Versorger

Green Bonds spielen bei RWE eine wichtige Rolle

RWE ist bereits am Green-Bond-Markt aktiv. Der Versorger will den Markt aber künftig noch stärker beanspruchen. Grüne Anleihen spielen für RWE auf der Finanzierungsseite eine wichtige Rolle.

Green Bonds spielen bei RWE eine wichtige Rolle

Von Erkan Ayçiçek*)

Nachdem RWE bereits 2021 zwei Green Bonds mit einem Volumen von insgesamt 1,85 Mrd. Euro begeben hat, hat man im Mai eine weitere grüne Anleihe mit einem Gesamtvolumen von 2 Mrd. Euro emittiert. Die Anleihe wurde in zwei Tranchen von jeweils 1 Mrd. Euro mit Laufzeiten bis 2026 und 2030 an den Markt gebracht. Die Emission stieß bei den Investoren auf starkes Interesse (Orderbuch von über 5 Mrd. Euro) und dient der Finanzierung des Wachstumsprogramms „Growing Green“. Seitdem konnten sich die Green Bonds gut entwickeln. Die Spreads der Tranchen engten sich seit der Emission um 17 Basispunkte (BP) ein bzw. weiteten sich leicht um 2 BP aus. Auch im Vergleich zum iBoxx Utilities entwickelten sich die RWE-Bonds besser. So weitete sich der Spread der Branche im gleichen Zeitraum um 20 BP aus. Im August folgte RWE mit einer weiteren Anleihe mit Fälligkeit zum 8/2025. Das Emissionsvolumen betrug 1,25 Mrd. Euro. Auch diese Anleihe entwickelte sich erfreulich, und die Spreads engten sich seit der Emission um 47 BP ein. Des Weiteren gab RWE bekannt, dass man künftig regelmäßiger als Emittent auf dem Anleihemarkt auftreten will. Es besteht ein hoher Kapitalbedarf für den aggressiven Ausbauplan der erneuerbaren Energien. Wir rechnen daher mit der Emission von weiteren Green Bonds. Zumal de­ren Finanzierungskosten niedriger als bei Hybriden sind. Zudem ist RWEs Eigenkapitalausstattung solide, was auch gegen Hybride spricht.

Grüne Investitionen

Im November 2021 gab das Management erstmals einen Ausblick auf die Entwicklung von RWE bis 2030 bekannt. So plant RWE, zwischen 2021 bis 2030 brutto 50 Mrd. Euro in das grüne Kerngeschäft zu investieren. Berücksichtigt man die geplanten Anteilsverkäufe an Projekten in Höhe von 20 Mrd. Euro, dann betragen die Nettoinvestitionen 30 Mrd. Euro oder 3 Mrd. Euro p.a. Etwa 90% der Investitionen gehen in Richtung Wind, Solar und Batterien. Dabei entfallen allein auf Deutschland bis zu 15 Mrd. Euro. RWE plant bis 2030, seine Wind-, Solar-, Speicher- und flexiblen Backup-Kapazitäten sowie Wasserstoff-Kapazitäten auf 50 GW auszuweiten, was etwa einer Verdopplung gegenüber dem Niveau von 2021 entspricht. Innerhalb dieses Zeitraums sollen die Zubauziele auf 2,5 GW p.a. (bisher: 1,5 GW p.a.) ansteigen. Das Renewables-Geschäft bietet gute Wachstumsperspektiven, weshalb wir die Ausbauziele als sinnvoll erachten. Im gleichen Zeitraum soll die konventionelle Stromerzeugung weiter stillgelegt werden. Es ist geplant, bis Ende 2022 Braunkohlekraftwerkkapazitäten im Vo­lumen von 1,6 GW zu schließen. Weitere Braunkohlekapazitäten von 1,6 GW sollen bis Ende 2030 stillgelegt werden.

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben sich die Rahmenbedingungen bei der Energieversorgung in Deutschland geändert. Anfang Juli stimmte der Bundestag zu, vorübergehend mehr Kohlekraftwerke einzusetzen, um Gas einzusparen. Im August ist dann das bundesweit erste Steinkohlekraftwerk aus der Reserve wieder ans Netz gegangen. Wir schließen daher nicht aus, dass die Pläne von RWE hinsichtlich der geplanten Schließungen angepasst werden könnten. Allerdings erwarten wir nicht, dass mögliche Anpassungen die mittelfristigen CO2-Ausstoß-Ziele beeinflussen werden. So plant RWE, bis 2040 klimaneutral zu sein, und somit fünf Jahre schneller, als die Bundesregierung dies vorsieht.

