Geld oder BriefItalienische Großbank

HVB-Mutter bleibt ein Kaufwert

Unicredit-CEO Andrea Orcel setzt seine Übernahmepläne für die Commerzbank und die BPM unbeirrt fort. Analysten geben Kaufempfehlungen ab und freuen sich über üppige Ausschüttungen.

HVB-Mutter bleibt ein Kaufwert

Geld oder Brief

Unicredit schafft Fakten

CEO Andrea Orcel ignoriert Widerstände und zimmert an Superbank: Analysten empfehlen Kauf

Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand

Andrea Orcel hat den Bankenmarkt aufgemischt. Der Unicredit-CEO hat nicht nur mit dem Einstieg und der scheibchenweisen Aufstockung der Anteile an der Commerzbank auf 28% Freund und Feind überrascht. Auch das Übernahmeangebot für Italiens drittgrößte Bank BPM kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel.

Sollte Unicredit beide Institute übernehmen, würde Unicredit zur größten Bank Italiens mit einem deutlichen Schwerpunkt im wirtschaftsstarken Norden – und zur Nummer 1 der Eurozone.

Gegen beide Offerten gibt es massiven Widerstand der Geschäftsführungen, der Regierungen und der Gewerkschaften. Doch Orcel lässt sich davon nicht entmutigen – im Gegenteil. Er macht einfach weiter. Im Fall BPM hat der Unicredit-CEO die Offerte offiziell bei den Aufsichtsbehörden eingereicht. Doch die italienische Regierung sähe wohl lieber die Schaffung eines dritten Bankenriesen aus BPM und der Monte dei Paschi di Siena, an der Rom noch beteiligt ist. Die BPM bereitet offenbar, womöglich mithilfe von Großaktionär Crédit Agricole, einen Abwehrkampf vor. Mit im Boot sitzen dabei auch Industrielle wie der Bauunternehmer Francesco Caltagirone.

Klare Sprache

Der Markt spricht eine klare Sprache: Will Unicredit zum Erfolg kommen, muss Orcel sein Angebot für die BPM erhöhen. Und der CEO muss Kompromisse eingehen, etwa mit dem Crédit Agricole, der die Kooperation mit Unicredit in der Vermögensverwaltung (Amundi), die Orcel gern neu verhandeln will, verlängern möchte. Außerdem arbeiten die Franzosen mit der BPM im Bereich Konsumentenkredite und Versicherungen eng zusammen und wollen auch diese Projekte fortsetzen.

Der Unicredit-Aktienkurs pendelte zuletzt zwischen 36 und 39,50 Euro. Barclays-Analystin Paola Sabbione hat das Kursziel von 47,80 auf 46,10 Euro gesenkt, empfiehlt aber noch immer einen Kauf. Auch J.P. Morgan hat das Kursziel gesenkt – von 50 auf 49 Euro (Kauf). Die Bank hat die Aktien bei „Overweight“ belassen. Auch Goldman Sachs empfiehlt einen Kauf mit Kursziel 49 Euro. UBS bestätigt eine Kaufempfehlung mit Kursziel 52 Euro.

Positive Zahlen

Filippo Alloatti, Head of Financials (Credit) bei Federated Hermes Limited, ist der Ansicht, dass sich Unicredit angesichts der starken M&A-Währung in Form eigener Aktien und des überschüssigen Kapitals einige Zugeständnisse leisten kann. Doch ob die Übernahmen gelingen, hängt nicht zuletzt auch an politischen Faktoren. Es bleibt aber abzuwarten, ob die Politik sich wirklich gegen den Markt stemmen kann und ob sich Orcel von politischem Widerstand abschrecken lässt. Es sieht eher nicht danach aus, denn er schafft einfach Fakten.

Die Rahmendaten sind nach wie vor sehr positiv. Bei Vorstellung der Zahlen per Ende September korrigierte Orcel die Jahresprognose erneut nach oben: Er erwartet nun einen Jahresgewinn von mehr als 9 (statt bisher mehr als 8,5) Mrd. Euro nach 8,6 Mrd. Euro im Vorjahr. Die Ausschüttungsquote soll ab 2025 von 40 auf 50% steigen. Die Aktionäre sollen für 2024 eine Ausschüttung „im Einklang mit 2023“ erhalten. Für 2023 hatten sie 8,6 Mrd. Euro bekommen. Durch Zahlung von Zwischendividenden fließen ihnen 2024 um die 10 Mrd. Euro zu. In den Jahren 2025 und 2026 sollen sie noch mehr erhalten.

Starke Kaufempfehlung

Gewinne, Aktienkurs und Ausschüttungen an die Aktionäre sind unter Orcels Ägide explodiert. Seit 15 Quartalen steigert die Bank ihre Gewinne Quartal für Quartal. Der Kurs hat sich seit Orcels Amtsantritt annähernd verfünffacht. Die 20 Analysten, die den Wert beobachten, geben eine starke Kaufempfehlung ab.

Orcel hat die Bank massiv umgebaut. Er hat zudem die Digitalisierung energisch vorangetrieben, auch durch Beteiligungen an Fintechs wie der Berliner Banxware. Mit einer Aufwandsquote von 36,6% steht das Institut europaweit ganz vorn. Unter Orcels Ägide setzte sich der Personalabbau fort. Es werden jedoch auch junge Mitarbeiter geholt. Die Bank beschäftigt noch rund 70.000 Mitarbeiter, davon fast 27.000 in Italien.

Unicredit ist in 13 Ländern Europas präsent. Der frühere Chef des UBS-Investment-Bankings setzt geschickt auf Wachstumsfelder wie die Vermögensverwaltung, in der Unicredit, die in der Krise 2016 die Vermögensverwaltungstochter Pioneer verkaufen musste, noch relativ schwach aufgestellt ist. Die Kooperation mit dem Vermögensverwalter Azimut wurde ausgeweitet. Unicredit hat in fünf Jahren eine Call-Option für das Joint Venture.

Kaufwert

Gute Perspektiven sieht Unicredit für sich auch im Versicherungsgeschäft. Orcel will das Joint Venture im Leben-Bereich mit den Partnern Allianz und CNP Assurances beenden und die Anteile der bisherigen Partner übernehmen. Die Partnerschaft mit Allianz im Nicht-Leben-Bereich soll fortgesetzt werden.

Für Analysten ist Unicredit ein Kaufwert, der leicht unterbewertet sei. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 6,60 und einer Dividendenrendite von 6,23% ist die Aktie attraktiv und hat Potenzial. Mediobanca-Analyst Andrea Filtri vergleicht die üppigen Ausschüttungen mit dem Drogenkonsum: „Wir wollen es, wir wollen mehr davon.“ Die geplanten Übernahmen würden die Rentabilität kaum schwächen. Somit wären die Auswirkungen auf die Eigenkapitalquote der Unicredit überschaubar.

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