Finanzmärkte

Aktienmärkte zeitweise im freien Fall

Im von US-Präsident Donald Trump angezettelten Zollstreit ist keine Entspannung in Sicht. Daraufhin setzten die Aktienmärkte weltweit ihre Talfahrt am Montag fort und beschleunigten diese teilweise sogar noch. Der Dax sackte zum Handelsbeginn um rund 10 Prozent ab.

Aktienmärkte zeitweise im freien Fall

Aktienmärkte zeitweise im freien Fall

Dax-Absturz setzt sich fort – Auch Rüstungstitel unter Druck – Ölpreis fällt weiter – Anleger schichten in Bundesanleihen um

Im von US-Präsident Donald Trump angezettelten Zollstreit ist keine Entspannung in Sicht. Die weltweiten Aktienmärkte setzten ihre Talfahrt am Montag fort und beschleunigten diese teilweise sogar noch. Der Dax sackte zum Handelsbeginn um rund 10% ab. Fast alle Kursgewinne seit Jahresbeginn sind perdu.

tom/kjo Frankfurt

Der Ausverkauf an den weltweiten Aktienmärkten hat sich dank Donald Trumps rabiater Zollpolitik auch am Montag fortgesetzt. Der deutsche Leitindex startete mit einem Absturz um rund 10% in den Handelstag. Auch wenn sich das Börsenbarometer im Handelsverlauf ein Stück weit berappeln konnte, schloss der Dax nach den herben Verlusten vom Donnerstag und Freitag auch den Montag mit einem dicken Minus ab und fiel um 4,1% auf 19.790 Zähler. Die deutlichen Kursgewinne seit Jahresbeginn sind damit fast restlos aufgezehrt.

Bei anderen Aktienindizes sah es am „Schwarzen Montag“ nicht besser aus. Für den MDax ging es um knapp 3% nach unten. Auch der Euro Stoxx 50, der schon am Freitag sein Jahresplus eingebüßt hatte, verlor weiter. Zeitweise bewegte sich der Leitindex der Eurozone auf dem Niveau von Anfang August letzten Jahres. Nicht besser ging es dem Schweizer SMI oder dem britischen FTSE 100.

Zollkonflikt befeuert Talfahrt

Der Grund für die ungebremste Talfahrt an den Aktienmärkten ist der weltweite Zollkonflikt, den US-Präsident Donald Trump losgetreten hat. Zwar signalisierte Trump zuletzt Gesprächsbereitschaft. Sein Handelsminister Howard Lutnick hatte zuvor aber angekündigt, dass die US-Regierung ihren harten Kurs mit hohen Einfuhrgebühren auf Waren aus fast allen Staaten der Erde durchziehen wolle. Die EU-Handelsminister beraten, wie Trump zum Einlenken bei den Sonderzöllen bewegt werden könnte. Dabei soll es auch um Vorkehrungen für den Fall gehen, dass Verhandlungen über eine einvernehmliche Lösung platzen. Die Vorbereitungen für Gegenzölle und andere Vergeltungsmaßnahmen wie eine Digitalsteuer, die die großen amerikanischen Tech-Konzerne treffen würde, dürften dann forciert werden. Das könnte die Talfahrt an den weltweiten Aktienmärkten noch weiter verschärfen, so wie es am Freitag bereits die Ankündigung von Gegenzöllen von Seiten Chinas getan hat. Die deutlichen Abschläge betreffen dabei auch die großen US-Indizes wie den S&P 500 und den Nasdaq. Besonders die lange prosperierenden Tech-Werte waren hier zuletzt unter die Räder geraten.

Marktbeobachter und Analysten kommentierten den neuerlichen Kursrutsch mit drastischen Worten: „Es ist nicht übertrieben, die Marktbewegungen als ‚historisch‘ zu bezeichnen“, erklärten Experten der Deutschen Bank. „Insgesamt neigen sich die Konjunkturrisiken für 2025 in Richtung eines dritten Rezessionsjahres in Folge“, schreiben die Ökonomen Marc Schattenberg und Robin Winkler von Deutsche Bank Research mit Blick auf die Lage in Deutschland.

„Die Nerven liegen blank“

„Das 21. Jahrhundert hat nun auch seinen „Schwarzen Montag““, konstatierte Jens Klatt, Analyst beim Broker XTB bereits am Morgen. „Der Verkaufsdruck hat zum Wochenstart noch einmal massiv zugenommen. Die Nerven liegen blank“, sagte der Finanzmarktexperte Andreas Lipkow. „Die konjunkturellen Spätfolgen der neuen US-Strafzollpolitik lassen sich derzeit kaum abschätzen“. Zudem seien den Notenbanken „durch die potenziellen Inflationserscheinungen die Hände gebunden“. Für den Analysten Christian Henke vom Broker IG ist spätestens mit der schnellen Reaktion Chinas auf die neuen US-Zölle „der Startschuss für den nächsten Handelskrieg gefallen“. Für Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Broker RoboMarkets, ist „die Stimmung an der Börse so negativ wie lange nicht. Keiner will in das fallende Messer greifen und von der nächsten Gegenzoll-Maßnahme eventuell aus Europa erwischt werden.“