Ein weiterer Faktor, der de­monstriert, dass RWE ein fester Bestandteil der Energiewende sein will: 90% der Investitionsmittel fließen in grüne und nachhaltige Projekte gemäß den von der EU-Kommission­ vorgelegten Taxonomie-Kriterien. Der Fortschritt bei der Transformation spiegelt sich auch bei den Ratingagenturen wider. So hat Moody’s im Juli RWEs Baa2-Rating mit stabilem Ausblick bestätigt. RWE befindet sich somit stabil im Bereich Investment Grade.

RWE erzielte in H1 ein bereinigtes Ebitda von 2,85 Mrd. Euro und lag somit 63,2% über dem Vorjahresniveau. Davon entfielen 2,4 Mrd. Euro auf das Kerngeschäft und die restlichen 501 Mill. Euro auf das Segment Kohle/Kernenergie. Zu­rückzuführen war dieser Anstieg unter anderem auf den außerordentlichen Kälteeinbruch in Texas im Vorjahr. Des Weiteren halfen die Inbetriebnahme neuer Windparks, günstigere Windverhältnisse, höhere Strommargen und zusätzliche Erträge aus der kurzfristigen Optimierung des Kraftwerkeinsatzes. Positiv werten wir den anhaltend guten Ergebnistrend im Bereich Energiehandel mit 545 Mill. Euro. Somit liegt man bereits über dem geplanten Jahresergebnis von deutlich über 350 Mill. Euro. Die Net-Cash-Position erhöhte sich in H1 auf 1,9 vs. 0,4 Mrd. Euro Ende 2021. Vor dem Hintergrund, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien enorme Investitionen erfordert, erweist sich die aktuelle Bilanzstärke als vorteilhaft, da RWE in Zukunft plant, wieder regelmäßiger als Emittent auf dem Anleihemarkt aufzutreten.

Weitere Fortschritte gab es bei der Reduktion der Abhängigkeit bei einem möglichen russischen Gas­lieferstopp. Waren zu Kriegsbeginn noch 15 TWh bis 2023 kontrahiert, so wurde das Risiko inzwischen durch Absicherungsgeschäfte auf null reduziert. Die Kosten dieser Maßnahmen wurden im bereinigten Ebitda erfasst. Die kürzlich angehobenen Jahresziele wurden bestätigt. Das Management plant nun mit einem bereinigten Ebitda von 5 bis 5,5 Mrd. Euro (bisher: 3,6 bis 4 Mrd. Euro); davon werden 4,3 bis 4,8 Mrd. Euro (bisher: 2,9 bis 3,3 Mrd. Euro) im Kerngeschäft erwirtschaftet. Mit Ausnahme des Bereichs Offshore Wind tragen alle Bereiche zu den höheren Ergebniserwartungen bei.

Dämpfung der Netzentgelte

Finanziert werden sollen die Strompreisbremse und die Dämpfung der steigenden Netzentgelte durch „Abschöpfung der Strommarkt-Zufallsgewinne“. Aller­dings stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie hoch die „Zufallsgewinne“ sein könnten. In dem Entlastungspaket-Papier fehlen Angaben, wo die Erlösobergrenze liegen soll. Werden nur die Geschäfte anhand der Spotmarktpreise berücksichtigt und besteuert? Was ist mit dem weitaus größeren Stromanteil, also den Geschäften mit den Terminkontrakten? Auf den Terminmärkten werden Strommengen bis zu drei Jahre im Voraus verkauft. Sollten diese Geschäfte auch erfasst werden, dann würden sogar rückwirkend Gewinne abgeschöpft werden. In einem Zeitungsinterview sagte Bundeskanzler Olaf Scholz, dass man rechtlich prüfen werde, ob diese Abschöpfung auch rückwirkend geschehen könne.

In Zukunft soll die Emission grüner Anleihen eine wichtige Rolle bei der Finanzierung spielen. So beziffert das Management den jährlichen Finanzierungsbedarf auf 1,5 bis 2,5 Mrd. Euro. Vor dem Hintergrund der Wachstumsperspektiven und des entsprechenden Kapitalbedarfs im Bereich der erneuerbaren Energien können solche Finanzierungsrunden interessante Einstiegsmöglichkeiten für Investoren sein.

*) Erkan Ayçiçek ist Senior Analyst für den Sektor Versorger bei der Landesbank Baden-Württemberg.