JSA24Das Jahr der ETFs

Die ETF-Industrie fährt nur auf der Überholspur

ETFs haben in 2024 neue phänomenale Rekorde erzielt. Sie profitieren von der Aktienhausse und einem Strukturbruch in der Fondsindustrie. Das Wachstum wird sich fortsetzen, aber wohl mit einem wieder etwas langsameren Tempo.

Die ETF-Industrie fährt nur auf der Überholspur

Nur auf der Überholspur

ETFs haben in 2024 neue phänomenale Rekorde erzielt. Sie profitieren von der Aktienhausse und einem Strukturbruch in der Fondsindustrie. Das Wachstum dürfte sich fortsetzen.

Von Werner Rüppel, Frankfurt

So sehen Sieger aus. In den vergangenen Jahren ist die ETF-Industrie zwar bereits stetig gewachsen, 2024 hat aber alles mit phänomenal hohen Zuwächsen getoppt. Dabei hat die ETF-Industrie sowohl in Europa als auch weltweit neue Rekorde bei den Mittelzuflüssen und bei den verwalteten Geldern aufgestellt. So flossen weltweit bis Ende November 1,67 Bill. Dollar in ETFs. Nicht zuletzt dank der haussierenden Aktienmärkte sind die global in ETFs angelegten Gelder bis Ende November auf den neuen Rekordwert von satten 15,1 Bill. Dollar geklettert, berichtet das Analysehaus ETFGI. Das sind immerhin 30% mehr als Ende 2023.

Auch bei den europäischen Ucits-ETFs sind die verwalteten Gelder per Ende November auf den neuen Rekordwert von 2,3 Bill. Dollar geklettert. Das sind 26% mehr als Ende 2023. Und auch die Zuflüsse an neuen Gelder haben bis Ende November mit 237,1 Mrd. Dollar einen neuen Höchststand erreicht. Im Vergleich zu herkömmlichen aktiven Investmentfonds haben ETFs damit sowohl in Europa als auch weltweit in 2024 weiter an Bedeutung gewonnen.

Alles in allem ist 2024 ein Jahr der ETFs gewesen. Dies wirft zwei Fragen auf, die miteinander verknüpft sind. Erstens stellt sich die Frage, was die Gründe dafür sind, dass die börsennotierten Indexfonds so deutlich zugelegt haben. Die zweite Frage lautet, wie geht es weiter, werden die ETFs auch in den kommenden Jahren auf der Überholspur bleiben? Dafür stehen die Chancen ausgesprochen gut. In der Fondsindustrie findet offensichtlich gerade ein Strukturbruch zugunsten des börsennotierten Fondsmantels, den ETFs, statt.

Übrigens sind alle Vertreter der ETF-Industrie alle überzeugt, dass sich das Leben auf der Überholspur für ETFs fortsetzt. „Tatsächlich sind ETFs die am schnellsten wachsende Anlageform in Europa“, erklärt David Wenicker, Head of the Wealth Client Business bei Blackrock in Deutschland. „ETFs befinden sich weiterhin auf Wachstumskurs. Sie sind bei Anlegern so beliebt, weil sie einen kosteneffizienten, transparenten und effizienten Zugang zu nahezu jeder Anlageklasse bieten.“ Sebastian Külps, Leiter Deutschland und Nordeuropa bei Vanguard, sagt: „Die Wachstumsdynamik des ETF-Marktes basiert auf strukturellen Faktoren wie steigender Kosteneffizienz und wachsendem Anlegerbewusstsein für langfristige Investmentstrategien. Diese fundamentalen Treiber dürften auch 2025 ihre Wirkung entfalten.“

Boom von Aktien-ETFs

Doch der Reihe nach. 2024 ist ein besonderes Jahr für ETFs gewesen. Denn vor allem die haussierenden Aktienmärkte haben zu einem Boom von Aktien-ETFs gesorgt. Die Anleger, die einen ETF auf Tech-Aktien, den US- oder den Weltaktienmarkt gesetzt haben, haben 2024 alles richtig gemacht. Und angesichts der hohen Kursgewinne für Technologieaktien und für führenden Aktienindizes ist es den meisten aktiv gemanagten Aktienfonds nicht gelungen, besser als die ETFs auf die Aktienindizes abzuschneiden. Entsprechend haben auch ETFs auf den marktbreiten US-Aktienindex S&P 500 die höchsten Zuflüsse erzielt. Insgesamt flossen bis Ende November weltweit neue Gelder über satte 961 Mrd. Dollar in Aktien-ETFs, berichtet ETFGI.

Zwar haben auch die Anfang 2024 in den USA zugelassenen Bitcoin-ETFs mit dazu beigetragen, dass die ETF-Industrie weltweit so stark gewachsen ist. Doch hätte die ETF-Industrie auch ohne die Bitcoin-Produkte 2024 neue Rekorde erzielt. Die Bitcoins haben das deutliche Wachstum noch mit vorangetrieben.

