Serie: Kein Stein bleibt auf dem anderen (1)

Transformation erfasst Immobilien und Infrastruktur

Immobilien und Infrastruktur befinden sich im Wandel. Die neue Serie der Börsen-Zeitung beleuchtet Chancen und Risiken sowie ESG-Strategien und technologische Innovationen.

Transformation erfasst Immobilien und Infrastruktur

Serie: Kein Stein bleibt auf dem anderen (1)

Transformation erfasst Immobilien und Infrastruktur

Regulatorische, technologische und gesellschaftliche Entwicklungen bringen tiefgreifende Veränderungen – Neue Serie

Klimaziele, Digitalisierung und Smart Cities treiben den tiefgreifenden Wandel in der Immobilien- und Infrastrukturbranche. Das bringt Risiken mit sich, doch nachhaltige ESG-Standards und private Investitionen schaffen auch Chancen in einer Branche, die sich stark transformiert – die neue Serie der Börsen-Zeitung.

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Die Immobilien- und Infrastrukturbranche durchlebt eine Phase tiefgreifender Veränderungen, die von regulatorischen, technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen angetrieben werden. Mit der Serie „Kein Stein bleibt auf dem anderen – Immobilien- und Infrastruktur-Investments als Treiber der Transformation“ richtet die Börsen-Zeitung in den kommenden Wochen den Fokus auf diese Dynamik. Ziel ist es, die Treiber der Veränderungen, Akteure und innovative Ansätze zu beleuchten.

Polarisierender Immobilienmarkt

Eine zentrale Beobachtung ist die zunehmende Polarisierung innerhalb des Immobilienmarktes. Ulrich Höller, geschäftsführender Gesellschafter der ABG Real Estate, beschreibt dies als Spaltung zwischen hochwertigen Objekten in Spitzenlagen und sogenannten Stranded Assets. Das sind Gebäude, die nicht mehr zukunftsfähig sind. „Die Qualität entscheidet über Wohl und Wehe eines Objekts“, erklärt Höller. So können in Top-Lagen Spitzenmieten erzielt werden, während marode Immobilien häufig aufwendig umgebaut werden müssen, etwa um als Wohnraum oder als Schule genutzt werden zu können.

ESG-Kriterien als treibende Kraft

Die grüne Transformation der Branche steht im Mittelpunkt vieler Diskussionen. ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) sind für viele Experten der Schlüssel zur Wiederbelebung des Immobilienmarkts. Diese Standards entwickeln sich zu einem unverzichtbaren Bestandteil der strategischen Ausrichtung. Dabei passen Nachhaltigkeit und Infrastruktur-Investitionen oft „wie Topf und Deckel“ zusammen. Projekte wie grüne Datencenter oder erneuerbare Energien tragen nicht nur zur Transformation bei, sondern bieten auch attraktive Renditen.

Laut Maximilian Kufer, ESG-Chef bei Invesco, steht die Immobilienbranche vor der Herausforderung, gleichzeitig den CO2-Ausstoß zu senken und den Wert der Immobilien zu steigern. „Da die Regulierung immer schärfer wird, ist es wichtig, den Energieverbrauch und die CO2-Intensität eines Gebäudes zu bewerten und Investitionen in energieeffiziente Systeme bei der Bewertung zu berücksichtigen“, sagt Kufer. „Die Sanierung bestehender Gebäude ist von großer Bedeutung für die ESG-Strategie, besonders in Europa, wo viele Gebäude älter und die Flächen begrenzt sind.“ Beispielsweise können bei der Renovierung eines Bürogebäudes manchmal bis zu 70% der ursprünglichen Gebäudestruktur erhalten werden, was Material spart und den CO2-Ausstoß senkt.

Digitalisierung und Transparenz

Die Digitalisierung spielt eine entscheidende Rolle in der Transformation der Immobilien- und Infrastrukturbranche. Institutionen wie Union Investment setzen verstärkt auf Technologien wie künstliche Intelligenz und Blockchain, um Prozesse zu optimieren und Risiken besser zu managen. André Haagmann, Vorstand der Union Investment, erklärt: „Nachhaltigkeit und Digitalisierung gehen Hand in Hand.“ Diese Technologien würden nicht nur Effizienzgewinne bieten, sondern auch dabei helfen, die wachsenden Transparenzanforderungen zu erfüllen.