Derweil gibt es inzwischen aber auch erste Hoffnungen auf eine Gegenbewegung an den Märkten, auch wenn diese nicht unmittelbar bevorstehen dürfte: „Die Märkte taumeln, die Nerven liegen blank. Wer am Wochenende auf Deeskalation in Washington gesetzt hatte, wurde enttäuscht. Unserer Erfahrung nach steigen nun aber die Chancen für eine zumindest kurzfristige technische Erholung“, schreiben Andreas Büchler und Franz-Georg Wenner vom Börsen-Dienst Index Radar. „Erste Überverkauft-Indikationen gibt es zwar“, schreiben Ralf Umlauf und Ulrich Wortberg von der Landesbank Helaba. „Die Korrektur bereits ad-acta zu legen, erschiene uns jedoch verfrüht.“ Eine Kurserholung müsse „von hohen Umsätzen begleitet sein, damit es sich nicht nur um ein Strohfeuer handelt“, ergänzte der technische Marktanalyst Christoph Geyer.

Jahresgewinner schwächeln

Unter Druck standen am Montag auch die lange haussierenden Rüstungstitel. Belastend wirkte hier nicht zuletzt ein Brief des Flugzeugteile-Herstellers Howmet Aerospace an seine Kunden, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Das Unternehmen hat wegen der US-Zölle einen „force majeure“ erklärt. Man fühle sich wegen höherer Gewalt nicht mehr an Vertragsverpflichtungen gebunden. Daraufhin setzten auch bei Titeln deutscher Rüstungsgrößen wie Rheinmetall, Hensoldt und Renk Gewinnmitnahmen ein. Auch Thyssenkrupp, die zuletzt von Fantasie für das U-Boot-Geschäft profitiert hatten, mussten Federn lassen. Europaweit sah es nicht besser aus: Der Triebwerkshersteller Safran knickte im Euro Stoxx zeitweise um gut 9% ein.

Gewinnmitnahmen und deutliche Abschläge prägten auch bei anderen bisherigen Überfliegern das Bild. Im Dax zählten Heidelberg Materials zu den größten Verlierern. Im SDax büßte der Stahlhändler Klöckner & Co deutlich an Börsenwert ein.

Gewinner waren an diesem Montag rar gesät. Dax-Primus Qiagen überzeugte Anleger mit überraschend guten Quartalszahlen und einer angehobenen Gewinnprognose. Im SDax verbuchte Energiekontor Aufschläge, nachdem das Analysehaus Warburg Research das Kursziel auf 154 Euro anhob und die Einstufung auf „Buy“ beließ. Der heftige Kursrückgang der Aktie stehe im Kontrast zu den positiven Fundamentaldaten des Betreibers von Wind- und Solarparks.

Gewinnmitnahmen bei Gold

Am Ölmarkt fielen die Preise auf den tiefsten Stand seit April 2021. Ein Barrel US-Öl verbilligte sich um knapp 4% auf 59,59 Dollar, Nordseeöl der Sorte Brent kostete mit 63,24 Dollar 3,6% weniger. Solange die Panik am Markt nicht nachlasse, werde der Ölpreis keinen Boden finden, sagt Vandana Hari vom Öl-Analysehaus Vanda Insights.

Gewinnmitnahmen drückten auch das in Krisenzeiten als sicherer Hafen angesehene Gold. Das gelbe Metall verbilligte sich um fast ein halbes Prozent auf 3.024 Dollar je Feinunze, nachdem der Preis seit Jahresanfang um mehr als 15% gestiegen war. Anleger versuchten, durch Goldverkäufe ihre Verluste in anderen Vermögenswerten zu decken, erläuterte Analyst Kyle Rodda von der Handelsplattform Capital.com.

Das Spiegelbild der Entwicklungen an den Märkten für risikobehaftete Assets zeigte sich einmal mehr bei den Bundesanleihen. Anleger schichteten zunächst erneut von Aktien in sichere Bundestitel um, deren Renditen dadurch sanken. Die zehnjährige Bundrendite fiel auf ein Tagestief von 2,48% nach 2,62% am vergangenen Freitag. Am kurzen Ende der Bund-Kurve griffen die Investoren ebenfalls zu. Die zweijährige Bundrendite fiel von 1,86% auf 1,67%. Später nahmen Anleger dann aber Gewinne mit, so dass die Renditen wieder stiegen. Abends wurden im zehn- und zweijährigen Bereich 2,66% bzw. 1,84% gesehen. „Die Märkte testen die Entschlossenheit Trumps, der jedoch noch unbeirrt bleibt. Einige der üblichen Risk-Off Korrelationen könnten auf die Probe gestellt werden, nachdem Powell signalisiert, dass die Fed bei den Inflationsrisiken keine Kompromisse eingehen wird", hieß es bei der Commerzbank. Die Risikostimmung bleibe der entscheidende Faktor, aber es fehlten noch klare Anzeichen einer Stabilisierung. "Bunds dürften unterstützt bleiben, aber am kurzen Ende könnte die Dynamik etwas nachlassen.“