US-Immobilieninvestoren drängen auf großen Umbau
US-Immobilieninvestoren drängen auf großen Umbau
Krise bei Gewerbeflächen rückt Konversionen von Büros in Wohnungen in den Fokus – Limitiertes Deal-Angebot trifft auf stark wachsende Nachfrage
Auf die Adresse 25 Water Street reagieren New Yorker Immobilienmakler lange Zeit mit Abscheu bis Entsetzen. Das 55 Jahre alte, wegen seiner schießschartenartigen Fenster häufig „Lochkarte“ geschimpfte, Bürogebäude gilt im aktuellen Markt weithin als nicht vermittelbar. Doch 2022 kommt die Wende: Damals übernimmt eine Investorengruppe um GFP Real Estate die zuletzt von J.P. Morgan gemietete Immobilie, deren Auslastung auf 10% gesunken war, für 251 Mill. Dollar – und beginnt das größte Umbauprojekt der Vereinigten Staaten. Denn die alte „Lochkarte“ soll künftig nicht wiederzuerkennen sein und statt für muffige Büros Raum für Luxusapartments, Swimmingpools, einen Wellnessbereich, ein Pickleball-Feld sowie andere Annehmlichkeiten bieten.
Musterlösung für den gesamten Markt
Die Konversion vom Gewerbe- zum Wohnobjekt in Downtown Manhattan wird damit zu einer Musterlösung für den amerikanischen Gewerbeimmobilienmarkt, dessen anhaltende Schieflage sowohl Bankanalysten als auch Bondinvestoren besorgt. Hintergrund der Verwerfungen ist ein Zusammenspiel aus hohen Zinsen und strukturellen Problemen. So sorgt der Bauboom des vorangegangenen Jahrzehnts in Metropolen für ein Überangebot an Gewerbeflächen, während der Homeoffice-Trend einen hohen Leerstand in Bürogebäuden nach sich zieht.

Die Schwierigkeiten, selbst bei verbleibenden Mietern Zahlungen einzutreiben, bringt die Gebäudeeigner in Bedrängnis – und damit auch die Banken, die ihnen in rosigeren Marktphasen im großen Stil Kredite ausgestellt haben. Die Analysten von S&P Global warnen davor, dass die Assetqualität in den Bilanzen der US-Geldhäuser im Abwärtstrend liege. „Die Situation bei Rückstellungen für faule Kredite und Nettoabschreibungen wird sich wahrscheinlich verschlimmern", prognostizierte zuletzt Brendan Browne, für Ratings von Finanzinstituten zuständiger Managing Director bei der Rating-Agentur.
Trügerische Hoffnung
Die jüngsten Quartalsvorlagen der Großbanken hatten zwar Hoffnungen geweckt, dass sich die Lage am Gewerbeimmobilienmarkt wieder entspannt. Wells Fargo vermeldete einen leichten Rückgang der Non-Performing Loans im Segment. Der Datenbankbetreiber Bank Reg Data wendet allerdings ein, dass die Institute ihre Kredite in Wahrheit aber „in schwindelerregendem Tempo“ modifizierten. Sie senkten also künstlich die Zinsverpflichtungen für Schuldner, damit diese nicht in den Zahlungsverzug gerieten, und bildeten stattdessen Rückstellungen für künftige Kreditrestrukturierungen, was die Statistik verzerre.
Wells Fargo weise im Gewerbeimmobiliensegment einen Anteil notleidender Kredite von zuletzt 2,06% aus. Wer allerdings die Darlehen mit Nachlass auf den Zinsdienst hinzurechne, komme auf 8,39%. Bei Bank of America liege die „Stressrate“ des Portfolios bei 10,19%. Die Spitzeninstitute haben dabei wesentlich früher begonnen, notleidende Kredite neu zu strukturieren, als es im Vorlauf der Finanzkrise 2008 der Fall war. Ziehe sich der Kreditzyklus aber länger hin, „entsteht eine zweite Welle an Zahlungsverzügen, da viele Schuldner dann zurück in die Säumigkeit fallen“, betont Bill Moreland, Gründer von Bank Reg Data. Diese Darlehen müssten dann verspätet und geballt abgeschrieben werden.