Laut einer JLL-Studie von Ende 2024 ziehen transparente Immobilienmärkte weltweit deutlich mehr Kapital an. Deutschland, das derzeit auf Platz 10 rangiert, hinkt in Kategorien wie ESG-Daten und Marktdatenverfügbarkeit hinterher. Dies könnte die Wettbewerbsfähigkeit des Marktes beeinträchtigen, sofern keine klaren Vorgaben zur Datenverfügbarkeit geschaffen werden.

Energie- und Verkehrsnetze

Eine zukunftsfähige Infrastruktur ist ein Schlüssel für volkswirtschaftliche Resilienz. Der Finanzierungsbedarf ist enorm, und es werden innovative Ansätze benötigt, um privates Kapital zu mobilisieren. Infrastrukturfonds und staatliche Infrastrukturgesellschaften können hierbei eine bedeutende Rolle spielen. Diese Mechanismen bieten Investoren nicht nur stabile Renditen, sondern tragen auch wesentlich zur Erreichung von Klimazielen bei. Die Verknüpfung von Energie- und Verkehrsnetzen mit nachhaltigen Technologien könnte zudem neue Chancen für die Branche schaffen.

Herausforderungen und Chancen

Die Umsetzung von ESG-Strategien und die Modernisierung veralteter Bestandsimmobilien sind kostspielig und erfordern erhebliche Investitionen. Dennoch bieten diese Maßnahmen langfristige Vorteile, wie geringere Betriebskosten und eine gesteigerte Attraktivität für Mieter, die selbst Nachhaltigkeitsziele verfolgen. Experten wie Ulrich Höller plädieren dafür, diese Herausforderungen als Chance zu sehen. Technologische Innovationen, wie smarte Energiesysteme und digitale Plattformen, können helfen, bestehende Hürden zu überwinden.

Ein weiteres Hindernis sind uneinheitliche ESG-Standards. Die Unsicherheit bei der Bewertung nachhaltiger Investitionen erschwert die Entscheidungsfindung. Investoren fordern transparente und einheitliche Bewertungsmodelle, um die Wirkung von Maßnahmen wie energieeffizienten Heizsystemen oder Fotovoltaikanlagen besser einschätzen zu können. Einheitliche Richtlinien könnten nicht nur das Vertrauen in den Markt stärken, sondern auch die Attraktivität von ESG-Investitionen steigern.

Smart Cities als Zukunftssegment

Digitalisierung und Vernetzung spielen eine immer größere Rolle im Immobilien- und Infrastrukturbereich. Smart Cities sind ein Beispiel für die Verbindung von Nachhaltigkeit und technologischen Innovationen. Bereits heute bieten sich konkrete Anlagemöglichkeiten, beispielsweise in vernetzten Energiesystemen, intelligenten Verkehrslösungen und ressourceneffizienten Gebäuden. Dennoch gibt es Risiken, wie etwa die hohen Anfangsinvestitionen und den Bedarf an klaren regulatorischen Rahmenbedingungen.

Upcycling von Bestandsimmobilien

Eine weitere interessante Entwicklung ist das Upcycling von Bestandsimmobilien. Diese Strategie, die Revitalisierung und Umnutzung alter Gebäude, bietet vielfältige Chancen. Sie kann eine nachhaltige Alternative zum Neubau darstellen und hilft gleichzeitig, Flächen effizienter zu nutzen. Städte mit hohem Bevölkerungswachstum und begrenztem Raum, wie beispielsweise Berlin oder München, könnten besonders profitieren.

Zukunftsperspektiven

Trotz aller Herausforderungen bietet der Wandel der Branche zahlreiche Investitionsmöglichkeiten. Der Auftakt der Serie zeigt, dass Immobilien- und Infrastrukturinvestitionen eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der Transformation spielen. Die Kombination aus ESG-Strategien, technologischer Innovation und neuer Regulierung birgt sowohl Risiken als auch immense Chancen. Die Serie wird in den kommenden Wochen Einblicke in regionale Besonderheiten, spezifische Anlagethemen wie Private Credit und die Perspektiven für verschiedene Akteure bieten.

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