ETFs überzeugen durch relativ niedrige laufende Kosten und ihre hohe Transparenz. Dies alles ist inzwischen allenthalben bekannt. Doch hat sich die ETF-Industrie in den vergangenen Jahren in zuvor nicht für möglich gehaltene Dimensionen entwickelt. So hat die Produktvielfalt im ETF-Mantel massiv zugenommen. Fast alles, was es zuvor mitunter nur als aktives Fondsprodukt gegeben hat, ist inzwischen als ETF erhältlich. Dazu zählen nachhaltig ausgerichtete Produkte, Anleihen-ETFs, auch als Laufzeitfonds, Geldmarkt-ETFs und nicht zuletzt aktiv gemanagte Fondsprodukte im ETF-Mantel, die sogenannten aktiven ETFs. Zur Produktvielfalt gehört auch, dass immer mehr ETFs als Sparpläne für Retailanleger verfügbar sind, und dass immer mehr Menschen vor allem in Deutschland über ETFs breit diversifiziert und kosteneffizient ansparen.

Potenzial für aktive Produkte

„Ein eindeutiger Trend ist sicherlich das Thema aktive ETFs. Denn diese verzeichnen im Hinblick auf das relative Wachstum deutlich höhere Zuwachsraten als ihre passiven Pendants“, sagt Pay Fahlbusch, Head of ETF Sales Germany & Austria bei Axa Investment Managers. „Natürlich muss man hier die geringere Basis hervorheben, welche zu höheren Prozentzahlen führt. Es ist aber dennoch ein Thema, das im ETF-Markt als ein immer wichtigeres wahrgenommen wird, nicht nur durch das steigende Investoreninteresse, sondern auch durch die Anzahl an immer neuen Anbietern im Bereich der aktiven ETFs.“ Wenicker von Blackrock erklärt: „Wir gehen davon aus, dass sich das globale aktive ETF-Volumen bis 2030 auf 4 Bill. Dollar mehr als vervierfachen wird, gegenüber 900 Mrd. Dollar im Juni 2024.“

Auch bei Festverzinslichen haben ETFs inzwischen einen festen Platz erobert. „Besonders bemerkenswert sind die überdurchschnittlichen Mittelzuflüsse in Anleihen-ETFs mit guter Bonität – sowohl global als auch europäisch – sowie Rekordzuflüsse in europäische Multi-Asset-ETFs“, sagt Vanguard-Mann Külps. Und Wenicker erläutert: „Cash-ETFs bieten eine attraktive Alternative zu Tagesgeld, während Laufzeit-ETFs eine innovative Option im Vergleich zu Festgeldanlagen darstellen.“

Bei Ucits-ETFs boomen insbesondere in Deutschland die ETF-Sparpläne. „Deutschland ist tatsächlich der Treiber für ETF-Flows in Europa“, erklärt Simon Klein, Global Head of Xtrackers Sales. Vor allem Sparpläne hätten in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt und würden gigantisch wachsen. „Der europäische ETF-Markt hat sich von einem institutionell geprägten Segment zu einem breiten Massenphänomen entwickelt, das heute alle Anlegergruppen erreicht“, stellt denn auch Külps von Vanguard fest. „Die stärksten Wachstumsimpulse im europäischen ETF-Markt kommen 2025 von Privatanlegern, die diese Anlageklasse verstärkt für ihre Altersvorsorge einsetzen – diese Dynamik setzt sich ungebremst fort.“

Über digitale Kanäle

Die Digitalisierung der Geldanlage unterstützt den Strukturbruch in der Fondsindustrie. Denn die ETFs sind nicht nur kostengünstig und transparent, sie können auch jederzeit über die digitalen Kanäle, also über Discount- und Neo-Broker, erworben werden. Und das ganz einfach über das Handy. Zudem ist es über das Handy bei ETFs für Anleger auch möglich, jederzeit den aktuellen Kurs ihrer Investments einzusehen. Gerade junge Leute schätzen das, den Weg in eine Bankfiliale mit Terminvereinbarung und einem längeren Beratungsgespräch scheuen sie. Das sehen sie eher als etwas für Oma und Opa an. „Immer mehr Privatanleger investieren digital, dieser Trend wird sich auch 2025 fortsetzen. Digitale Investitionsplattformen erreichen jüngere Investoren“, erklärt denn auch Blackrock-Mann Wenicker. „Digitale Kanäle bauen Barrieren ab, indem sie effizientere Kontoeröffnungs- und Einrichtungsverfahren bieten.“

ETFs bieten zahlreiche Vorteile. Daher dürfte sich das überdurchschnittliche Wachstum der ETF-Industrie in den kommenden Jahren fortsetzen. Doch wird 2024 wohl ein Ausnahmejahr bleiben. Denn die phänomenalen Zuwachsraten sind nicht zuletzt der Hausse an den Aktienmärkten geschuldet.


Hier finden Sie alle Beiträge der Jahresschlussausgabe 2024.

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