Der Glaube bröckelt
Für den Kryptomarkt soll 2022 eigentlich ein Jahr des Aufschwungs werden – doch bisher ist das junge Jahr durch Zweifel geprägt. Der Kurs der führenden Cyberdevise Bitcoin ist zwischen dem 31. Dezember und Montag um über 15% abgesackt. Offenbar bröckelt der Glaube der Investoren an die Grundsätze, auf die Kryptobefürworter ihre Prognosen über weitere Kursrallys stützen.
Dafür sind auch die Unruhen in Kasachstan verantwortlich. Denn zahlreiche Bitcoin-Miner sind seit der Verschärfung der chinesischen Kampagne gegen Kryptowährungen und verbundene Dienstleistungen im vergangenen Jahr aus der Volksrepublik in das zentralasiatische Land abgewandert. Neben der kurzen Distanz zu China machten auch die damals im internationalen Vergleich niedrigen Energiepreise ein Engagement in Kasachstan aus Sicht der Miner attraktiv. Schließlich verbraucht die Generierung neuer Bitcoin-Einheiten enorm viel Strom.
Laut dem Cambridge Centre for Alternative Finance entfallen 18,1% der globalen Hashrate, also der Rechenleistung des Bitcoin-Netzwerks, auf Kasachstan. Doch im Zuge der Unruhen in der ehemaligen Sowjetrepublik, die sich an steigenden Treibstoffpreisen entzündet haben, hat die staatliche Telekommunikationsgesellschaft landesweit die Internetverbindungen unterbrochen – und ohne stabiles Internet ist kein effektives Mining möglich.
Eigentlich sollte die resultierende Angebotsverknappung zu steigenden Kursen führen, dieser Logik folgt der Markt allerdings nicht. Dies dürfte nur in Teilen auf die Erwartung zurückzuführen sein, dass der Einbruch des kasachischen Minings das Schürfen andernorts günstiger macht und die Entstehung neuer Bitcoin-Einheiten global schnell wieder anrollen könnte. Vielmehr führt wohl die Nervosität über die politische Entwicklung zu Abverkäufen. Ähnlich verhielt es sich nach Chinas Mining-Bann im Sommer 2021, damals halbierte Bitcoin seinen Wert binnen weniger als drei Monaten.
Einer Kryptowährung, deren Wert auf ihrer dezentralen Natur beruht, steht eine solche Abhängigkeit von politischen Entwicklungen in einzelnen Staaten schlecht zu Gesicht. Hinzu kommt, dass Bitcoin stärker von den großen Notenbanken beeinflusst wird, als es Kryptounterstützer wahrhaben wollen. So signalisiert die Federal Reserve raschere Leitzinserhöhungen, was den Märkten Liquidität entziehen und besonders Risikoassets wie Cyberdevisen treffen würde. Der bröckelnde Glaube an die Unabhängigkeit des Kryptomarkts von staatlichen Institutionen könnte den Bitcoin-Aufschwung 2022 somit stoppen, bevor er begonnen hat.