche ein großes Thema. Wie gehen Sie damit um?
Als Immobilienmanager können wir die Nachhaltigkeit der Objekte selbst gestalten und sind auch verantwortlich für die Umsetzung. Es geht uns vor allem darum, wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen. Das bedeutet, dass wir Gebäude nachhaltiger gestalten und dadurch u.a. Leerstandsrisiken reduzieren können sowie Ertragsaussichten erhöhen.
Sehen Sie ESG als Kostenfaktor oder als Wettbewerbsvorteil?
Beides. Natürlich sind Investitionen in nachhaltige Technologien notwendig, aber sie zahlen sich aus. Wir sehen, dass Mieter bereit sind, für energieeffiziente Büroflächen höhere Mieten zu zahlen, da viele Unternehmen sich CO2-Reduktionsziele gesetzt haben. Besonders in London kann man das empirisch nachweisen. Zudem bietet Homeoffice einen interessanten Effekt: Unternehmen nehmen weniger Fläche, sind aber bereit, pro Quadratmeter mehr zu zahlen.
Ihr Haus ist ein großer Anbieter von offenen Immobilienfonds. Die Grundbesitz-Produkte hatten zuletzt mit Abwertungen und Mittelabflüssen zu kämpfen. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?
Die negative Wahrnehmung ist für uns als Branche natürlich bedauerlich. Es ist aber wichtig zu verstehen, dass Wertanpassungen nicht bedeuten, dass Immobilien keine sichere Anlage mehr sind. Vergleichen Sie das mit Bundesanleihen: Als der Zins von −1 % auf +2,5 % stieg, fiel der Kurs um 25, 30%. Das heißt aber nicht, dass Bundesanleihen per se unsicher sind. Ähnlich ist es bei Immobilien – sie schwanken im Wert, aber langfristig können die Preise wieder steigen. Ich bin überzeugt, dass die Werte in fünf Jahren höher sein werden als heute.
Ihr Haus unterscheidet sich von anderen Anbietern wie Union Investment oder Deka. Worin liegen die Unterschiede?
Wir haben ähnliche Produkte wie andere Marktteilnehmer, aber mitunter einen etwas anderen Fokus. Wir haben in unserem Portfolio schon früh auf einen geringeren Büroanteil und verstärkt auf Wohnimmobilien gesetzt.
Nächste Woche startet die Mipim, die weltweit führende Immobilienmesse, auf der die Zukunft des Immobilienmarktes intensiv diskutiert wird. Was ist Ihre langfristige Perspektive für den europäischen Immobilienmarkt?
Wir sehen nach wie vor große Chancen, insbesondere im Wohnsegment und bei hochwertigen Büroflächen. Die strukturellen Herausforderungen im Wohnungsbau bleiben bestehen, was langfristig zu steigenden Mieten führen wird. Gleichzeitig sehen wir, dass erstklassige Büroflächen weiterhin gefragt sind, während veraltete Gebäude es schwerer haben.