Duell USA gegen China

„Donald Trump hat den Rubikon überschritten“

Mit seinen China-Zöllen zerstört Trump die Ordnung der Weltwirtschaft, die Amerika reich gemacht hat, sagt Reinhard Pfingsten von der Apobank. Bei den Anlagen profitiert Gold als sicherer Hafen.

„Donald Trump hat den Rubikon überschritten“

„Donald Trump hat den Rubikon überschritten“

Nach Meinung von Reinhard Pfingsten, CIO der Apobank, hat der US-Präsident gegenüber China eine „Lose-Lose-Situation“ kreiert

wrü Frankfurt

Mit seinen jüngsten China-Zöllen zerstört Donald Trump die Ordnung der Weltwirtschaft, die Amerika zur reichsten Volkswirtschaft der Welt gemacht hat, erklärt Reinhard Pfingsten, CIO der Apobank. China und die USA seien die Leidtragenden des Handelskonflikts. In diesem Umfeld profitiert Gold als sicherer Hafen.

Die strategische Rivalität zwischen den Vereinigten Staaten und China wird zum prägenden Faktor der internationalen Politik. Dies hat weitreichenden Folgen für Wirtschaft, Sicherheit und globale Stabilität. In der Studie „Duell der Wirtschaftsmächte“ beleuchtet die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) die Hintergründe und Implikationen dieser Entwicklung und skizziert Handlungsoptionen für Investoren.

Die ausführliche Analyse zeigt, dass China zunehmend als ernstzunehmender Konkurrent der USA auftritt, und das nicht nur wirtschaftlich, sondern auch geopolitisch und technologisch. Die USA reagierten mit einer aktiven Eindämmungspolitik, mit der sie jedoch Fehler Chinas zu Lasten von Anlegern wiederholten.

Erfolgreiche Ordnung zerstört

Aktuell eskaliert die Auseinandersetzung zwischen den USA und China. „Donald Trump hat mit seinen jüngsten China-Zöllen den Rubikon überschritten, denn mit der Erklärung des Handelskriegs hat er auch das De-Coupling der beiden größten Volkswirtschaften der Welt ein ganzes Stück wahrscheinlicher gemacht“, erklärt Reinhard Pfingsten, Chief Investment Officer (CIO) der Apobank gegenüber der Börsen-Zeitung. „Peking reibt sich die Hände, denn Trump zerstört genau die Ordnung der Weltwirtschaft, die die Amerikaner in den letzten 75 Jahren aufgebaut haben, und die Amerika zur größten und reichsten Volkswirtschaft der Welt gemacht hat.“

Im Jahr 2016 habe das kaufkraftbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) Chinas erstmals höher als das der USA gelegen. „Seither baut China seinen Wachstumvorsprung Jahr für Jahr aus“, erläutert Pfingsten. „Doch das scheinbar klare Urteil zur Überlegenheit Chinas täuscht.“ Denn das kaufkraftbereinigte BIP tauge als Indikator für die ökonomische Macht zweier Länder nur sehr eingeschränkt. An den Finanzmärkten werde die ökonomische Größe daran gemessen, wie viel Dollar eine Wirtschaft auf die Waage bringe. Ziehe man das in Dollar gemessene BIP heran, falle der Vergleich zu Gunsten der USA aus.

USA Nummer 1 an der Börse

Noch klarer falle der Vergleich an der Börse aus. „Die US-Wirtschaft bleibt für die Börsen die Nummer 1“, sagt Pfingsten. Die USA dominierten den Kapitalmarkt, während China eine Nische bleibe. Chinas Börsen seien auch nur eingeschränkt investierbar. Jedenfalls sei an den Kapitalmärkten von einem Kräftemessen der Großmächte auf Augenhöhe nichts zu erkennen. Der Anlageerfolg global investierender Anleger entscheide sich somit am US-Markt.

Doch hätten in den USA industrielle Regionen seit Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation im Jahr 2001 einen wirtschaftlichen Abstieg erlebt. Daher sehe die politische Führung der USA in China den bösen Buben der Weltwirtschaft.

