Aktienmarkt

Berenberg erwartet baldiges Markttief

Berenberg geht von einer zunächst weiter holprigen Entwicklung am Aktienmarkt aus. Allerdings hält es das Institut für wahrscheinlich, dass der Markt im vierten Quartal den Boden erreicht.

Berenberg erwartet baldiges Markttief

ck Frankfurt

Matthias Born erwartet für den Aktienmarkt zunächst eine anhaltend unruhige Zeit. Aufgrund der geopolitischen Lage und des Zinsumfelds glaubt der Co-Head Wealth and Asset Management und Leiter Investments der Berenberg Bank, dass die Volatilität noch eine Zeit lang anhalten wird. Berenberg erwarte eine Rezession in den USA und im Euroraum, die sich im ersten und zweiten Quartal 2023 voll entfalten werde, sagte Born am Dienstag in einem Pressegespräch.

Rezession unvermeidlich

Jetzt trete ein, was der Markt schon seit einiger Zeit antizipiere, nämlich dass eine Abschwächung komme. „Wir sehen schon, dass die Unternehmen in ihren Ausblicken vorsichtiger werden“, so Born, der auf etliche Gewinnwarnungen der letzten Zeit unter anderem von Fedex verwies. Eine Rezession sei unvermeidbar, die Notenbanken bremsten die Konjunktur. Die Gewinnerwartungen dürften weiter reduziert werden, die Entwicklung werde holprig bleiben.

Born zufolge bestehen jedoch gute Aussichten auf baldige Besserung am Aktienmarkt. „Aufgrund der Stimmungslage, die extrem bearish ist, ist das Abwärtspotenzial begrenzt. Wir glauben, dass im vierten Quartal Chancen entstehen und man wieder mehr Risiken nehmen kann.“ Die Tiefs würden häufig vor den Tiefs in den Gewinnerwartungen erreicht. Born geht davon aus, dass im ersten und zweiten Quartal auch die Tiefs in den Gewinnerwartungen erreicht werden und der Aktienmarkt das antizipieren wird. Zudem rechnet er damit, dass die Zentralbanken auf die erwartete deutlichere Abschwächung der Wirtschaft und rückläufige Inflation im Verlauf des vierten Quartals 2022 und des ersten Quartals 2023 weniger restriktiv handeln werden.

In der Regel erreiche der Aktienmarkt den Boden, bevor die Gewinne den Boden erreichen. „Wenn im ersten Halbjahr 2023 eine Rezession kommt, ist es wahrscheinlich, dass das Tief am Aktienmarkt vorher kommt.“ Allerdings sei die Mischung aus Gewinnrevisionen und dem Druck der Zentralbanken auf der Zinsseite ungesund. Obwohl die Stimmung bereits sehr schlecht sei, könne der Markt durchaus noch mal nach unten übertreiben. „Einen Rückgang um 5 bis 10% würde ich nicht ausschließen.“ Dann werde aber die Erholung des kommenden Jahres in den Vordergrund rücken.

Berenberg hat Born zufolge Aktien von Untergewichtung auf Neutral hochgehoben. In Anleihen ist das Institut dagegen untergewichtet. Übergewichtet sind Gold beziehungsweise Edelmetalle und sonstige Alternative Investments. Im Aktienbereich favorisiert er u. a. Quality Growth. Diese Aktien hätten in den zurückliegenden Jahren stark zugelegt, sinkende Zinsen hätten hier die Bewertungen gehoben. 2022 sei das Segment vom Zinsanstieg stark getroffen worden, die Bewertungen seien gesunken. An den Firmen habe sich jedoch nichts geändert. „Es war eine Bewertungskontraktion. Solange die Geschäftsmodelle funktionieren, braucht man sich hier langfristig keine Sorgen zu machen.“

Born zufolge wird der Markt die schwächere Gewinnentwicklung ir­gendwann einpreisen. Auch werde der Inflations-Peak kommen. Viele der Hauptinflationstreiber wie Öl tendierten bereits nach unten. Die Inflation werde sich wieder bei 2 bis 3% einpendeln, aber höher bleiben als vor Corona. Viele Sondereffekte gingen weg, etwa Frachtraten, die bereits sänken, und die China-Lockdowns. Im Verlauf des zweiten Halbjahres und 2023 werde die Gewinnentwicklung im Vordergrund stehen, weniger die Inflation und die Zinsen. In der Rezessionsphase und bei einem für die nächsten Jahre zu erwartenden niedrigeren Wachstum würden Preissetzungsmacht und strukturelles Wachstum wichtiger.

Unter den Subsegmenten favorisiert Born unter anderem defensive „Secure Growth“-Aktien der Branchen Healthcare und Basiskonsumgüter. Interessant sei auch der eine oder andere Börsenbetreiber mit robuster Gewinnentwicklung und positiven Effekten durch den Zinsanstieg, so Born, der als Beispiel auf die Deutsche Börse verwies. Interessant sind Born zufolge auch Nebenwerte. Nebenwerte hätten lange outperformt. Aber es gebe immer wieder Einbrüche in Krisenphasen wie etwa der Euro-Staatsschuldenkrise. In langfristiger Sicht seien Nebenwerte unter dem Gesichtspunkt der Alpha-Generierung und aufgrund höheren Wachstums aber eines der interessantesten Segmente. In Europa seien rund 7000 Firmen gelistet, Nebenwerte seien ein großes Segment mit vielen Opportunitäten. Der Outperformance-Trend von Nebenwerten bleibe langfristig intakt.

Ein anderes stark gedrücktes Segment seien unprofitable Unternehmen etwa der US-Technologiebranche. Diese Werte seien während Corona hochgespielt worden und dann abgesackt. Einen Höhenflug dieses Segments wie während der Pandemie wird es Born zufolge nicht mehr geben. Investoren hielten sich letztlich an Gewinnen und Cashflows fest. „Wenn die Zinsen höher sind, wird es für die Aktien unprofitabler Unternehmen schwierig.“

Finanzmarktprognosen
AktuellMitte 2023Ende 2023
Aktienindizes
S&P 500365942504500
Dax121401500015800
Euro Stoxx 50332940004200
Zinsen
US-Leitzins3,00 – 3,254,25 – 4,503,75 – 4,00
10-jährige US-Rendite3,963,503,70
EZB-Leitzins1,252,502,50
10-jährige Bundrendite2,252,502,70
Quelle: BerenbergBörsen-Zeitung
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