Hohe Kostenvorteile
Doch Michael Acton, Research- und Strategiechef bei der Natixis-Tochter AEW Capital Management, sieht „die besten Einstiegsgelegenheiten bei Gewerbeimmobilien seit 15 bis 20 Jahren“. Die Branche werde Lösungen für ihre strukturellen Probleme finden – darunter eben eine Transformation von Gewerbe- in weit lukrativere Wohnflächen.
Das Beispiel der einst als 4 New York Plaza bekannten 25 Water Street zeigt, welche Kostenvorteile dies bietet. Die Käufergruppe finanziert ihr Projekt über einen 536 Mill. Dollar schweren Kredit. Laut der Schweizer Privatbank UBP dürften sich die Kosten inklusive Eigenkapitalbeteiligung auf 700 bis 750 Mill. Dollar belaufen. Beim Neubau eines vergleichbaren Objekts lägen die Kosten in der Regel hingegen bei 1.000 Dollar pro Quadratfuß, in diesem Fall also 1 Mrd. Dollar.
Steuererleichterungen in Aussicht
Die an der Adresse entstehenden über 1.300 Wohnungen könnten zu 3.000 bis 12.000 Dollar im Monat vermietet werden. Hinzu kämen Einnahmen aus Nutzungsgebühren für Pools und sonstige Anlagen. Daneben könnten sich die Eigner eine 35 Jahre währende Steuererleichterung um 90% sichern, indem sie ein Viertel der Einheiten über ein Programm für günstigeren Wohnraum vermieteten.

Nun eifern der New Yorker Musterlösung auch andere US-Gewerbeimmobilieninvestoren nach. Seit 2016 hat die Zahl der Umbauten von Büro- in Wohngebäude stark angezogen: Damals wurden laut CBRE Research in den Vereinigten Staaten 26 solcher Großprojekte abgeschlossen, 2024 waren es 73. Weitere 30 im vergangenen Jahr angestoßene Projekte befinden sich noch im Bau. Für einen Abschluss 2025 und in den beiden Folgejahren sind 94 Konversionen in Arbeit und weitere 185 geplant oder schon angekündigt.
Die Umbauten adressierten eine „doppelte Herausforderung“, betont Geoffroy Troesch, Head of Investments der Private Markets Group von UBP. Nicht nur finde sich damit eine Lösung für den Angebotsüberhang am Büromarkt, sondern es lasse sich auch die Wohnungsknappheit lindern. Damit Projekte erfolgreich würden, müssten die Immobilien aber spezifische Charakteristika vorweisen, die sich üblicherweise in älteren Gebäuden fänden, darunter rechteckige Grundflächen und nicht von außen blockierte Fassaden.
Strafzölle treiben Kosten
Einstiegskosten in der Spanne von 200 bis 300 Dollar pro Quadratfuß seien in der Regel ideal. Zusammen mit Umbaukosten von 300 bis 500 Dollar ließen sich gegenüber Neubauten 25 bis 30% einsparen. Allerdings seien auch andere Kostenfaktoren zu beachten: Strafzölle der US-Regierung auf Aluminium und Stahl könnten Konversionen beispielsweise verteuern.
Genehmigungen für Umbauten sind dabei nicht immer einfach zu bekommen, doch Städte wie New York haben dafür beschleunigte Prozesse eingeführt. UBP warnt indes, dass die Beteiligungsgelegenheiten für Investoren limitiert seien. Schließlich komme nur eine ausgewählte Zahl von Bürogebäuden für eine Konversion infrage, die lukrativsten Gelegenheiten zögen schon eine hohe Nachfrage an. Der Markt blickt nun besonders gespannt auf 25 Water Street, deren Umbau im November abgeschlossen sein soll.
Der US-Gewerbeimmobilienmarkt kriselt, doch Investoren nehmen eine strategische Lösung in den Blick. So stoßen Entwickler Umbauten von Büroflächen in Wohnungen an. Das Angebot lukrativer Deals ist allerdings begrenzt, während politische Faktoren für Unsicherheit bezüglich der Kostenentwicklung sorgen.