Kein Nullsummenspiel

„Donald Trump irrt, wenn er glaubt, dass der Welthandel ein Nullsummenspiel ist und alle Benachteiligungen Chinas in Form höherer Strafzölle zu Gunsten Amerikas wirken. De facto hat Trump eine Lose-Lose-Situation kreiert“, erklärt Pfingsten. „Wir sehen China und die USA kurzfristig als Hauptleidtragende des Handelskrieges. Unsere Wachstumsprognosen haben wir für China um einen halben Prozentpunkt auf 4% gekürzt. In den USA erwarten wir nur noch 1,3% unter der Annahme, dass eine Rezession ausbleibt.“

Langfristig bringe die USA aber alle Voraussetzungen mit, um sich in Sachen Wirtschaft und Kapitalmärkte gegenüber China durchzusetzen und als Hegemon zu behaupten. „Trump sollte die Pole-Position der USA mit seiner chaotischen Politik nicht leichtsinnig auf Spiel setzen“, meint Pfingsten.

Für Deutschland und die EU bedeutet das Duell zwischen den USA und China, dass wirtschaftliche Abhängigkeiten neu bewertet, sicherheitspolitische Interessen geschärft und strategische Partnerschaften überdacht werden müssten. Da zum Beispiel rund 30% der Umsätze der Dax-Unternehmen in Amerika (mehrheitlich in den USA) und rund 20% der Umsätze in Asien (mehrheitlich China) generiert würden, spiele die wirtschaftliche Entwicklung in beiden Regionen auch eine wichtige Rolle für den deutschen Aktienmarkt.

Gold gewinnt an Bedeutung

Die Studie untersucht die Auswirkungen des Duells der beiden großen Wirtschaftsmächte auf wichtige Anlageklassen. Chinas Aktienmarkt habe durch die direkten und indirekten Folgen der Rivalität mit den USA dauerhaft an Attraktivität eingebüßt. Für Pfingsten nehmen in einem weltweiten Portfolio europäische Aktien eine Art Substitut für chinesische Titel ein. Denn aufgrund der Auslandsgeschäfte europäischer Firmen im Reich der Mitte profitierten diese von Chinas Wirtschaftsentwicklung, ohne in Gefahr zu sein, von der dortigen Politik vereinnahmt zu werden. Darüber hinaus würden andere Schwellenländer wie Indien und Taiwan für die Anleger an Bedeutung gewinnen.

„Gold gewinnt als sicherer Hafen an Bedeutung“, sagt Pfingsten. „In der Sorge, zukünftig auch ins Ziel der USA zu geraten, haben zahlreiche Schwellenländer in den letzten Jahren ihre Goldbestände aufgestockt.“ Vor allem China und andere große Schwellenländer hätten die Nachfrage am Goldmarkt deutlich angeheizt. Dabei sei es kein Zufall, dass mit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine die Aktivitäten der jeweiligen Notenbanken angezogen haben, vermehrt Gold statt Devisen anzuhäufen.

Der US-Dollar bleibe die Weltleitwährung und das global dominierende Zahlungsmittel. „Doch regt die US-Verschuldung zum Nachdenken an“, erklärt Pfingsten. Denn die US-Verschuldung habe sich innerhalb von nur zehn Jahren nahezu verdoppelt, und die US-Schuldenquote sei auf über 120% des BIP gestiegen. „Und vorerst ist kein Ende des Anstiegs abzusehen, da die Haushaltspläne des amtierenden Präsidenten Trump weiterhin hohe Haushaltsdefizite erwarten lassen.“

Höhere Anfälligkeit

Als Vermögensverwalter gelte es zu beobachten, ob die Verschuldung künftig ein Niveau erreiche, welches als nicht mehr nachhaltig erachtet werden muss. Für den CIO der Apobank ist klar: „Grundsätzlich sorgt eine höhere Verschuldung für eine höhere Anfälligkeit der Anlageklasse für Kursschwankungen.“

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