Anleger im Zwiespalt
Von Alex Wehnert, Frankfurt
Die Marktteilnehmer dürften sich in der neuen Börsenwoche im Zwiespalt befinden. Denn einerseits können weiterhin positive Ergebnisse aus der laufenden Berichtssaison laut Beobachtern das Anlegersentiment kurzfristig stützen. Andererseits birgt die geldpolitische Unsicherheit Rückschlagsrisiken. Denn im Rat der Europäischen Zentralbank mehren sich die Stimmen für eine erste Zinserhöhung bereits im Juli, um die ausufernde Inflation zu bekämpfen.
Die Federal Reserve hat die geldpolitische Wende bereits längst eingeleitet – James Bullard, Präsident der Fed von St. Louis, sprach sich zuletzt bereits dafür aus, den US-Leitzins bis Jahresende auf 3,5% zu erhöhen. Die zunehmend falkenhaften Töne der Währungshüter auf beiden Seiten des Atlantiks haben die Staatsanleiherenditen zuletzt angetrieben, was laut der Landesbank Baden-Württemberg verstärkt an der relativen Attraktivität von Aktien gegenüber Bonds nagt.
Das Argument von der Alternativlosigkeit der Dividendentitel schwäche sich in den Vereinigten Staaten unterdessen schneller ab als in Europa. Denn erstens lägen die europäischen Anleiherenditen weit unter ihren US-Pendants. Und zweitens fielen auch die Kurs-Gewinn-Verhältnisse der Aktien wesentlich geringer aus als in den Vereinigten Staaten, was den europäischen Titeln klar höhere Gewinnrenditen beschere.
Allerdings bleiben die Entwicklungen im Ukraine-Krieg ein beträchtlicher Risikofaktor. Die Furcht vor einem Einsatz taktischer Atomwaffen durch Russland steigt – in der Folge nimmt auch der Druck auf europäische Regierungen, sich dem von den USA initiierten Embargo für russisches Öl und Gas anzuschließen, zu. Dies hätte laut Ökonomen schwere Folgen für die deutsche Wirtschaft und die Aktienmärkte. Hinzu kommt, dass anhaltende Corona-Lockdowns in China die internationalen Lieferketten bedrohen.
Zu den Unternehmen, die in diesem angespannten Umfeld mit ihrem Zahlenwerk für Erleichterung sorgen sollen, gehört Mercedes-Benz. Die Stuttgarter öffnen am Mittwoch die Bücher, im Vorfeld deutet sich jedoch bereits an, dass die Umsatzrendite des Autobauers aufgrund starker Verkaufszahlen im Luxussegment auf hohem Niveau verblieben ist.
Bei Hellofresh zeichnet sich für das erste Quartal aufgrund des Wegfalls von Corona-Beschränkungen und der pandemiebedingten Mehrnachfrage indes ein herber Ertragsrückgang ab. Die Aktie des Kochboxenversands, die als Stay-at-Home-Wert einst zu den großen Lockdown-Gewinnern in Europa zählte, gehört im laufenden Jahr zu den schwächsten Werten im Dax.