Ulrich Reitz

„Konsequenter Fokus auf Qualität“

Mit wenigen hoch gewichteten Qualitätsaktien wie Linde, Nestlé, Allianz, Novartis und SAP sowie einer geringen Umschlagshäufigkeit steuert Ulrich Reitz erfolgreich den Capital Growth Fund.

„Konsequenter Fokus auf Qualität“

Von Werner Rüppel, Frankfurt

„Wir investieren nur in Aktien, von denen wir wirklich überzeugt sind“, erklärt Ulrich Reitz, der Manager des Capital Growth Fund, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Unser Portfolio kann sich vielleicht etwas vergrößern, wird aber nicht über 15 Aktien hinausgehen. Denn das ist gerade die Idee, die hinter dem Fonds steckt: in ein Portfolio aus wenigen Qualitätswerten anzulegen, die langfristig überzeugen.“ Der Erfolg gibt Reitz recht. Denn der als Mischfonds aufgelegte Capital Growth hat seit Auflage im November 2008 bis Anfang April 2022 exakt 258% zugelegt und damit eine Performance von rund 10% pro Jahr erwirtschaftet. Dabei hat der von Morningstar mit der Höchstnote von fünf Sternen bewertete Fonds auf Sicht von fünf und zehn Jahren eine deutlich höhere Performance erzielt als Konkurrenzprodukte wie der Flossbach von Storch Multiple Opportunities oder der Acatis Gané Value Event. Die Gebühren des aktuell rund 340 Mill. Euro schweren Capital Growth sind mit laufenden Kosten von 0,50% pro Jahr und dem Verzicht auf einen Ausgabeaufschlag bewusst niedrig gehalten. Dies kommt natürlich auch der Performance zugute.

„Wir steuern die Investitionsquoten zwischen den einzelnen Anlageklassen, aber mit generellem Schwerpunkt auf Aktien“, sagt Reitz. „In Anleihen waren und sind wir kaum investiert, weil wir sie gegenwärtig nicht für attraktiv halten“, so der Fondslenker, der seit Oktober 2014 als Chief Investment Officer von Focam für das Management des Capital Growth Fund verantwortlich ist. „Auf der Rentenseite halten wir nur ein paar Kurzläufer. Zu einem gewissen Grad ersetzen wir Anleihen durch stabile, defensive Aktien mit hoher Dividendenrendite.“

Die hoch gewichteten Top-Positionen des Fonds sind Linde, Nestlé, Allianz, Novartis und SAP. Hinzu kommen Titel wie Roche, Shell, Deutsche Telekom, Swiss Re und Endesa. Neu ins Portfolio aufgenommen hat Reitz gerade ASML und Deutsche Post. „ASML verfügt über einen klaren technologischen Vorsprung innerhalb der Branche und ist eine Art Goldstandard bei Anlagen zur Herstellung von Halbleitern“, erklärt der Fondsmanager. „Doch war die Aktie lange Zeit zu teuer, nun hat sich eine Einstiegsgelegenheit ergeben.“ Die Deutsche Post werde davon profitieren, dass sich das starke Wachstum des Onlinehandels fortsetzen werde. Der Kurs des gut aufgestellten Unternehmens sei zuletzt durch steigende Transportkosten und erneute Lockdowns in China unter Druck gekommen. „Dies sehen wir langfristig betrachtet als Einstiegsgelegenheit an“, erklärt Reitz. Der Fondslenker schaut sich natürlich auch noch andere europäische Aktien an (der Capital Growth ist auf Europa ausgerichtet). Doch stuft er manche Titel wie BASF als zu zyklisch ein, insbesondere im Vergleich zu Linde.

Risiken bei Autoaktien

Auch von Autoaktien ist Reitz aktuell nicht überzeugt: „Zur starken Zyklik dieser Titel kommt derzeit der Wechsel der Antriebstechnik weg vom Verbrennungsmotor hin vor allem zum Elektroantrieb hinzu. Daraus erwachsen derzeit für die Autohersteller erhebliche Aufwendungen und Risiken.“ Auch die Aktie eines Wohnimmobilienkonzerns wie die Vonovia hat Reitz bisher nicht in dem von ihm gesteuerten Fonds berücksichtigt. Hier stört ihn die zumindest historisch gegebene starke Abhängigkeit vom Zinszyklus, und die Zinsen seien nun einmal im Steigen begriffen. „Wir sind langfristig orientiert und halten Aktien auch über einen Zyklus hinweg“, erklärt Reitz. „Wir lassen uns bei unseren Investitionen Zeit: Wir schauen uns einen Wert intensiv an, bevor wir ihn kaufen. Und wir überlegen reiflich, bevor wir verkaufen.“ 58% der Titel seien länger als zehn Jahre im Bestand des Fonds, 17% seien länger als sechs Jahre im Bestand. Insgesamt strebe der Fonds eine langfristige Rendite an, die auf Werterhalt und einen deutlichen Zuwachs oberhalb der Inflationsrate ausgerichtet sei.

Die zwei größten Aktienpositionen sind Linde und Nestlé. Linde sei der weltweit führende Produzent von Gasen für diverse Industrien und das Gesundheitswesen und habe eine hohe Preissetzungsmacht. Die 2018 erfolgte Fusion mit Praxair habe zu Effizienz- und Renditesteigerungen geführt. „Ein Kennzeichen des Fonds ist seine starke Positionierung im Schweizer Franken über Aktien wie Nestlé, Roche oder Swiss Re mit derzeit etwa einem Drittel des Portfolios“, sagt Reitz. „Der Franken ist ein Fels in der Brandung und hat langfristig gegenüber dem Euro aufgewertet.“ Nicht zuletzt sei der Franken ein guter Puffer gegenüber geopolitischen Risiken. „Der Euro ist hingegen aufgrund seiner Konstruktion keine starke Währung.“

In Sachen ESG verfüge der Fonds über eine hohe Bewertung. „Eine Umstellung des Produkts auf Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung ist geplant“, erklärt Reitz. „Zudem wollen wir unsere Assetallokation durch selektive Investments in andere Assetklassen etwas verbreitern.“ Im Aktienbereich strebe man eine etwas höhere Diversifikation an. „Doch werden wir unser erfolgreiches Grundkonzept nicht verändern. Dazu gehört ein unternehmerischer Ansatz, ein konsequenter Fokus auf Qualität, geringe Umschlagshäufigkeit und Freiheit vom Benchmark-Denken.“

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