Jetzt ist die beste Zeit für den Dax
Jetzt ist die beste Zeit für den Dax
November und Dezember sind ausgesprochen gute Monate für den deutschen Leitindex – Wert über die Jahre fast verzwanzigfacht
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Der Dax weist im Jahresverlauf ein ausgeprägtes saisonales Muster auf. November und Dezember sind gute Monate für den deutschen Leitindex, häufig kommt es zu einer Jahresschlussrally. Sinkende Zinsen sorgen für eine positive Grundtendenz für den Dax. Die Marke von 20.000 Punkten könnte bald erreicht werden.
Wenn es den Dax nicht bereits gäbe, so müsste man ihn erfinden. Denn für Anleger hat sich der Deutsche Aktienindex über die Jahre als ein echter Reichmacher erwiesen. So hat sich der Dax seit seiner Fixierung mit 1.000 Punkten per Ende 1987 inzwischen im Wert beinahe verzwanzigfacht. Übrigens geht der Dax auf den Index der Börsen-Zeitung (BZ-Index) zurück. Einer der Erfinder des Dax ist Frank Mella, der in den 80er Jahren als Redakteur im Kapitalmarktressort dieser Zeitung arbeitete und der dafür verantwortlich war, dass der BZ-Index mit einem programmierbaren Tischrechner mehrmals am Tag berechnet wurde. „Mella, machen Sie mal, hieß es damals", erläutert der Diplom-Volkswirt den Weg zum Dax. Und Mella lieferte ein Konzept, aus dem dann der Deutsche Aktienindex hervorging. Der Dank dafür war dann das Bundesverdienstkreuz, das Mella für die Erfindung des Dax erhalten hat.
Nicht weit bis 20.000
Aktuell steht der Dax bei knapp 19.300 Punkten. Und die Chancen sind durchaus als gut zu beurteilen, dass der deutsche Leitindex bald die runde Marke von 20.000 Zählern erreicht. Dies erscheint noch in diesem Jahr möglich. Denn zum einen sind es nur wenige Prozentpunkte bis zu der runden Marke. Vor allem aber verfügt der Dax über eine ausgeprägte Saisonalität, die übrigens auch für den US-Aktienindex S&P 500 gilt. So liegt ab spätestens Anfang November eine ausgesprochen gute Zeit für den Dax vor, die oft bis in das Frühjahr reicht. Eine Rally bis zum Jahresschluss hat eine hohe Wahrscheinlichkeit.
Hinzu kommt, dass jetzt, da die Inflation überwunden ist und die führenden Notenbanken ihre Leitzinsen senken, eine positive Grundtendenz für Aktien herrscht. Auch die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten könnte den amerikanischen Aktienmarkt zunächst weiter beflügeln und auch den Dax weiter mit nach oben ziehen. Hingegen dürfte das Aus der Regierungs-Ampel in Deutschland und die damit verbundene Unsicherheit weniger die international tätigen Dax-Werte treffen, sondern eher kleinere Unternehmen und den heimischen Mittelstand.
Typisch für den Dax ist, dass er im Winterhalbjahr von November bis Mai im langjährigen Durchschnitt eine signifikant höhere Performance aufweist als im Sommerhalbjahr von Mai bis Oktober. Wobei es zwar im Oktober 1987 zu dem bekannten Crash gekommen ist, sich der Oktober aber seitdem wieder deutlich besser entwickelt hat. Gefährlich am deutschen Aktienmarkt sind vor allem die Monate August und September, in denen es bereits öfters zu massiven Einbrüchen gekommen ist. Zum Beispiel zu einem Minus von 25,4% im September 2002 oder zu einem Verlust von 19,2% im August 2011. Entsprechend sind auch die schlechtesten Monate für den Dax im September und im August gewesen. Daher lautet für den Dax als Erfolgsrezept nicht „Sell in May and go away“, sondern vielmehr: "Sell in July and say bye-bye.“
Wieder einsteigen
Doch dürfen Investoren den Wiedereinstieg im Oktober oder spätestens Anfang November nicht vergessen. Denn im langjährigen Mittel ist der Oktober mit einer durchschnittlichen Performance von 2% inzwischen bereits zu einem der besten Monate im Jahresverlauf. Noch besser, und damit die besten Monate des Jahres für den Dax, sind der November und der Dezember mit einer durchschnittlichen monatlichen Performance von 2,42% beziehungsweise 2,47%. Das ist noch besser als der April, der mit einem durchschnittlichen Monatsplus von 2,38% an dritter Stelle liegt.
So gibt es gerade im November und Dezember viele Monate mit deutlichen Wertzuwächsen. Zum Beispiel war der Dezember 1999 mit einem satten Plus von 18% der zweitbeste Monat in der Dax-Historie. Da war nur der April 2003 mit einem Gewinn von 21,4% besser, das war damals eine deutliche Korrekturbewegung nach jahrelangen massiven Kursverlusten infolge des Platzens der Dotcom-Blase. Darüber hinaus waren auch der November 2020 mit einem Plus von 15% und der Dezember 1989, dem Monat nach dem Fall der Mauer, mit einem Gewinn von 13,5% ausgesprochen gute Monate für den Dax.
Dass gerade jetzt die beste Zeit für den Dax ist, zeigt auch die Tatsache auf, dass gegen Jahresende hin die guten Monate deutlich überwiegen. So kommt der November für den Dax bisher auf 24 Monate mit einer positiven Wertentwicklung, denen zwölf Monate mit Verlusten gegenüberstehen. Der Dezember fällt mit 27 Gewinnermonaten gegenüber neun Verlustmonaten sogar noch besser für den deutschen Leitindex aus.
Natürlich kann es bei einem durchaus volatilen Aktienindex wie dem Dax auch im Dezember zu Verlusten kommen. Diese sind aber nicht nur nicht so häufig, sie fallen auch meist geringer aus als in den besonders schwierigen Monaten August und September. Wenn der Dax jeden Monat stetig zulegen würde, wäre die Vermögensanlage am Aktienmarkt auch zu einfach. Überdurchschnittlich hohe Renditen gibt es langfristig eben nur mit einem gewissen Risiko, also unter Schwankungen. Langfristig hat der Dax aber bisher stets überzeugt. Denn auch nach größeren Kursrückschlägen ist es für den deutschen Leitindex immer wieder deutlich nach oben gegangen.
Kein Ende der Fahnenstange
Doch warum gibt es diese Saisonalität im Dax? Neben tradierten Verhaltensmustern dürfte ein wesentlicher Grund in den Kapitalströmen liegen. Denn im November und im Dezember, vor Weihnachten, finden kaum Kapitalerhöhungen oder Börsengänge statt, die dem Markt Liquidität entziehen. Und im Frühjahr stützt dann hierzulande die Dividendensaison mit häufig üppigen Mittelzuflüssen. Ist dann die Dividendensaison vorbei, kann es aber für den Dax eng werden.
Ist der Dax erst einmal in seiner guten Zeit ins Laufen gekommen, kann durchaus ein Herdentrieb einsetzen und es kann nach dem Erreichen neuer Rekorde merklich höher gehen. Will heißen: 20.000 Dax-Punkte müssen nicht das Ende der Fahnenstange sein.